Deutschland

Finanzminister Olaf Scholz meidet das Unwort: Steuererhöhung

Bundesfinanzminister Scholz nimmt als Kanzlerkandidat vor der Wahl das Unwort nicht direkt in den Mund, meint es aber, wenn er sagt: "Die bis 2025 nötigen Mehreinnahmen werden nicht alle aus Wachstumsprozessen zustande kommen."
Finanzminister Olaf Scholz meidet das Unwort: SteuererhöhungQuelle: www.globallookpress.com © via www.imago-images.de/www.imago-images.de

von Stephan Fein

Die vom Kabinett beschlossene Etatplanung wird auch Olaf Scholz (SPD) nur mittels höherer Steuern finanzieren können – wenn er dann noch im Amt sein sollte. Dabei sind in dem Eckpunkteprogramm bisher die Sozialausgaben nur teilweise erfasst. Der Finanzbedarf wird eher größer werden, wenn es der nächsten Regierung gelingen soll, die Sozialbeiträge bei 40 Prozent des Bruttolohns zu halten. Mit weiteren zweistelligen Milliardenbeträgen sollte man schon rechnen.

Automatisch steigende Einnahmen – und damit weniger Schulden – sind ein eher utopisches Bild. Und doch prognostiziert Scholz genau das. Mehrausgaben will er mit "einem gerechteren und faireren Steuersystem" regeln. Vor der Bundestagswahl den Mitgliedern seiner eigenen Partei höhere Einkommensteuern für Gutverdiener, höhere Steuern für Unternehmenserben und eine Vermögensteuer abzuringen, wird ohnehin schwer. Der SPD-Vorstand hat seinen Entwurf beschlossen, wie es auch in seinem Wahlprogramm steht.

Das neue Haushaltspaket umfasst einen Nachtragsetat für 2021, der den diesjährigen Ausgabenrahmen auf den Rekordwert von 547,7 Milliarden Euro und die Neuverschuldung auf 240 Milliarden Euro erhöht. Letztere steigt um rund  60 Milliarden Euro stärker, als es bisher geplant war. Was die Eckwerte der neuen Planung für 2022 und den Rahmenplan bis 2025 angeht, so werden dabei Ausgaben von 419,8 Milliarden Euro für 2022 vorgesehen. Aus dem Gesundheitsministerium ist zu hören, dass dieser Rahmen kaum einzuhalten sei, sollte die künftige Regierung nicht hart an Sozialausgaben sparen. Allein auf Kranken- und Pflegeversicherungen entfallen 2022 rund 18 Milliarden Euro. Bis 2025 würde der Zuschussbedarf allein für diese Posten auf 27,5 Milliarden Euro steigen. Zusammen mit weiteren Posten droht hier eine Lücke von insgesamt 25,8 Milliarden Euro für 2022 und 35,5 Milliarden Euro für 2025.

Ohne massive Rentenkürzung oder eine Beitragserhöhung auf 20 Prozent wird es auch in diesem Sektor nicht gehen. Im November 2020 hatte die Regierung für 2024 einen Beitragssatz von 19,9 Prozent vorausberechnet. 

Scholz sagte zu seiner Finanzplanung nur kurz: "Der heute berechenbare Finanzbedarf ist berücksichtigt." Zugleich zeichnete er ein insgesamt positives Bild der Staatsfinanzen. Beispielsweise werde die deutsche Staatsverschuldung Ende 2021 – trotz der Schulden – kleiner sein als nach der Finanzkrise 2008/09: mit 75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) werde die Schuldenquote dann etwa 7 Prozentpunkte geringer sein als 2010.

Scholz wies auch darauf hin, dass Deutschland immer noch besser dastehe, als die anderen sechs Industrieländer der G7-Gruppe vor der Krise dagestanden hätten.

