Neben den großen und etablierten Parteien, die schon im Bundestag vertreten sind, kandidieren bei den Wahlen am 26. September Vertreter einer Reihe kleinerer Parteien, die bisher keine Mandatsträger im Bundestag vorweisen konnten. Insgesamt treten 39 solcher Kleinparteien an – so viele wie noch nie. Das Spektrum umfasst Parteien, die in einigen Bundesländern bereits eine relativ gute Verankerung haben, wie etwa die Freien Wähler, und auch neue Parteien wie die "die Basis". Einige Parteien verfügen über ein zusammenhängendes Weltbild und vertreten ein allgemeinpolitisches Programm, wie die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) oder das Bündnis C – Christen für Deutschland, andere widmen sich einem aus Sicht der Parteimitglieder besonders wichtigen Thema, wie etwa die Tierschutzpartei oder die Klimaliste. Während die meisten Parteien ein seriöses Bild pflegen, sind einige im Spektrum sogar den Spaßparteien zuzuordnen, etwa "Die PARTEI".
Bayernpartei
Die Bayernpartei e. V. V. ist die älteste Kleinpartei, die bei den Bundestagswahlen antritt. Sie wurde im Jahr 1946 gegründet. Laut ihrer Internetseite kämpft sie für "mehr Föderalismus, mehr Demokratie und die Staatlichkeit Bayerns". Sie gilt als konservativ-liberale Partei.
In den ersten Bundestag entsandte die Partei noch 17 Abgeordnete. Später gelang es ihr nicht mehr, diesen Erfolg zu wiederholen. Im Laufe der 1950er Jahre verlor sie immer mehr Stimmen an die CSU, sodass sie bei den Landtagswahlen im Bayern im Jahr 1966 nicht die erforderliche Mindestanzahl an Stimmen gewann und dann sogar aus dem bayerischen Landtag flog.
Ihr Bundeswahlprogramm steht unter dem zentralen Motto "Innovationen statt Verbote". Dort fordert sie eine "wertebasierte Außenpolitik" und "Solidarität mit lokalen Demokratiebewegungen", etwa in Katalonien und Tibet.
Zugleich spricht sie sich, außer im NATO-Bündnisfall, gegen militärische Interventionen aus. Innenpolitisch fordert sie die Stärkung der Kompetenzen der Bundesländer sowie "Autonomie" für Bayern, das ein "1500-jähriger Staat mit einem eigenen Staatswesen und Volk" sei.
Freie Wähler
Die Wurzeln der im Jahr 2009 gegründeten Partei FREIE WÄHLER gehen auf Initiativen von kommunalen Wählergruppen zurück, die ab den 1950ern entstanden. Später gab es Bestrebungen von einzelnen Landesverbänden, über den Stammbereich der Freien Wähler – die Kommunalpolitik – hinaus auch in der Landes- und Bundespolitik aktiv zu werden.
Im Jahr 2008 gelang es den Freien Wählern in Bayern, in den Landtag einzuziehen. Seit dem Jahr 2018 sind sie dort in einer Koalition mit der CSU. Im Jahr 2010 gründeten Aktivisten die Partei als "Bundesvereinigung Freie Wähler". Im Jahr 2014 erfolgte der Einzug in das EU-Parlament. Der geographische Schwerpunkt der Partei liegt in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz, aber auch in einigen ostdeutschen Bundesländern gelang es der Partei, sich bei den letzten Bundestagswahlen mehr als ein Prozent der Wählerstimmen zu sichern.
Ein zentrales inhaltliches Anliegen der Partei ist die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. Auch die Verhinderung einer Regierungsbeteiligung von Bündnis 90/Die Grünen ist den Freien Wählern wichtig. Die Partei fordert eine "Politik von unten" und "pragmatische Lösungen mit gesundem Menschenverstand". Die Freien Wähler verorten sich selbst als "liberal-konservative" Kraft.
Die Bürgerbeteiligung solle gestärkt und die Möglichkeit von Volksentscheiden auf Bundesebene eingeführt werden. Auch fordert die Partei die Direktwahl des Bundespräsidenten und der Ministerpräsidenten der Länder. Den Einfluss der etablierten Parteien auf die Politik möchten die Freien Wähler begrenzen.
