Deutschland

Mehr Druck auf Ungeimpfte: Debatte um flächendeckende "2G-Regeln" überschlägt sich

Menschen ohne Corona-Impfung dürfen in Österreich bald keine Lokale, Friseure und Veranstaltungen mehr besuchen. Und auch in Deutschland wird immer öfter und immer offener für einen faktischen Ausschluss der Ungeimpften aus dem öffentlichen Leben plädiert.
Mehr Druck auf Ungeimpfte: Debatte um flächendeckende "2G-Regeln" überschlägt sichQuelle: www.globallookpress.com © Marcus Brandt/dpa

Die Debatte um eine weitere Verschärfung der staatlichen Corona-Maßnahmen und stärkere Einschränkungen für Ungeimpfte in Deutschland nach dem Vorbild Österreichs nimmt auch in Deutschland Fahrt auf. Die Frage nach der Angemessenheit der radikalen Maßnahmen oder gar die nach ihrer grundsätzlichen Sinnhaftigkeit wird dabei in den Mainstreammedien nicht gestellt.

Der Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt verlangt laut einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa, auch hierzulande nur noch Geimpften oder Genesenen den Besuch von Restaurants, Veranstaltungen oder Kinos zu erlauben. Ähnlich äußerte sich der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy. Der in den Medien oft als Gesundheitsexperte bezeichnete SPD-Abgeordnete Karl Lauterbach fordert, die "2G-Regel" solle "am besten in allen Bereichen greifen, die nicht wie Lebensmittelgeschäfte oder Drogerien zum täglichen Bedarf gehören". Die wahrscheinlich letzte große Welle der Pandemie könne noch sehr viele Menschenleben kosten, die Menschen müssten vorsichtiger werden.

Österreich hatte am Freitag beschlossen, eine bundesweite "2G-Regel" einzuführen. Menschen ohne Impfung dürfen ab Montag keine Lokale, Friseure und Veranstaltungen mehr besuchen. Dasselbe gilt für den Zutritt zu touristischen Betrieben. "Es ist schlicht und einfach unsere Verantwortung, die Menschen in unserem Land zu schützen", begründete Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) die drastischen Schritte. Auch in Österreich ist die Zahl der positiven Tests zuletzt stark angestiegen, die wie in Deutschland als "Neuinfektionen" gezählt werden. 

In Deutschland setzt ab Montag als erstes Bundesland Sachsen die "2G-Regel" in Teilen des öffentlichen Lebens flächendeckend und verpflichtend um. Damit haben nur noch Genesene und Geimpfte Zutritt etwa zur Innengastronomie, Diskotheken oder Freizeit- und Kultureinrichtungen. Auch Großveranstaltungen wie Fußball im Stadion sind betroffen, der Einzelhandel oder Gottesdienste nicht. Ungeimpfte werden damit vom öffentlichen Leben weitgehend ausgeschlossen.

Der Präsident der Bundesärztekammer forderte die Politik bundesweit zum Handeln auf. "Wir brauchen jetzt klare Regeln, um die Infektionsketten zu durchbrechen", sagte Reinhardt der Passauer Neuen Presse. "Der Besuch etwa in der Gastronomie, bei Veranstaltungen oder im Kino sollte nur noch Genesenen und Geimpften vorbehalten bleiben."

Notfalls seien sogar Lockdown-Maßnahmen für Ungeimpfte notwendig: "Wenn es darum geht, die stationäre Versorgung zu sichern, finde ich das gerechtfertigt. Schließlich sind es derzeit vor allem die Ungeimpften, die mit schweren COVID-Verläufen in den Kliniken behandelt werden müssen", sagte Reinhardt. Auch der Arbeitsplatz müsse sicherer werden. "Das heißt: geimpft, genesen oder getestet."

Ähnlich äußerte sich der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. "Es braucht verpflichtend 3G am Arbeitsplatz in ganz Deutschland", sagte der CSU-Chef den Zeitungen der Mediengruppe Funke. "Und die Arbeitgeber müssen das Recht haben, zu fragen, ob die Angestellten geimpft sind oder einen Test gemacht haben." In manchen Corona-Hotspots im Freistaat wird auch die 2G-Regel schon angewendet. Bayern zählt zu den Bundesländern mit den höchsten Corona-Inzidenzen.

Dedy verlangte, in Pflegeheimen nur noch geimpftes oder genesenes Personal einzusetzen. Solange sich die Länder dazu nicht durchringen könnten, müsse es eine tägliche Testpflicht für ungeimpfte Beschäftigte geben, sagte er dem zur SPD-nahen Madsack-Mediengruppe gehörenden Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Dedy plädierte wie Söder dafür, wieder über kostenfreie Corona-Tests nachzudenken. "Noch besser wäre aus unserer Sicht aber, konsequenter 2G im Freizeitbereich einzuführen."

Die Ausbreitung des Coronavirus hat sich mit Beginn der Erkältungssaison deutlich beschleunigt. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten Rekordwerte bei den Befunden, die Sieben-Tage-Inzidenz stieg nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Samstagmorgen auf 183,7. Im Kampf gegen die sogenannte vierte Welle beschlossen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Freitag unter anderem breite Auffrischimpfungen sechs Monate nach der zweiten Spritze, eine Testpflicht in Pflegeheimen und genauere Kontrollen von Zugangsregeln. Noch vor wenigen Monaten hieß es, dass die Inzidenz bei der Bewertung der Lage keine große Rolle mehr spielen solle und man sich auf die Zahl der Corona-bedingten Hospitalisierungen konzentrieren wolle. Allerdings machen die COVID-Patienten derzeit nur ein geringen Teil der Intensivpatienten aus.

Friedrich Pürner, der frühere Leiter Gesundheitsamtes in Aichach-Friedberg, kritisierte in mehreren Tweets die Corona-Politik scharf. Falsche Zahlen und Annahmen führten zu falschen Maßnahmen. Der Fokus liege nicht auf den Erkrankten, sondern auf den positiven Laborbefunden, die die Gesundheitsämter überschwemmten. Die Politik habe nach zwei Jahren "nichts verstanden". Die aktuellen Regelungen zeigten, dass Deutschland mit den Ideen zur Pandemiebekämpfung am Ende sei:

"Eine sinnlose 2G-Regel und ein unmenschlicher Druck auf Ungeimpfte werden die Gesellschaft und das soziale Gefüge in Deutschland innerhalb kürzester Zeit aufreiben."

Pürner war im November 2020 von seinem Posten abberufen worden, nachdem er die Corona-Strategie der bayerischen Landesregierung offen kritisiert hatte.

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(rt/dpa)

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