Mobile Teams impfen Schüler in Schleswig-Holstein – Warnung vor "Gruppenzwang"

Nach Mecklenburg-Vorpommern startet heute auch Schleswig-Holstein die Impfaktion mit mobilen Teams. Laut Bildungsministerin Prien soll es dabei keinen "Impfdruck" geben. Anders bewertet das der Kinderärzteverband, der um die "freie und unabhängige Entscheidung" fürchtet.

Seit heute Morgen sind an 250 Standorten in Schleswig-Holstein mobile Teams unterwegs, um Schüler gegen das Coronavirus zu impfen. Nach Angaben des NDR sollen bereits über 10.500 Kinder und Jugendliche für eine Impfung in der Schule angemeldet worden sein. Geimpft wird mit dem Impfstoff von BioNTech/Pfizer.

Die Aktion folgt auf den Kurswechsel der Ständigen Impfkommission (STIKO), die am Montag erklärte, dass auch bei den 12- bis 17-Jährigen "die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen überwiegen". Zuvor hatte sich die STIKO lange Zeit gegen massiven politischen Druck gewehrt, eine Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren auszusprechen.

Von der schleswig-holsteinischen Landesregierung wurde die STIKO-Entscheidung ausdrücklich begrüßt. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach von einem "sehr, sehr wichtigen Signal". Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) hob hervor, dass entgegen der damaligen STIKO-Positionierung in Schleswig-Holstein "bereits seit Ende Juni" für Kinder ab 12 Jahren die Möglichkeit bestehe, "sich in den Impfzentren und bei den Haus- und Facharztpraxen mit einem für sie zugelassenen Impfstoff impfen zu lassen". Laut dem schleswig-holsteinischen Bildungsministerium ist bis heute bereits ein Drittel der 12- bis 17-Jährigen geimpft.

Die nun startende Impfaktion ist Teil des schleswig-holsteinischen Mottos für das Schuljahr 2021/2022 "Schule in Präsenz – aber sicher". Dieses umfasst neben der Impfaktion zahlreiche Corona-Maßnahmen, wie die Maskenpflicht in Innenräumen, Abstand und intensives Lüften. Zudem müssen sich alle nicht geimpften oder von COVID-19 genesenen Schüler zweimal pro Woche testen lassen.

Kein "Impfdruck" oder "Gruppenzwang"?

Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) äußert gegenüber dem NDR, man müsse "weiter aufpassen" und "versuchen, die Pandemie weiter einzudämmen – auch in den nicht geimpften Altersgruppen". Sie betonte, die Impfangebote stünden allen Schülern offen. Man müsse aber "auch bei den Kindern und Jugendlichen respektieren", wenn sie sich nicht für eine Corona-Impfung entscheiden. Prien machte deutlich:

"Nicht so viel Verständnis habe ich, wenn Erwachsene sich nicht impfen lassen, vor allem die, die es auch gesundheitlich können. Wer seine Kinder in der Pandemie schützen will, der muss sich als Eltern impfen lassen. Das gilt für Lehrkräfte und alle, die in Schulen arbeiten sowieso."

Trotz dieses Appells, sich impfen zu lassen, versicherte Prien, es werde kein "Impfdruck" auf die Schüler ausgeübt. Laut der Bildungsministern sei dieser Eindruck erweckt worden, weil die Lehrer Unterlagen ausgeteilt hätten, die für die Impfungen nötig seien. Es sei ein Missverständnis, damit solle keine Beeinflussung stattfinden.

Anders bewertet der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte die Durchführung von Corona-Impfungen an den Schulen. Der Bundessprecher des Verbandes und Kinderarzt Jakob Maske sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND):

"Die Jugendlichen stehen in den Schulen sehr stark unter Gruppenzwang, sodass eine freie und unabhängige Entscheidung schwierig wird."

Zudem sei es laut Maske problematisch, dass die mobilen Teams die Kinder und Jugendlichen nicht kennen würden. Daher rät er dazu, Impfungen "beim eigenen Kinder- und Jugendarzt" durchzuführen, denn dieser kenne die Familie und das Umfeld und könne "die Eltern besser beraten, ob die Impfung für die Familie sinnvoll ist oder nicht".

Der Deutsche Lehrerverband begrüßt die Impfaktionen an Schulen. Laut Verbandschef Heinz-Peter Meidinger werde damit die "Sicherheit an den Schulen" erhöht. Er betonte gegenüber dem RND:

"Wir haben nicht die Befürchtung, dass dadurch Konflikte in die Schulen hineingetragen und ein Gruppendruck auf nicht impfwillige Schüler, beziehungsweise deren Eltern, ausgeübt werden könnte."

Impfungen an den Schulen bald bundesweit?

Neben Schleswig-Holstein planen auch andere Bundesländer, Impfaktionen mit mobilen Teams an den Schulen durchzuführen (so etwa Bremen, Hamburg und Niedersachsen) beziehungsweise haben bereits damit angefangen, wie etwa Mecklenburg-Vorpommern seit Dienstag. Nach Angaben der dpa prüfen die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern und Thüringen derzeit noch, ob sie Impfaktionen an den Schulen durchführen wollen.

Kritik an den Schulimpfungen kommt von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) – insbesondere an der Gefahr, dass eine Impfung zur Voraussetzung für die Teilnahme am Unterricht werde könne. Die GEW-Vorsitzende Maike Finnern machte gegenüber dem RND deutlich:

"Impfen kann kein Angebot der Schule werden oder sein, dafür muss externes und medizinisches Personal zur Verfügung stehen."

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