Studie zu Mindestlohn: Über 8,5 Millionen Beschäftigte arbeiten für weniger als 12 Euro brutto
Beschäftigte in etwa 8,6 Millionen Arbeitsverhältnissen würden direkt von einer Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns profitieren. Sie arbeiten aktuell für weniger als 12 Euro brutto pro Stunde – zu einem Großteil in Berufen, die eine abgeschlossene Ausbildung erfordern. Das ergab eine Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.
Löhne unter 12 Euro werden demnach vor allem im Gesundheitswesen, Einzelhandel, der Gebäudebetreuung, der Gastronomie und dem Sozialwesen gezahlt. Davon stark betroffen sind unter anderem medizinische Fachangestellte, Köche oder Berufskraftfahrende sowie Hilfskräfte in Reinigung, Hauswirtschaft, Küchen und Logistik.
Etwa zwei Drittel der gut achteinhalb Millionen Menschen, die dementsprechend direkt von einer Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro profitieren würden, sind Frauen. Durch die Anhebung des Mindestlohns würde vor allem die Entlohnung von Beschäftigten ohne Tarifvertrag verbessert: Diese sind derzeit rund dreimal so häufig von Löhnen unter 12 Euro betroffen wie Beschäftigte, die nach Tarif bezahlt werden.
Mit Tarifvertrag seien es lediglich 9,5 Prozent. Für die Beschäftigten ohne Tarif würden die Löhne nach einer Anhebung des Mindestlohns um durchschnittlich 4,1 Prozent steigen, für die mit Tarif um ein Prozent.
Die Zahlen zeigten somit auch, dass der höhere Mindestlohn "keinen tiefen Eingriff in die Tarifautonomie" bedeute, betont Wirtschaftswissenschaftler und WSI-Arbeitsmarktexperte Dr. Toralf Pusch. Vielmehr wäre er eine wirksame Stütze zur Stabilisierung der Löhne von Beschäftigten ohne Tarifvertrag.
Die große Mehrheit der Arbeitsverhältnisse, in denen der höhere Mindestlohn direkt zu einer Lohnanhebung führen müsste, ist für die jeweiligen Beschäftigten der Hauptjob. Nur etwa 1,3 Millionen sind Nebentätigkeiten. Von den Hauptbeschäftigungen sind rund drei Millionen Vollzeit- und knapp 4,3 Millionen Teilzeitstellen.
Für die Untersuchung wurden die neuesten verfügbaren Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) von 2019 und des Statistischen Bundesamts ausgewertet und für das Jahr 2021 fortgeschrieben. Für Oktober meldete das Statistische Bundesamt am Donnerstag anhand vorläufiger Daten einen erneuten Preissprung, die Verbraucherpreise stiegen demnach um 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.
Verbände hatten früher bereits auf die gesamtgesellschaftliche Problematik der zu niedrigen Löhne in reichen Ländern verwiesen. Eine vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) geförderte Studie hat kürzlich aufgezeigt, dass eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro auch gesamtwirtschaftlich sinnvoll wäre, da die Wirtschaftsleistung langfristig um etwa 50 Milliarden Euro im Jahr steigen würde. Die Staatseinnahmen erhöhen sich demnach um rund 20 Milliarden Euro jährlich.
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