Deutschland

Merkel: Wir müssen mit den Taliban verhandeln

In ihrer Ansprache im Bundestag konstatierte Angela Merkel: "Die Taliban sind jetzt Realität in Afghanistan". Die Bundesregierung werde sich dieser Realität beugen und mit den Taliban verhandeln, um zu bewahren, "was wir in den letzten 20 Jahren in Afghanistan an Veränderungen erreicht haben".

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich für Verhandlungen mit den Taliban in Afghanistan über die Zeit nach dem Abzug der internationalen Truppen ausgesprochen. Gleichzeitig betonte sie in einer Regierungserklärung im Bundestag, dass es "keine unkonditionierten Vereinbarungen" mit den Taliban geben dürfe.

Die CDU-Politikerin räumte ein, dass die Bundesregierung die jüngsten Entwicklungen in Afghanistan falsch eingeschätzt hatte und kündigte eine umfassende Aufarbeitung an. Sie verteidigte aber das umstrittene Vorgehen bei der Aufnahme ehemaliger afghanischer Mitarbeiter von Bundeswehr und Bundesministerien in Deutschland.

Über die rasante Eroberung Afghanistans durch die Taliban und die Evakuierungsaktionen von 26 westlichen Staaten, um ihre eigenen Staatsbürger und schutzsuchende Afghanen auszufliegen, äußerte Merkel:

"Die Entwicklungen der letzten Tage sind furchtbar, sie sind bitter. Für viele Menschen in Afghanistan sind sie eine einzige Tragödie."

Nach Angaben der dpa führt der deutsche Diplomat Markus Potzel bereits seit einigen Tagen in Katar Gespräche mit Taliban-Vertretern über die deutsche Evakuierungsaktion. Da der Militärabzug wegen des Abzugs der US-Streitkräfte bis zum 31. August beendet werden muss, wird nun nach Wegen gesucht, auch danach noch Menschen außer Landes zu bringen.

Die Bundeskanzlerin betonte, dass man nun nicht mehr an den Taliban vorbeikomme, wenn man etwas in Afghanistan erreichen wolle. Das Ziel müsse bleiben, "dass so viel wie möglich von dem, was wir in den letzten 20 Jahren in Afghanistan an Veränderungen erreicht haben, bewahrt wird". Darüber müsse man mit den Taliban sprechen. Merkel konstatierte:

"Die Taliban sind jetzt Realität in Afghanistan. Diese neue Realität ist bitter, aber wir müssen uns mit ihr auseinandersetzen."

Die massive Kritik an dem Umgang der Bundesregierung mit ehemaligen afghanischen Mitarbeitern wies Merkel weitgehend zurück. Man sei in einem Dilemma gewesen. Hätte man "im Frühjahr nicht nur mit dem Abzug der Bundeswehr begonnen, sondern gleich auch mit dem Abzug von Mitarbeitern und Ortskräften deutscher Hilfsorganisationen", dann hätten "manche dies sicher als vorausschauende Vorsicht gewürdigt, andere dagegen als eine Haltung abgelehnt, mit der Menschen in Afghanistan im Stich gelassen und ihrem Schicksal überlassen werden". Merkel betonte, beide Sichtweisen hätten ihre Berechtigung.

Für Merkel steht fest, die Bundesregierung habe damals sehr gute Gründe dafür gesehen, den Menschen in Afghanistan nach dem Abzug der Truppen wenigstens in der Entwicklungszusammenarbeit weiter zu helfen. Es habe sich um "ganz konkrete Basishilfe von Geburtsstationen bis zur Wasser- und Stromversorgung" gehandelt. Die CDU-Politikerin wehrte sich gegen eine Kritik im Nachhinein. Sie machte deutlich, dass man in der damaligen Situation eine Entscheidung habe treffen müssen.

"Hinterher, im Nachhinein alles genau zu wissen und exakt vorherzusehen, das ist relativ mühelos."

Für den schnellen Zusammenbruch in Afghanistan machte Merkel die Sicherheitskräfte des Landes und die politische Führung verantwortlich. Dass der gesamte Einsatz mit der Haltung der USA als militärisch Stärksten im Bündnis stehen und fallen werde, sei immer klar gewesen. Merkel hob hervor, die "Internationale Gemeinschaft" habe erwartet, "dass es Kämpfe mit den erstarkten Taliban geben könnte, nachdem die internationalen Truppen abgezogen sein würden". Dennoch räumte die Bundeskanzlerin ein:

"Unterschätzt aber haben wir, wie umfassend und damit im Ergebnis wie atemberaubend schnell die afghanischen Sicherheitskräfte nach dem Truppenabzug ihren Widerstand gegen die Taliban aufgeben würden, beziehungsweise, dass sie einen solchen Widerstand gar nicht erst aufnehmen würden."

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(rt/dpa)

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