Deutschland

Handelsverband präsentiert Zehn-Punkte-Plan zur Rettung des Einzelhandels

Der deutsche Einzelhandelsverband fordert ein milliardenschweres Hilfsprogramm für rund 120.000 bedrohte Händler. Dazu gehören Sonntagsöffnung, ein 100-Millionen-Digitalfonds, 500 Millionen für die Innenstadtstabilisierung und ein City-Bonus.
Handelsverband präsentiert Zehn-Punkte-Plan zur Rettung des EinzelhandelsQuelle: www.globallookpress.com © Ralph Peters via www.imago-images.de

Der coronabedingte Lockdown hat den Einzelhandel so hart getroffen wie kaum eine andere Branche. In einem Zehn-Punkte-Plan fasst der Handelsverband HDE die zentralen Initiativen und Maßnahmen zusammen, die der künftige Bundestag aus Sicht des Einzelhandels auf den Weg bringen sollte:

1. City-Bonus: Die Ausgabe eines staatlich finanzierten City-Bonus an alle Bürgerinnen und Bürger, ein Gutschein in Höhe von 200 Euro, der nur in bestimmten stationären Betrieben, die von den Schließungen unmittelbar betroffen waren, einlösbar ist.

2. Digitalisierungsfonds: Rund 150.000 Unternehmen setzen heute bereits auf den Onlineverkauf. Etwa 60 Prozent der Handelsunternehmen können derzeit nicht in ihre Zukunft investieren. 40 Prozent des Mittelstands im Einzelhandel haben für 2021 keine Investitionen geplant. Einen Digitalisierungsfonds in Höhe von 100 Millionen Euro soll  als staatliche Modernisierungshilfe für Unternehmen aufgelegt werden.

3. Verlässliche Sonntagsöffnungen: Ein Sonderprogramm Innenstadtstabilisierung mit jährlich mindestens 500 Millionen Euro für eine Laufzeit von fünf Jahren soll gemeinschaftliche innovative Konzepte, städtebauliche Aufwertungen sowie kleinteilige Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung und Modernisierung bestehender und neuer Ladengeschäfte, Gastronomie-, Kultur-, Bildungs-, Freizeit- und Sozialeinrichtungen fördern. Zusätzliche Sonntagsöffnungen können einen wichtigen Beitrag leisten. Kurzfristig sollte es daher möglich sein, die restlichen Sonntage im diesem Jahr zu öffnen. So könnten die durch die Ladenschließungen entgangenen Umsätze zumindest teilweise kompensiert werden. 

4. Wachstumsagenda statt Steuererhöhungen: Sonderlasten wie eine Digitalsteuer wären nicht hilfreich. Sie behindern zum einen die wirtschaftliche Entwicklung und treffen zum anderen oftmals gar nicht die gemeinte Zielgruppe. 

5. Wettbewerbsfairness in der Plattformökonomie sicherstellen: Zoll und Marktüberwachung müssen gestärkt und digital auf Augenhöhe gebracht werden. Der Zoll muss ertüchtigt werden, um Direktimporte per Paketversand von Nicht-EU-Händlern nach Deutschland besser und umfänglicher kontrollieren zu können. Dies kann durch maschinenlesbare Codes oder RFID-Chips geschehen, die eine automatische Identifizierung des Absenders ermöglichen. Die Marktüberwachung des globalen Online-Handels muss auf Bundesebene konzentriert werden. Eine Kennzeichnung von Nicht-EU-Händlern auf in der EU ansässigen Plattformen ist zu prüfen, da bei 60 Prozent aller Online-Bestellungen bei ausländischen Anbietern, der Verbraucher dort unwissentlich bestellt.

6. Entfesselungsoffensive: Deutschland muss die Spirale der sich gegenseitig verstärkenden Regulierungsintensität des nationalen Gesetzgebers und der EU-Gesetzgebung durchbrechen. Bei bestehenden europäischen Gesetzgebungsvorhaben sollte der nationale Gesetzgeber darauf verzichten, die auf der EU-Agenda befindlichen Themen vorab einer nationalen gesetzlichen Regelung zuzuführen. EU-Regeln sind eins-zu-eins umzusetzen. Das hohe Regulierungsniveau belastet die Unternehmen, ohne immer einen praktischen Beitrag zur Optimierung des Verbraucherschutzes zu leisten. Diese Fehlentwicklung erfordert eine Deregulierungsoffensive des Gesetzgebers. Da das Verbraucherschutzrecht europarechtlich geprägt ist, muss sich Deutschland für eine grundlegende Evaluierung des Verbraucherschutzrechts und für eine Entschlackung des Regelungsrahmens einsetzen.