Die zentrale Begründung für den Nachtragshaushalt 2021 sind die Mehrausgaben für Unternehmenshilfen in der Pandemie in Höhe von 25,5 Milliarden Euro sowie Mehrausgaben im Gesundheitsbereich, darunter 6,2 Milliarden Euro zur Beschaffung von Impfstoffen, erläuterte der Minister. Dem stehe gegenüber, dass die Spielräume im Etat des vergangenen Jahres nicht ausgeschöpft worden wären – dieser hätte bis zu 219 Milliarden Euro neue Schulden erlaubt, tatsächlich nahm der Bund davon nur 130 Milliarden Euro auf. Im Ergebnis, so Scholz, falle die Schuldenaufnahme daher nun selbst mit dem neuen Nachtragshaushalt von 60 Milliarden Euro kleiner aus als gedacht.

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) kritisiert die aktuellen Haushaltsplanungen der Bundesregierung scharf. Denn für die Bundesregierung bestehe Haushaltspolitik offenbar nur aus einer einzigen Aktivität: Schulden, Schulden, nochmals Schulden. Obwohl sich im Bundesetat Tausende einzelner Ausgaben-Titel fänden, habe Finanzminister Olaf Scholz im aktuellen Nachtragshaushalt über 548 Milliarden Euro für 2021 nicht einen einzigen Programm-Titel der Bundesministerien zur Disposition gestellt. Stattdessen würden Finanzlücken erneut vollständig mit neuen Schulden übertüncht. Weil sich die strukturellen Defizite im Bundeshaushalt in den Jahren 2022 bis 2025 auf 200 Milliarden Euro summieren würden, sei Sparen zwingend geboten. Diese Haushaltslöcher könnten nur zum Teil durch Neuverschuldung und die Auflösung von Rücklagen gedeckt werden. Deshalb sei eine Rotstift-Politik mit System unumgänglich – die Defizite seien nicht nur den hohen Krisenkosten geschuldet, sondern auch den teuren Ausgabenbeschlüssen der großen Koalition aus den Jahren vor 2020.

Der Bund der Steuerzahler nennt die  fünf wichtigsten Fakten der Verschuldungspolitik im Bund:

1. Die Nachtragshaushalts-Pläne der Regierung für das laufende Jahr sehen eine Finanzierung der Ausgaben zu 44 Prozent über neue Schulden vor. Der Neuverschuldungs-Rekord des Vorjahres mit 130,5 Milliarden Euro werde dadurch in diesem Jahr pulverisiert.

2. Die geplante Neuverschuldung von 240,2 Milliarden Euro in diesem Jahr basiere im Wesentlichen auf Notlagen-Schulden im Rahmen der Schuldenbremse. Diese Ausnahme-Schulden beliefen sich auf 213,3 Milliarden Euro (89 Prozent der Gesamt-Neuverschuldung) – dagegen betrage die regulär zulässige Neuverschuldung aufgrund konjunktureller Schwankungen nur 26,9 Milliarden Euro (11 Prozent).

3. Die Schuldenuhr Deutschlands des Bundes der Steuerzahler werde aufgrund der höheren Neuverschuldung des Bundes in diesem Jahr schneller ticken – der sekündliche Schuldenzuwachs steige von 6.855 auf 8.740 Euro.

4. Während mehrere Bundesländer schon in diesem Jahr wieder die Regel-Grenzen der Neuverschuldung im Rahmen der Schuldenbremse einhalten würden – Hessen plane sogar, Corona-Schulden ab diesem Jahr zu tilgen – marschiere die Bundesregierung mit ihren Schulden-Plänen in die komplett entgegengesetzte Richtung. 

5. Auf Basis der aktuellen Schuldenpolitik der Regierung würde die Kreditmarkt-Verschuldung des Bundeshaushalts zwischen 2020 und 2025 um knapp 50 Prozent steigen – von rund 1.000 Milliarden auf dann 1.500 Milliarden Euro. Hinzu kämen ebenfalls kräftig steigende Schulden diverser Sondervermögen.

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