Deutschland

Hindukusch-Struck reloaded – Deutschland wird nun "an der Ostfront der Ukraine verteidigt"

Die Aussage des Politikwissenschaftlers Stephan Bierling erinnert fatal an den Zitat-Klassiker des Ex-SPD-Verteidigungsministers Peter Struck aus dem Jahr 2002. Damals ging es um die vermeintliche Landesverteidigung Deutschlands durch den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan.
Hindukusch-Struck reloaded – Deutschland wird nun "an der Ostfront der Ukraine verteidigt"© Screenshot: BR-Mediathek, 31.01.23

Deutschland diskutiert aktuell kontrovers darüber, wie weit das Engagement der Bundesregierung im Ukraine-Krieg gehen darf beziehungsweise fortgesetzt werden sollte. Durch die jüngste Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz, weitere Panzerlieferungen an die Ukraine zu genehmigen, fürchten immer mehr Bürger die weitere Verstrickung Deutschlands in diesen Krieg. In der Sendereihe Kontrovers des Bayerischen Rundfunks wurde diesbezüglich am 25. Januar der Politikwissenschaftler Stephan Bierling interviewt. Die Anmoderation lautet wörtlich:

"Völkerrechtlich sind die zugesagten Panzerlieferungen Deutschlands unproblematisch, analysiert Stephan Bierling, Politikwissenschaftler für Internationale Politik an der Universität Regensburg, im Kontrovers-Interview. Doch wo soll die Unterstützung Deutschlands aufhören? Moralisch und politisch erst mit der Niederlage Russlands, findet Bierling."

Für Bierling zeigt sich in der aktuellen Entwicklung des Krieges eine eindeutige "rote Linie" dahingehend, dass es "keine Kampfverbände der NATO, keine deutschen Soldaten in der Ukraine" gebe. Dies sei die Stufe, "die im Grunde eine Kriegsbeteiligung Deutschlands und des Westens dann bedeuten würde". Der Politikwissenschaftler ist weiter der Meinung, dass aktuell durch die erneuten Panzerlieferungen die deutsche Landesverteidigung nicht geschwächt wird. Weiter analysiert Bierling wortwörtlich dann seinen Standpunkt mit der Feststellung:

"Jetzt ist der Kampf zu gewinnen gegen Russland. Und da müssen die Deutschen alles tun, um das zu tun. Landesverteidigung ist im Moment nicht wirklich das oberste Gebot. Das Land der Bundesrepublik wird an der Ostfront der Ukraine verteidigt."

Nutzer der sozialen Medien erinnerte diese Aussage unmittelbar an die Diskussion um den Einsatz der Bundeswehr im Afghanistan-Krieg zu Beginn der 2000er-Jahre. Erstmalig am 4. Dezember und dann leicht abgeändert in der Bundestagssitzung vom 20. Dezember 2002 teilte der damalige SPD-Bundesminister der Verteidigung Peter Struck den Abgeordneten mit:

"Die Verteidigung an den Grenzen unseres Landes ist glücklicherweise zu einer unwahrscheinlichen Option geworden. Um zu verdeutlichen, worum es wirklich geht, habe ich davon gesprochen, dass unsere Sicherheit auch am Hindukusch verteidigt wird. Deutschland ist sicherer, wenn wir zusammen mit Verbündeten und Partnern den internationalen Terrorismus dort bekämpfen, wo er zu Hause ist, auch mit militärischen Mitteln."

Bierling wird im Interview mit der Tatsache konfrontiert, dass "die Gesellschaft sehr gespalten sei, was die Waffenlieferungen betrifft" und "viele Deutsche Angst haben". Seine Antwort auf die Frage in dem BR-Interview: "Wie muss man das kommunikativ einfangen?" lautet:

"Nun, das Erste ist: Auf diese Angst setzt Russland. (...) Im Moment ist Strack-Zimmermann wohl die beste Sprecherin der Bundesregierung. Aber die Verteidigungsministerin, die gerade zurückgetreten ist, der neue Verteidigungsminister, der Kanzler, sind eigentlich in der Erklärung dessen, was sie wollen und wofür Deutschland steht, ein Totalausfall. Deshalb die Verwirrung auch in der deutschen Bevölkerung."

Bierling hatte zu Beginn des Gesprächs eingefordert beziehungsweise eingeschätzt:

"Es endet im Letzten mit der Niederlage Russlands. Das ist das einzige wirkliche Szenario, das man moralisch und politisch vertreten kann. Solange Putin an der Macht ist, wird dieser Krieg weitergeführt werden. (...) Wir müssen alles tun, dass die russischen Verbände geschlagen werden, und zwar so geschlagen werden, dass es vielleicht zum Sturz des Regimes in Russland und zu einem neuen Russland führt, mit dem wir dann auch einigermaßen geordnete Beziehungen wiederherstellen können." 

Bierling, Jahrgang 1962, ist seit Mai 2000 Professor für Internationale Politik und Transatlantische Beziehungen an der Universität Regensburg und war als Gastprofessor in den USA, Israel und Südafrika tätig. Zuvor war er Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) gewesen. Seit 2018 ist er in der Leitung des Promotionskollegs "Sicherheit und Entwicklung" der KAS. Seit 2000 organisiert Bierling alle vier Jahre eine öffentliche akademische Wahlparty zu den US-Präsidentschaftswahlen.

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