Deutschland

Rundfunkreform 2025: Streichkonzert und Stärkung digitaler Monopole

Bei der Konferenz der Rundfunkkommission der Länder wurde über die geplante Rundfunkreform beraten. Die öffentlich-rechtlichen Radio- und TV-Sender sollen massiv dezimiert werden. Die zunehmende Meinungshoheit von digitalen Plattformen und "Big Tec" wurde kaum thematisiert.
Rundfunkreform 2025: Streichkonzert und Stärkung digitaler MonopoleQuelle: www.globallookpress.com © Ann Parry / ZUMAPRESS.com

Zur Beratung über die geplante Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks tagte in der vergangenen Woche die zuständige Rundfunkkommission der Länder.  Medienberichten zufolge ist dort in erster Linie über die Streichung von rund 20 Hörfunkwellen und zehn TV-Kanälen der ÖRR-Sender beraten worden. Laut einem Artikel der Passauer Neuen Presse (PNP) vom Donnerstag bestätigten auch die rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD) und ihr sächsischer Amtskollege Conrad Clemens (CDU) die "drastischen Einschnitte beim Fernseh- und Rundfunkangebot".

Demnach dürften die einzelnen Rundfunkanstalten dabei selbst verfügen, welche Angebote sie streichen wollten, so der Vorschlag der Kommission. Bei den Spartenkanälen wie Arte, 3sat, Kinderkanal, Phoenix, ZDF neo, One oder tagesschau24 rechne man mit einer Reduzierung um vier bis fünf Angebote. Auch bei den großen Anstalten würden Kürzungen vorgenommen. So soll auch der Sportrechte-Etat von ARD und ZDF gekürzt werden.

Nach den aktuellen Vorschlägen soll der Rundfunkbeitrag ab Januar 2025 erst mal nicht erhöht werden. Allerdings soll über eine künftige Beitragsanpassung erst endgültig entschieden werden, wenn die Ergebnisse der Senderstreichungen sich auswirken. Ursprünglich hatte die Beitragskommission eine Beitragserhöhung um 58 Cent pro Monat vorgesehen. Grundsätzlich soll zukünftig die Ermittlung des Rundfunkbeitrags neu geregelt werden, und zwar indem der Beitrag an die Preisentwicklung gekoppelt wird. Die Rundfunkkommission schlägt auch vor, bei der ARD das sogenannte Federführungsprinzip auszubauen. Um Doppelstrukturen zu vermeiden, soll künftig für die Bereiche Verwaltung, Personal und Programm ein "Einer für alle"-Prinzip gelten.

Über diese von der Rundfunkkommission der Länder erarbeiteten Änderungsvorschläge sollen die Ministerpräsidenten der Länder in der kommenden Woche beraten. Anschließend würde über zwei Wochen eine im Internet öffentlich zugängliche Debatte über die Rundfunkreform stattfinden. Die PNP schreibt zum weiteren Prozedere: "Die dann beschlossenen Änderungen gehen anschließend in eine öffentliche, zweiwöchige Online-Anhörung. Eine endgültige Entscheidung soll bei der Ministerpräsidentenkonferenz vom 24. bis 25. Oktober in Leipzig fallen. Danach müssen noch alle 16 Landtage dem Reformpaket zustimmen, das dann im Sommer 2025 in Kraft treten könnte."

Bei der vorbereitenden Beratung der Länderkommission seien noch weitere Fragen diskutiert  worden, berichtete das Nachrichtenportal Meedia am Montag. Um eine einschneidende Entscheidung gehe es zum Beispiel bei der Frage, "wie 'presseähnlich' die bestehenden und die zukünftigen Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sein dürften. Gemäß dem aktuellen Reformentwurf dürften die ÖRR-Anstalten zukünftig nur noch Texte zu ihren eigenen Sendebeiträgen veröffentlichen.

Die FAZ beschreibt über den Vorschlagstext: "Der Entwurf sieht vor, dass künftig nur noch sendungsbezogene Texte zulässig sind". Dahinter verbirgt sich Meedia zufolge ein Streit zwischen privaten und öffentlichen Sendern darüber, inwieweit die staatsfinanzierten Anstalten mit ihren Beiträgen den privaten Sendern Leser wegnehmen. Aufgrund ihrer Finanzierung durch Unternehmenswerbung wären die Privaten aber dringend auf hohe Leserzahlen angewiesen.  

Stärkung digitaler Medienmonopole

Über die ganze Finanzierungs- und Kürzungsdebatte würden wichtige Themen der Rundfunkreform außer Acht gelassen, kritisierten die beiden Hochschullehrer Martin Andree und Karl-Nikolaus Peifer. Das betreffe zum Beispiel das Thema "Medienkonzentrationsrecht für digitale Medien". Ihre Kritik formulierten sie in einem Schreiben, das Meedia vorliege. Darin schrieben sie:

"Die wirklich wichtigen Themen werden gerade vergessen, und zwar ein neues Medienkonzentrationsrecht für digitale Medien. Damit verbunden ist der verfassungsrechtlich problematische Status quo digitaler Medienmonopole. Sowie die Frage danach, durch welche Erlösmodelle der Journalismus unter digitalen Bedingungen überleben soll."

Grundsätzlich müsse man die Reform dazu nutzen, die Macht von Digitalmonopolen zu beschränken, forderten die beiden Kölner Professoren. Die Reform fördere die Deregulierung und die Monopolstellung bei "Big Tec". Nach ihrer Auffassung müssten sowohl wirtschaftsorientierte Parteien "regelrecht allergisch darauf reagieren, dass Vielfalt, Wettbewerb und offene Märkte durch Big Tech für viele Zukunftsfelder weitgehend abgeschafft wurden". Und linke Parteien oder die Grünen sollten "ihrerseits massive Probleme haben mit dem Verlust digitaler Souveränität und den antisozialen Effekten der digitalen Monopole". Schließlich sei die Verteidigung der Medienfreiheit ein Anliegen jedes Demokraten. Die Professoren erklärten:

"Und für jeden Demokraten muss die Verteidigung der Medienfreiheit sowieso alternativlos sein." Sie fügten hinzu: "Die Menschen in Deutschland sind sowieso mehrheitlich gegen die Digitalmonopole."

Auf ihrer Website Medienstaatsvertrag to go stellten Andree und Peifer unter der Überschrift "Vorschläge für Maßnahmen zur Wiederherstellung von Vielfalt und Wettbewerb in digitalen Medienmärkten" einen Leitfaden für "verantwortliche Medienschaffenden und Politiker" ins Netz.   

Haben die verantwortlichen Politiker tatsächlich Interesse an demokratischen Medien? Die Frankfurter Allgemeine Zeitung habe aus Insiderkreisen der Politik einen anderen Eindruck gewonnen. Die Insider hätten der Zeitung mitgeteilt: "Die große Mehrheit der Chefs der Staatskanzleien ist mit den vorliegenden Entwürfen wohl weitgehend zufrieden." Von zunehmender digitaler Monopolisierung bei digitalen Plattformen wie Google und Co. sei im Vertrag nicht die Rede, so die FAZ, dafür viel von Rationalisierung und Kostensenkung.

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