
100 Tage Merz: Neues Ministerium für Digitalisierung zerschellt an der Realität

Von Gert Ewen Ungar
"Jetzt geht es Schlag auf Schlag", versprach der Kanzler der zweiten Wahl, Friedrich Merz, bei seinem Amtsantritt. Deutschland werde aus der Krise kommen, werde wieder wettbewerbsfähig und von Grund auf modernisiert. Ein eigenes, neu zu gründendes Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung soll Deutschland aus dem digitalen Dornröschenschlaf wachküssen. Tatsächlich ist die Digitalisierung in Deutschland auf einem Stand, für den sich Entwicklungsländer schämen würden. Man schickt allen Ernstes noch Faxe.
Richten soll es der ehemalige Manager der auf Technik spezialisierten Einzelhandelskette MediaMarktSaturn, Karsten Wildberger. Der Manager und Unternehmensberater wurde Deutschlands erster Digitalminister. Das Ministerium und der ihm vorstehende Minister sind der wohl bisher größte Flop der neuen Bundesregierung.
Das Ministerium glänzte bisher vor allem durch Untätigkeit. Immerhin meldete das Ministerium in der vergangenen Woche, also rund 100 Tage nachdem die neue Bundesregierung ihre Arbeit aufgenommen hatte, ein Amtssitz sei jetzt gefunden. Zum Jahresende sollen erste Mitarbeiter in die Räume der bisherigen Dienststelle des Gesundheitsministeriums in der Friedrichstraße 108 im Zentrum Berlins einziehen. Bis Mitte 2026 soll der Umzug abgeschlossen sein. Das klingt doch alles nach einem für Deutschland sehr typischen Zeitplan und so gar nicht nach "Schlag auf Schlag", Aufbruch und hochgekrempelten Ärmeln.

Um das Ziel der Entbürokratisierung und der Verschlankung staatlicher Strukturen zu erreichen, wurde vom Ministerium erst einmal ein Ausschuss gegründet. Was wie ein Witz klingt, meint Wildberger völlig ernst. Man schafft nicht ab, sondern gründet eine neue, die Ministerien übergreifende Struktur.
Der Staatssekretärsausschuss "Staatsmodernisierung und Bürokratierückbau" unter Leitung des Bundesministeriums für Digitales und Staatsmodernisierung soll für die Umsetzung der gemachten Versprechungen sorgen: Entbürokratisierung und Verschlankung. Zudem soll er für eine frühe Beteiligung von Wirtschaft und Zivilgesellschaft an Gesetzesvorhaben sorgen. Mit anderen Worten: Noch mehr Köche als bisher schon sollen im Brei rühren ‒ dass die Prozesse dadurch weder beschleunigt noch vereinfacht werden, lässt sich an fünf Fingern abzählen.
Den Ausschuss wird der CDU-Politiker Philipp Amthor leiten. Anlässlich der Bekanntgabe seiner Gründung sagte Amthor:
"Wir haben dabei kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsdefizit. Statt immer weiterer Ankündigungen zählen jetzt Taten und messbare Erfolge für konsequenteres Sparen und für mehr Effizienz. Dafür setzen wir heute den Startschuss."
Dabei entpuppte sich das Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung bisher als reines Ankündigungsministerium, das zudem bereits bestehende Strukturen verdoppelt und den Staatsapparat weiter aufbläst. Es macht das Gegenteil von dem, wofür es geschaffen wurde. Auch mit einem Digitalministerium und einem Digitalminister wird Deutschland weiter rückständig bleiben, lässt sich daher prognostizieren.
Bei seiner ersten Rede vor dem Bundestag am 16. Mai 2025 warnte Digitalminister Wildberger vor zu hohen Erwartungen. Die bisherige Arbeit seines Ministeriums hat er strikt an dieser Warnung ausgerichtet. Es ist ein Totalausfall.
Von all den zahlreichen Bruchlandungen der neuen Bundesregierung ist das Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung am härtesten in der Realität aufgeschlagen und de facto noch vor Arbeitsaufnahme an den real existierenden deutschen Verhältnissen zerschellt. Es ist ihm innerhalb von 100 Tagen noch nicht einmal gelungen, die Notwendigkeit seiner Existenz unter Beweis zu stellen. Das ist angesichts des Stands der Digitalisierung in Deutschland eine beachtliche Negativleistung.
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