Deutsche Kommunistische Partei
Die Kandidatur der Kommunisten zu den Bundestagswahlen wäre beinahe missglückt, denn der Bundeswahlleiter wollte der Partei den offiziellen Status aufgrund von angeblich nicht oder nicht pünktlich eingereichten Rechenschaftsberichten entziehen. Die Partei klagte dagegen in Karlsruhe mit dem Argument, dass sie durchaus die Rechenschaftsberichte eingereicht hätte, wenn auch verspätet. Die Verfassungsrichter gaben der DKP Recht und ermöglichten somit der DKP doch noch den Antritt zu den Wahlen.
Gegründet wurde die DKP im Jahr 1968, doch sie gilt als Nachfolgerin der zum Jahreswechsel 1918/1919 von den wenig später ermordeten Arbeiterführern Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands, die mehrmals, zuletzt endgültig im Jahr 1956 vom Bundesverfassungsgericht, verboten wurde. Bis zum Zusammenbruch der osteuropäischen sozialistischen Staaten ab 1989 hatte sie mehrere zehntausend Mitglieder und verfügt zum Teil bis heute über einen gewissen Einfluss in den Gewerkschaften und in sozialen Bewegungen wie der Friedensbewegung, auch wenn sie bei Wahlen, von einzelnen Kommunalwahlen abgesehen, weitgehend erfolglos blieb. Ab den 1970er Jahren waren viele Mitglieder der Partei in der Bundesrepublik von den sogenannten Berufsverboten betroffen.
Programmatisch beruft sich die Partei auf den von Marx und Engels begründeten wissenschaftlichen Sozialismus. Nur der "revolutionäre Bruch mit den kapitalistischen Macht- und Eigentumsverhältnissen" könne die "Ursachen von Ausbeutung und Entfremdung, Krieg, Verelendung und Zerstörung unserer natürlichen Umwelt" beseitigen. Die Partei lasse sich "von den Zukunfts- und Gesamtinteressen der Arbeiter und Angestellten als Klasse leiten". Die DKP sei "Partei des Widerstandes gegen die sozialreaktionäre, antidemokratische und friedensgefährdende Politik der Herrschenden".
In ihrem Wahlprogramm kritisiert die DKP, dass es bei der Corona-Politik der Bundesregierung nicht um die Gesundheit der Menschen gehe, sondern "um das Aufrechterhalten der Produktion und die Sicherung der Interessen des Monopolkapitals". Die Partei bemängelt, dass "das Privatleben der Menschen" drastisch kontrolliert und eingeschränkt worden sei. Die Pandemiebekämpfung gleiche einer Notstandsübung.
Sie spricht sich gegen die CO₂-Steuer aus, da Umweltschutz nur sozial verträglich funktionieren kann. Die Kommunisten kritisieren den "aggressiven NATO-Kurs" gegenüber China und Russland und sprechen sich für Frieden und freundschaftliche Beziehungen mit beiden Staaten aus. Statt Geld für Rüstung auszugeben, müsse man in Bildung, Soziales und Gesundheit investieren.
Tierschutzpartei
Die Tierschutzpartei (Partei Mensch Umwelt Tierschutz) wurde im Jahr 1993 gegründet. Seit 1997 ist sie in einigen kommunalen Parlamenten vertreten. Ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind das Tierwohl und die Umwelt. In Landtagswahlen gelang es der Partei, sich Ergebnisse weit jenseits der Ein-Prozent-Marke zu sichern. Bei den EU-Wahlen im Jahr 2019 sicherte sich die Partei 1,4 Prozent der Stimmen.
Die Partei, die sich selbst als "sozialliberal" definiert, kritisiert in ihrem Wahlprogramm, dass unter der GroKo vieles falsch laufe: Weder sei die Agrarwende angepackt worden, noch gebe es eine an der "Wissenschaft orientierte Klimapolitik". Auch sei der Tierschutz "nur in Sonntagsreden ein Thema". Tierschutz und Biodiversität seien "dringende Handlungsfelder, die nur grenzübergreifend wirksam angefangen werden können".
Die Partei arbeite nicht nur an "tierschutzpolitischen Verbesserungen", sondern "auch an Konzepten für sämtliche anderen Politikbereiche". Man habe "die Pflicht, einzuschreiten, wo Ungerechtigkeit herrscht". Die Menschen müssten Verantwortung übernehmen, wenn Schwächere Hilfe benötigen. Laut dem Grundsatzprogramm der Partei, das Anfang der 2000er Jahre verfasst wurde, sind Mensch, Tier und Natur eine "untrennbare Einheit". Sie fordert die Aufnahme von Tier-Grundrechten in das Grundgesetz.
dieBasis
Die Partei "dieBasis" (Basisdemokratische Partei Deutschland) gehört zu den jüngsten Kleinparteien. Sie wurde im Juli letzten Jahres im Zuge der Proteste gegen die Corona-Politik der Bundesregierung gegründet. Ihre Wurzeln gehen auf die Initiative "Widerstand 2020" zurück, die im Frühjahr 2020 entstand. Laut eigenen Angaben verzeichnete die Partei ein für eine Kleinpartei ungewöhnliches Wachstum an Mitgliedern. Anfang September sollen es schon über 27.000 Mitglieder gewesen sein. Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg im März dieses Jahres errang sie rund ein Prozent der Stimmen.
