Deutschland

Immer mehr Polizisten wollen weg aus Berlin: Interview mit Benjamin Jendro (GdP)

Immer mehr Polizisten wollen weg aus Berlin. Im Interview mit RT DE spricht Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei über die Gründe. Neben hohen Belastungen im Dienst spielt die mangelhafte Anerkennung durch die Regierenden eine Rolle.

Chronisch unterfinanziert, zu wenig Personal und unsichere Dienstpläne: Immer mehr Polizisten bewerben sich – weg aus Berlin. Im vergangenen Jahr wurden 150 Anträge auf Versetzung in ein anderes Bundesland gestellt. Neben privaten Gründen ist eine wesentliche Ursache dafür auch in den schlechten Arbeitsbedingungen in der Hauptstadt zu sehen. Viel Arbeit, wenig Lohn und Ehre.

"Manche wollen den Dienstherren wechseln, weil die Verdienstmöglichkeiten zum Beispiel in Brandenburg wesentlich besser sind als in Berlin", so Jendro. "Wieder andere wollen eben vor allem auch weg, weil die Arbeitsbelastung hier natürlich immens ist." Denn: In Berlin finden die meisten Großveranstaltungen und Demonstrationen statt – Tendenz steigend. Hinzu kommen die zunehmende Organisierte Kriminalität sowie die Tatsache, dass Berlin in wachsendem Maße auch zur Zielscheibe internationaler terroristischer Gruppierungen wird. Aufgaben wie die Absperrung von Straßen oder das Räumen von Obdachlosenlagern in öffentlichen Parks kommen hinzu.

Die steigende Zahl an Versetzungsanträgen in andere Bundesländer zeige eine gewisse Unzufriedenheit, die den politisch Verantwortlichen zu denken geben müsse. "Da sollte man vielleicht mal ein bisschen nachjustieren, damit die Leute nicht wegwollen, sondern hierher wollen", meint Benjamin Jendro.

Neben den praktischen Gesichtspunkten Gehalt, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie Stressbelastung durch die Fülle der Aufgaben nimmt der gesellschaftliche Druck zu: Immer häufiger stehe die Polizei in der Kritik – wegen des scheinbar unverhältnismäßigen Einsatzes von Gewalt, Racial Profiling oder Rechtsextremismus. "Das ist zu Recht eine Debatte, die auch in der Gesellschaft geführt wird, der sollten wir uns auch nicht versperren", erklärt Jendro. "Es ist aber schon so, dass das natürlich auch etwas mit den Menschen macht. Gerade diese Vorwürfe: Alles Rechtsextreme!"

Wachsende Kritik aus Politik und Gesellschaft

"Leider wird in solchen Debatten auch oftmals in Schubladen gedacht. Das heißt, wenn einer rechtsextremes Gedankengut an den Tag legt, dann heißt es immer gleich, dass 26.000 Beschäftigte das an den Tag legen und in der Polizei sowie nur Nazis zu finden sind. Das ist auch etwas, was mit den Kolleginnen und Kollegen etwas macht." Von den Politikern kämen ebenso oft Vorwürfe – Lob hingegen eher selten. Die fehlende Wertschätzung auch auf politischer Ebene führe durchaus dazu, dass sich der eine oder andere wegbewerben möchte.

Eine Rolle spielt in diesem Kontext auch das im letzten Jahr in Kraft getretene Antidiskriminierungsgesetz. Dieses Gesetz ermöglicht es Bürgern nun, sich bei der LADS-Ombudsstelle zu melden, wenn sie sich durch Behörden des Landes, also auch die Polizei, diskriminiert gefühlt haben. Bereits im Vorwege des Gesetzes befürchteten Kritiker, dass es zu einer Flut von Beschwerden gegen die Behörden kommen werde.

Diese Flut blieb aus: Insgesamt gingen bei der Ombudsstelle 315 Beschwerden ein, 38 davon bezogen sich auf die Polizei. In fünf Fällen wurde befunden, dass die Beschwerde berechtigt gewesen sei, dass also tatsächlich eine Diskriminierung durch die Polizei vorlag. Wie aber kann evaluiert werden, ob eine gefühlte Diskriminierung eine Fakten-Basis hat? Wie können Polizeibeamte belegen, dass ihrem Verhalten keine Diskriminierung zugrunde lag?

Gar nicht so einfach, meint auch Benjamin Jendro. Zwar fehlten aktuell noch die konkreten Erfahrungen, da das Gesetz sehr frisch sei und es bisher keine Klage gegeben habe. Dennoch sei zu befürchten, dass diese neue gesetzliche Grundlage die Polizeiarbeit auf der Straße verkompliziere. Wie genau sich das Antidiskriminierungsgesetz auf die konkrete Arbeit der Polizisten im Alltag auswirkt, wird sich also erst im Laufe der nächsten Monate und Jahre zeigen. 

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