Deutschland

Lauterbachs Corona-Regeln für den Herbst: Bürger kritisch, Börse zufrieden

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Bundesjustizminister Marco Buschmann haben ihre Vorstellungen zu vermeintlich benötigten Corona-Schutzkonzepten für das Jahresende präsentiert. Die genauen Details stoßen bei vielen Menschen auf Widerspruch und Kritik. Die Börse zeigt sich zufrieden. Pharmahersteller können in Ruhe planen.
Lauterbachs Corona-Regeln für den Herbst: Bürger kritisch, Börse zufriedenQuelle: Gettyimages.ru © picture alliance / Kontributor

von Bernhard Loyen

Das Bundesgesundheitsministerium und das Bundesjustizministerium haben sich gemeinsam auf eine Anpassung und Fortentwicklung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) verständigt. Mit dem aktualisierten Maßnahmenpaket unter dem Titel "Gut vorbereitet auf Herbst und Winter" werden den Menschen durch die politischen Verantwortlichen vorab teils wiederkehrende oder erweiterte kommende Bürgerrechtseinschränkungen angekündigt. Gut vorbereitet oder maßgeblich im Alltagsleben eingeschränkt, fragen sich nun viele Menschen im Land. Der Vorschlag sieht "lageangepasste Rechtsgrundlagen vom 1. Oktober 2022 bis zum 7. April 2023" vor.

Auffällig ist dabei die offensichtliche Beliebigkeit bei den Festlegungen zu den Impfregelungen und möglichen Zugangsbeschränkungen für bestimmte Bereiche des öffentlichen Lebens. Zudem die erneute skandalöse Willkür bei den potenziellen Maßnahmenplänen für die Kinder und Jugendlichen im Land. Es irritiert weiterhin immens, dass einzig die deutsche Politik sich dem Weg der meisten europäischen Nachbarn entgegenstellt, den Bürgern das Vertrauen eigenverantwortlichen Handels in Bezug auf die individuelle Gesundheit zuzutrauen. Ihnen die selbstverständliche Chance nimmt, das Leben selbstständig, verantwortungsvoll und normal (!) zu organisieren.

Zunächst der Skandal zum Beschluss der möglichen erneuten Kindernötigungen. Ja, Schulschließungen zum Jahresende wurden schon vor Verkündung seitens des Bundesgesundheitsministers ausgeschlossen: "Die Möglichkeit für Schulschließungen wird es nicht mehr geben", sagte Lauterbach Ende Juli in der ARD. Glaubhaft? Nein. Bundesjustizminister Marco Buschmann teilt nüchtern mit: "Allgemeine Vorsorge mit abgestufter Maskenpflicht im Flug- und Fernverkehr und in öffentlichen Innenräumen", aber im Kleingedruckten besteht die Möglichkeit:

  • "Maskenpflicht in der Schule ist nur vorgesehen, wenn sonst kein geregelter Präsenzunterricht möglich wäre – und auch dann nur ab dem fünften Schuljahr" 
  • "Verpflichtung zur Testung in bestimmten Gemeinschaftseinrichtungen (z.B. Einrichtungen zur Unterbringung von Asylbewerbern, Hafteinrichtungen, Kinderheimen) sowie Schulen und Kindertageseinrichtungen"

Diese Ankündigungen finden sich unter dem Punkt "Optionale, weitergehende Schutzmaßnahmen der Länder". Optional bedeutet erneut: mögliche politische Willküreinschätzungen- und vorgaben der jeweiligen Bundesländer. Die Erfahrungen der letzten zwei Jahre haben zudem leider gezeigt, dass sehr große Teile der pädagogischen Werktätigen in Kita-, Schul- und Universitätseinrichtungen in Deutschland sehr schnell und mit immenser Überzeugung diese Möglichkeit nutzen (werden), heißt: den Jüngsten unserer Gesellschaft erneut belastend für Psyche und Entwicklung eine tägliche Maskenpflicht über Stunden aufzwingen werden. Dass zudem ein erschreckend hoher Anteil der verantwortlichen Eltern dies parallel begleitet und unterstützt, sogar einfordert, muss als bedenkliches Phänomen der Corona-Krise erkannt werden.

Das folgende in den sozialen Medien kursierende Bild sollte bei ruhiger Betrachtung nachdrücklich in Erinnerung rufen, wie sich ein nicht zu unterschätzender Prozentsatz der Kinder und Jugendlichen in diesem Land sieht und fühlt:

Was werden erneute Massentestungen in Kitas, Schulen oder Kinderheimen, auch Universitäten für die Gesellschaft bringen? Nichts, außer psychischen Druck, Angstmomente und körperliche Belastungen für die Kinder und Jugendlichen. Erinnert sei immer wieder an das fatale Theorie-Panik-Papier für das Bundesgesundheitsministerium aus dem März 2020. Zitatauszug im Originalwortlaut (Seite 13):

"'Kinder werden kaum unter der Epidemie leiden': Falsch. Kinder werden sich leicht anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z.B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, Schuld daran zu sein, weil sie z.B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist
es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann."

Das große Erwachen, die große Ernüchterung für einen sehr großen Teil der Bürger in diesem Land ist die Pulverisierung des guten Glaubens, dass drei bis dato vollzogene Impfungen sogenannte Freiheiten im Alltagsleben weiterhin gewährleisten werden. Bezugnehmend auf den Wunsch einer Teilnahme oder Planung für "Freizeit-, Kultur- oder Sportveranstaltungen, in Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie in gastronomischen Einrichtungen und bei der Sportausübung" in Innenräumen wird eine Zutrittschance ohne den eingeforderten Maskenzwang nur dann noch möglich sein, wenn die Bürger:

  • über einen Testnachweis verfügen oder genesen sind (Genesenennachweis; es gilt die bisherige 90 Tage-Frist) oder die vollständig geimpft sind und bei denen die letzte Impfung höchstens drei Monate zurückliegt.

