Grüne-Spitzenpolitiker weisen Habecks Vorstoß für Waffenlieferung an Bürgerkriegsland Ukraine zurück
Nach seiner Befürwortung von Waffenlieferungen an die Ukraine wächst die Kritik an Grünen-Chef Robert Habeck auch in den eigenen Reihen. So sagte der frühere Parteivorsitzende Jürgen Trittin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), das widerspreche dem Grundsatz der Grünen. Man schicke keine Waffen in Kriegsgebiete.
Trittin machte zudem deutlich, dass der Konflikt nur politisch zu lösen sei und zwar anhand von Lösungen, die auch seitens anderer europäischer Länder unterstützt werden.
Der Konflikt in der #Ukraine wird nicht mit Waffenlieferungen sondern nur mit Umsetzung des Abkommens von Minsk zu lösen seinhttps://t.co/yrYleF0Rl4
— Jürgen Trittin (@JTrittin) May 26, 2021
"Waffenexporte in die Ukraine würden unserem Grundsatz widersprechen, dass wir keine Waffen in Kriegsgebiete exportieren", sagte Trittin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. "Die bisherige gemeinsame europäische Position ist, dass der Konflikt in der Ukraine nur politisch zu lösen ist und nicht militärisch. Waffenlieferungen untergraben die Umsetzung des Abkommens von Minsk weiter."
Weiter warnte Trittin, dass selbst wenn es verständlich sei, "dass die Not der Menschen vor Ort den Wunsch nach Unterstützung wachsen" lasse, würden Waffen nie nur defensiv und leicht über die von Habeck hervorgehobenen Verteidigungszwecke hinaus eingesetzt werden:
"Jede Abwehrwaffe kann auch offensiv genutzt werden. Im Vordergrund muss stehen, die Aufklärungsmöglichkeiten der OSZE zu stärken – und nicht einseitig die einer Konfliktpartei."
Grünen-Chef Robert Habeck hatte sich bei einem Besuch in der Ukraine – bekleidet mit Helm und Schutzweste – dafür ausgesprochen, für den Widerstand gegen "die russische Intervention im Osten des Landes" Abwehrwaffen zu liefern. Er sagte gegenüber dem Deutschlandfunk: "Wird ein Land wie die Ukraine angegriffen, könne man ihm nicht verwehren, sich zu verteidigen."
Die Rüstungsexpertin der Grünen, Katja Keul, äußerte ähnliche Bedenken. Ebenso die designierte grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerboch. Diese bekräftigte am Mittwochabend die ablehnende Haltung ihrer Partei zu Waffenlieferungen in Kriegsgebiete: "Das steht auch in unserem Programm, und das sehen wir als Parteivorsitzende beide so", erklärte sie in der ARD-Sendung Maischberger. Die Woche.
Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, sagte laut dem RND, dass Waffenlieferungen in die Ukraine "nicht auf der Tagesordnung" stünden, SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich stellte die Regierungsfähigkeit und die Aufrichtigkeit der Grünen in Frage.
Politiker von CDU, FDP und Linken warnten vor einer weiteren Eskalation des Konflikts mit Russland um die Ost-Ukraine. Der Konflikt sei nicht mit Waffen zu lösen, sagte etwa die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP, Marie-Agnes Strack Zimmermann. Roderich Kiesewetter, ehemaliger Generalstabsoffizier und CDU-Bundestagsabgeordneter, kritisierte Habecks Forderung nach Waffenlieferungen an die Ukraine ebenfalls.
Sevim Dağdelen, Außenpolitikerin der Linken, betonte am Dienstag, ihre Partei spreche sich gegen "grünes Zündeln in der Ukraine durch deutsche Waffenlieferungen" aus und meinte, dieser aktuelle Standpunkt des Grüne-Vorsitzenden entlarve "die bellizistischen ... Grundzüge der grünen Außenpolitik gegenüber unliebsamen Staaten". Am Mittwoch bezeichnete sie Habecks Frontbesuch als "außen- und sicherheitspolitischen Offenbarungseid". "Wer von Russland-Hass verblendet die ultrarechten Milizen in der Ukraine ignoriert und behauptet, das Land verteidige die Sicherheit Europas und müsse daher aufgerüstet werden, ist eine reale Gefahr für die Sicherheit in Deutschland und Europa."
Habeck hatte in einem Interview im Deutschlandfunk am Mittwoch angesichts der breiten Kritik nachgelegt und beteuert, es gehe um den Schutz der Bevölkerung, außerdem verteidige die Ukraine auch die Sicherheit Europas. "Die Ukraine kämpft hier nicht nur für sich selbst, sie verteidigt auch die Sicherheit Europas", meinte Habeck.
"Die Ukraine fühlt sich sicherheitspolitisch alleingelassen, und sie ist alleingelassen", beteuerte Habeck. Nicht zu "helfen", sei Habeck zufolge eine Einladung an Russland, auch andere Konflikte zu eskalieren. In der Lieferung von Defensivwaffen an die Ukraine sehe er keinen Widerspruch zum Grünen-Parteiprogramm.
Zustimmung erhielt Habeck mit seiner umstrittenen Forderung von Dr. Tobias Bunde, Leiter Politik und Analyse der Münchner Sicherheitskonferenz, der bereits 2017 dafür plädierte, der deutschen Bevölkerung eine Aufrüstung per kommunikativer Mogelpackung zu "verkaufen". Wissend, dass der Rückhalt zur Verteidigung eines Bündnispartners "gegen russische Aggression" unter der deutschen Bevölkerung gering sei, befürwortete Bunde die Nutzung eines "erweiterten Sicherheitsbegriffs", mit dem mindestens drei Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts für Außen-, Entwicklungs- und Verteidigungspolitik ausgegeben werden könnte.
Vor dem Hintergrund aktuell zunehmender militärischer Aktivitäten der USA in der Ukraine und am Schwarzen Meer betonte Russlands Außenminister Sergei Lawrow jüngst, dass Investitionen in die ukrainische Armee nicht gut für einen möglichen Frieden im Donbass seien. Allein im Jahr 2021 seien sieben gemeinsame Militärübungen mit NATO-Ländern auf dem Territorium der Ukraine geplant. Dass die Militarisierung der Ukraine nicht dazu beiträgt, den Konflikt im Donbass zu lösen, verstehe sich von selbst, so Lawrow sinngemäß in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der Moskauer Zeitung Argumenty i Fakty. Auch Lawrow sieht den besten Weg zum Frieden darin, dass Kiew sich an das Minsker Protokoll hält.
Für Manuel Sarrazin, Sprecher für Osteuropa bei den Grünen, der Habeck begleitet hatte, steht, obwohl er eine unübersichtliche Lage eingesteht, bereits fest: "Wer nicht versteht, dass sich die Ukraine verteidigen darf und muss, wird die ukrainische Seite auch nicht dazu bewegen können, den Waffenstillstand besser einhalten zu können."
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