Einige kommunale Mandatsträger anderer Partei wechselten in "dieBasis", etwa der grüne Gemeindeabgeordnete David Claudio Siber in Flensburg, der inzwischen auch in den Parteivorstand gewählt wurde. Auch andere Kommunalpolitiker von Bündnis 90/Die Grünen und von Die Linke wechselten in "dieBasis".
Die Partei kritisiert, dass sich die Politik allgemein von den Bürgern entfremdet habe und spricht vom "Verlust unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung", was auf die Corona-Maßnahmen zurückzuführen sei.
Die Parteipolitik beruhe auf vier Säulen: Freiheit, Machtbegrenzung, Achtsamkeit und Schwarmintelligenz. Im Zentrum der Parteipolitik steht die Ablehnung der Corona-Politik der Bundesregierung. Die Grundrechte, wie das Recht auf Freiheit der Person und selbstbestimmtes Handeln sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit, müssten laut "dieBasis" wiederhergestellt werden. Maßnahmen, für die es keine klare Evidenz bezüglich ihrer Nützlichkeit gibt, müssten sofort aufgehoben werden.
Ein Wahl- oder Grundsatzprogramm hat die Partei noch nicht, dafür aber ein "Rahmenprogramm", das jedoch noch als vorläufig betrachtet wird. Darin erklärt sie, sich dafür einzusetzen, "dass das Leben des Einzelnen in größtmöglicher Freiheit und Eigenverantwortung möglich ist". Das Zusammenleben in der Gesellschaft müsse auf Basis der gegenseitigen Verantwortlichkeit und Solidarität ermöglicht werden. Ein fester Bestandteil der Parteipolitik sei die Achtung vor der Natur sowie ihr nachhaltiger Schutz.
Bündnis C – Christen für Deutschland
Das Bündnis C geht auf die Vereinigung zweier evangelikaler Kleinparteien im Jahr 2015 zurück. Vorgängerparteien sind die Partei Bibeltreuer Christen, die im Jahr 1989 vom Pastor Gerhard Heinzmann gegründet worden war, sowie der Partei AUF. Bei verschiedenen Wahlen zu Landtagen blieb die Partei bisher erfolglos, jedoch verfügt sie vereinzelt über Mandate auf kommunaler Ebene. Im Gegensatz zu den jetzigen Wahlen kandidierte die Partei bei den letzten Bundestagswahlen noch ausschließlich mit Direktkandidaten in vier Wahlkreisen.
Laut der eigenen Webseite der Partei sieht sich das Bündnis C "einer Politik nach christlichen Grundsätzen verpflichtet". Programmatische Grundsätze der Partei sind das "biblische Menschenbild" und die christliche Ethik. Die Partei trete für eine biblisch verankerte Lebensordnung ein, zu der bürgerliche Freiheit und Rechtsstaatlichkeit, Ehe, Familie und die Bewahrung der Schöpfung gehören.
In seinem Wahlprogramm propagiert das Bündnis C den sogenannten Relationismus, der eine "innovative Politik- und Wirtschaftspolitik" in Abgrenzung zum Kapitalismus und Sozialismus sei. Um die vielfältigen gesellschaftlichen Krisen zu bewältigen, brauche man "ausbalancierte Beziehungen zwischen Rechten und Pflichten".
Um das "Recht auf Leben und Freiheit" wiederherzustellen, will die Partei unter anderem Abtreibungen verbieten und Kindergeld schon ab der Empfängnis auszahlen. Um staatliche Sozialausgaben zu reduzieren, fordert das Bündnis C die Auslagerung von sozialpolitischen Kompetenzen an Familienverbände und Genossenschaften.