Tim Röhn, Ressortleiter der Springer-Zeitung Welt, kommentiert mit zynischem Unterton:

"Das ist – neben Masken & Tests für Kinder – schon besonders stark: Eine stets aktuelle Impfung (weniger als 3 Monate her, Dosen-Anzahl ab 3 egal) garantiert den maskenfreien Restaurant-Besuch. Das muss diese Wissenschaft sein, auf die sich die Politik in Deutschland so eisern beruft."

Anders formuliert, die Gedankenwelt verantwortlicher Politiker scheint die willkürliche Logik erarbeitet zu haben, dass laut den vorliegenden Entwürfen des aktualisierten Infektionsschutzgesetzes jeder Bürger ab Oktober theoretisch infiziert, ansteckend und ohne Maske sich in gutbesuchten Innenräumen individueller Art aufhalten kann, solange er sich innerhalb der willkürlichen Fristfestlegung von drei Monaten zum x-ten Mal impfen ließ. Obwohl der Gesundheitsminister in einem ARD-Interview zum Thema Effektivität der COVID-Impfstoffe jüngst zugeben musste:

"Aber man ist nicht wirklich gut geschützt vor der Ansteckung. Da ist der Schutz nur eben bei 35 Prozent." 

Nichtsdestotrotz löste dieser Maßnahmen-Punkt, diese rein politische Willkürverordnung an der Börse umgehende Reaktionen aus. Die Seite Börse.de vermeldete nüchtern am Ende dieses erkenntnisreichen Tages jeweils für die Krisengewinner der Stunde:

  • "Mit dem Anstieg auf 173,95 EUR hat die BioNTech-Aktie am 03.08.2022 ein neues 6-Monats-Hoch erreicht und damit den Kurs vom 04.04.2022 eingestellt."
  • "Mit dem Anstieg auf 182,98 EUR hat die Moderna-Aktie am 03.08.2022 ein neues 6-Monats-Hoch erreicht und damit den Kurs vom 12.07.2022 eingestellt."

Die anschließenden sehr interessanten und aufschlussreichen Diskussionen in den sozialen Medien zeigen nun alle Nuancen von Wahrnehmungen bei den Menschen im Land – von dezenter Irritation, kritischen Fragen und Anmerkungen bis hin zu schlichtem Unverständnis und absoluter Ablehnung. Nach Betrachtung notierte ich die symbolische Frage eines Forenteilnehmers an die verantwortlichen Politiker Buschmann und Lauterbach:

"Können Sie uns das erklären: Geimpft, aber aktuell infiziert = keine Maske nötig. Gesunder, ungeimpfter Schüler = Maskenpflicht?"

Für das Archiv: Der amtierende Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach formulierte am 3. August 2022 im Rahmen eines Interviews mit dem ARD-Hauptstadtstudio folgende wortwörtliche Mitteilung an die Menschen im Land:

"Ich bin halt mit dem Ergebnis sehr zufrieden (...) Dass es in den öffentlich zugehbaren Innenräumen immer Maskenpflicht gibt. Dass es in den Bars und Restaurants die Ausnahme gibt, dass man frisch geimpft oder genesen sein kann - das ist ein Anreiz für die Impfung."

Man darf gespannt sein, ob es der Bundesregierung mit dieser Politik erneut gelingt, einen beeindruckenden Großteil der Bürger im Land hinter sich zu wissen. Ob aus Überzeugung, Bequemlichkeit oder bedauerlichem Gehorsam, ausgehend von der individuellen Überforderung oder Hilfslosigkeit. Die Bild-Zeitung vermeldete bereits im Februar zur Maskenmanie in Deutschland: "Die Bundesregierung sitzt seit dem Großankauf 2020 auf 600 Millionen ungenutzten Atemschutz-Masken! Die Masken passen auf 1800 Sattelzüge." Im Juli wusste die Tagesschau: "Nun müssen fast vier Millionen Impfdosen vernichtet werden. Die CSU wirft dem Gesundheitsminister Steuerverschwendung vor."

Kümmert es Dr. Karl Lauterbach? Vielleicht, denn er hat gerade andere große Sorgen, persönlicher Art. Der Funke Mediengruppe teilte er mit, dass Menschen in diesem Land nicht immer seiner Politik zustimmen würden. Daraus ergebe sich die Situation, dass er "ungefähr die höchste Sicherheitsstufe, die es für Politiker in Deutschland überhaupt gibt", erfahre. Das "gab es für einen Gesundheitsminister wahrscheinlich noch nie". Lauterbach weiter laut der Berliner Zeitung:

"Lauterbach sagte, er fahre 'immer mit zwei gepanzerten Fahrzeugen vor'. Jeden Tag wird in den sozialen Netzwerken zu Gewalt gegen mich aufgerufen. Leute rufen regelmäßig – teilweise sogar mit Klarnamen – zu meiner Ermordung auf." 

Am 3. August ließ er zu den jüngsten Verordnungen wissen: "Die Regeln mögen nicht jedem gefallen. Aber wir werden sie leider brauchen." Bundesjustizminister Buschmann teilte am Ende eines langen Arbeitstages mit:

"Wir nehmen die Pandemie weiter ernst. Und vor allem nehmen wir die Grundrechte ernst."

Diese vermeintliche Realität und Absicht, auch in der Wahrnehmung vieler anderer Politiker und Entscheidungsträger in diesem Land, erscheint für immer mehr Menschen in Deutschland langsam und unaufhaltsam als anmaßend, unglaubwürdig und nicht vermittelbar. Wie das Land, die Menschen im Herbst und Winter darauf reagieren werden, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten herauskristallisieren. 

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