7. Energiewende fair finanzieren: Wir brauchen eine Exit-Strategie für die EEG-Umlage. Die Finanzierung des Ausbaus Erneuerbarer Energien sollte direkt aus dem nationalen und europäischen CO2-Preis gezahlt werden. Die Umlage bittet Privatverbraucher und Handelsunternehmen überproportional zur Kasse. Die Finanzierung über einen CO2-Preis stellt sicher, dass der, der viel CO2 erzeugt, auch entsprechend bezahlen muss. Die CO2-Vermeidung ist im Gegensatz zur EEG-Umlage fair und berechenbar.

8. Globale Lieferketten-Verantwortung international ausgestalten: Europa muss seiner Verantwortung und seinem globalen Einfluss gerecht werden. Um die systembedingten Herausforderungen in Bezug auf die Menschenrechte wirksam anzugehen und um eine Wirkung in den Produktionsländern zu erzielen, bedarf es langfristig eines einheitlichen internationalen Regelwerks, das allen Akteuren in den globalen Lieferketten zugutekommt. Eine europäische Regulierung zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht kann ein wichtiger Bestandteil auf dem Weg hin zu einer solchen internationalen Lösung sein. Eine harmonisierte europäische Lösung ist notwendig, um Wettbewerbsverzerrungen im europäischen Binnenmarkt zu verhindern. 

9. Tarifautonomie achten und stärken: Die Sozialpartner brauchen mehr Handlungsspielraum, um im vollen Umfang gestalterisch tätig werden zu können. Den Tarifvertragsparteien muss durch zusätzliche Öffnungsklauseln die Möglichkeit eingeräumt werden, in Tarifverträgen vom gesetzlichen Status quo abzuweichen. Erforderlich ist auch die Schaffung einer "modularen Tarifbindung", bei der bislang nicht tarifgebundene Arbeitgeber auch nur einzelne Module aus einem gesamten Tarifwerk übernehmen könnten. Eine Erleichterung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Allgemeinverbindlichkeit (AVE) von Tarifverträgen lehnt der HDE strikt ab. Die AVE stellt einen massiven Eingriff in die Tarifautonomie und eine Einschränkung der negativen Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG dar, die eine Ausnahme bleiben muss und einer besonderen Rechtfertigung bedarf.

10. Fachkräfte für die Zukunft qualifizieren: Die Einzelhandelsunternehmen sind auf beruflich qualifizierte Fach- und Führungskräfte angewiesen, um die Wettbewerbsfähigkeit auch zukünftig zu sichern. Trotz der Corona-Pandemie haben deshalb viele Einzelhändler ihr Stellenangebot für Ausbildungsplätze gehalten oder sogar ausgebaut. Ihr großes und vielfältiges Ausbildungsangebot müssen die Handelsunternehmen in Zukunft auch mit ausreichend Bewerbern besetzen können. Deshalb muss die Politik die Chancen der beruflichen Bildung endlich deutlicher hervorheben. Notwendig sind auch Investitionen in die Qualität der Bildung und die Berufsorientierung über alle Schulformen hinweg. Digitale Berufsorientierungsangebote sind auf- und auszubauen.

Durch die zunehmende Digitalisierung der Betriebe und den Ausbau von Online-Angeboten muss die Politik auch die berufliche Weiterbildung als Aspekt des lebenslangen Lernens stärker bewerben und finanziell unterstützen. Für den Online-Handel setzen die neu geschaffene Ausbildung Kaufmann im E-Commerce sowie die ebenfalls neu geschaffene Fortbildung Fachwirt im E-Commerce bereits Maßstäbe.

Auch wenn die Corona-Pandemie mit dem Rückgang der Infektionszahlen zunehmend aus dem Blickfeld der öffentlichen Wahrnehmung gerate, sei eine vierte Infektionswelle trotz hoher Impfquoten aufgrund neuer aggressiverer Mutanten nicht auszuschließen. Daher sollten Bund und Länder Vorsorge treffen und in enger Abstimmung mit der Wirtschaft eine Präventionsstrategie gegen einen erneuten Lockdown entwickeln, in die die Lehren und Erkenntnisse aus dem bisherigen Pandemiemanagement einfließen. Ein erneuter monatelanger Lockdown ohne Perspektive und Planungssicherheit müsse zukünftig unbedingt verhindert werden, so der Handelsverband.

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