Der III. Weg
Unter den an den Bundestagswahlen befinden sich auch einige rechtsextreme Parteien, so auch der III. (oder Der Dritte) Weg, der in den Medien immer wieder für Schlagzeilen gesorgt hatte. Die Partei wurde von einer Gruppe von Neonazis, darunter einige ehemalige NPD-Aktivisten, im September 2013 gegründet. Auch viele ehemalige Mitglieder der radikal-völkischen Organisation "Freies Netz Süd" traten der Partei bei. Schwerpunkte der Partei sind Süd- sowie Ostdeutschland. Der Verfassungsschutz stuft die Mehrzahl der Mitglieder als höchst gewaltbereit ein.
Der aktuelle Verfassungsschutzbericht attestiert der Partei ein "völkisch-antipluralistisches Menschen- und Gesellschaftsbild". "Der Dritte Weg" stuft sich selbst als "nationalrevolutionär" ein und fordert einen "deutschen Sozialismus". Dabei beruft sich die Partei auf angebliche "Erkenntnisse aus Evolution, Genetik und Verhaltensforschung" sowie auf "universelle Naturgesetze". Die Partei fordert explizit eine "völkische Gemeinschaft". Man strebe eine Gemeinschaftsordnung an, "bei der sich ein Volksangehöriger nur nach seinen Leistungen und Tagen für sein Volk Anerkennung verschaffen kann".
Als Gegenmittel zur "Lobbypolitik" fordert die Partei die Einführung einer Präsidialdemokratie. Es drohe ein "Volkstod", heißt es im Wahlprogramm der Partei, weshalb sie sich für "kinderreiche deutsche Familien" ausspricht.
Die Partei
Die Spaßpartei "PARTEI" (Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative) wurde im August 2004 durch Redakteure der Titanic-Satirezeitschrift gegründet. Der Parteivorsitzende Martin Sonneborn war zum damaligen Zeitpunkt Chefredakteur der Titanic. Aufgrund der Popularität von Sonneborn sowie seiner Zeitschrift konnte die Partei in den Jahren nach der Gründung einen raschen Anstieg der Mitgliederzahl verzeichnen. Laut eigenen Angaben hatte die Partei im Juli dieses Jahres bereits mehr als 55.000 Mitglieder.
Die Partei hat sogar eine eigene Jugendorganisation – die "HintnerJugend", benannt nach ihrem Generalsekretär Thomas Hintner. Während die Partei bei Landtags- und Bundestagswahlen bisher weitgehend erfolglos blieb, gelang ihr der Einzug ins EU-Parlament bei den Wahlen im 2014 mit nur 0,63 Prozent Stimmenanteil, da vorher das Bundesverfassungsgericht die Drei-Prozent-Sperrklausel gekippt hatte, nachdem Die PARTEI dagegen geklagt hatte.
Eine Hochburg der Partei ist der Berliner Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Bei den Wahlen zur Bezirksverordnetenversammlung im Jahr 2016 gelang es ihr, sich mit 4,6 Prozent der Stimmen dort Plätze zu sichern. Ein Jahr später trat der Kabarettist Serdar Somuncu für die Partei als Direktkandidat an und erreichte 7,2 Prozent. Bei den EU-Parlamentswahlen 2019 erreichte die Partei 2,4 Prozent, womit sie sich einen zweiten Sitz dort sichern konnte.
Inhaltlich lässt sich aufgrund der satirischen Ausrichtung der Partei kein klares Profil ausmachen. In Ihrem Grundsatzprogramm erklärt die Partei, den Menschen in den Mittelpunkt der Politik zu stellen. Sie sagt dort der Massenarbeitslosigkeit den Kampf an, was durch eine "weitreichende Verkürzung der allgemeinen Arbeitszeit bei vollem Lohn- und Gehaltsausgleich" zu erreichen sei. Zudem fordert sie einen "gerechten Ausgleich zwischen Arm und Reich", mehr Umweltschutz und die Einführung direktdemokratischer Mittel auf Bundesebene.
Um Ostdeutschland wirtschaftlich anzukurbeln, sollen alle ostdeutschen Bundesländer zusammengelegt und als "Sonderbewirtschaftungszone (SBZ)" geführt werden: "Niedrige Steuersätze, flexible arbeitsrechtliche Regelungen und eine entbürokratisierte und gestraffte Verwaltung sollen den Aufschwung vorantreiben."
Im Wahlprogramm fordert die Partei "Wirecard für alle", was durch Rücklagen finanziert werden soll, von denen die Partei selbst zugibt, dass sie nicht existieren. Vermögen über 10 Millionen Euro sollen eingezogen und umverteilt werden. Die Partei strebt auch an, dass Studenten "wieder in Ruhe 15 Semester studieren" können und erklärt: "Unter 30 sollte man sich vor geregelter Arbeit drücken!"
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