Wegen Umgang mit RT in Deutschland: Moskau droht mit "harten Gegenmaßnahmen gegen deutsche Medien"
Russland hat Einschränkungen für sein staatliches Medium RT in Deutschland beklagt und im Gegenzug in Moskau akkreditierten deutschen Medien Konsequenzen angedroht. "Wir rufen Berlin mit vollem Ernst dazu auf, ein normales Funktionieren von RT zu gewährleisten", sagte Maria Sacharowa als Sprecherin des Außenministeriums der Deutschen Presse-Agentur in Moskau.
Sie erklärte laut dpa, dass Banken auf deutschen Behördendruck die Eröffnung eines Geschäftskontos für RT DE ablehnen würden. Es müssten umgehend alle einschränkenden Maßnahmen für das Medium beendet werden.
"Im anderen Fall sehen wir uns gezwungen, harte Gegenmaßnahmen für die in Russland arbeitenden deutschen Medien zu ergreifen."
Welche konkreten Schritte gegen deutsche Medien in Russland geplant seien, sagte Sacharowa nicht. "Wir hoffen immer noch auf eine gütliche Lösung." Ziel sei es, eine Eskalation zu vermeiden. Bisher sei Berlin nicht auf die Kritik aus Moskau am Umgang mit RT in Deutschland eingegangen, beklagte die Ministeriumssprecherin.
Russland kritisiert, dass die bisherige Geschäftsbank der RT DE Productions GmbH zum Ende vom Monat Mai dieses Jahres das jahrelang bestehende Konto schließen werde. Dutzende deutsche und internationale Banken hätten eine Zusammenarbeit mit RT DE ebenfalls abgelehnt, sagte Sacharowa. RT gehört zur russischen staatlich finanzierten Medienholding Rossija Sewodnja (Russland heute).
Russland beklagt eine Zunahme des politischen Drucks, seit RT DE unlängst ankündigte, das bisher per Internet verfügbare Programm von RT DE nach sechs Jahren Vorbereitung zu einem vollwertigen deutschsprachigen TV-Sender auszubauen. Im Dezember wolle RT DE in Berlin live auf Sendung gehen, hieß es.
Probleme mit den Banken: Hintergrund
Ende Februar informierte die Commerzbank sowohl die Ruptly GmbH als auch die RT DE Productions GmbH darüber, dass die Bankkonten beider Unternehmen zum 31. Mai 2021 geschlossen werden. Die Ankündigung erfolgte knapp einen Monat nach der Bekanntgabe der Pläne von RT DE zum Aufbau eines vollwertigen Fernsehsenders in Deutschland.
Bereits Ende November 2020 erhöhte die Commerzbank die Gebühren für Bankdienstleistungen, wie etwa Geldüberweisungen oder die reine Kontoführung. Zudem führte die Bank eine jährliche Gebühr im Umfang von 0,3 Prozent vom Saldo am Jahresende ein. Die neuen Regelungen sollten bereits drei Tage später in Kraft treten, was unter anderem die im Vertrag verankerte Ankündigungsfrist verletzte.
In den Monaten nach der ersten Ankündigung der Commerzbank über die Änderung der Gebührenordnung schickte Ruptly Anträge auf Kontoeröffnung an mehrere deutsche Banken sowie an europäische Banken, die ihre Vertretungen in Deutschland haben, darunter die Helaba, die Deutsche Bank, die DZ Bank, BNP Paribas, ING, HSBC, UBS und die HypoVereinsbank (UniCredit). Die meisten Anträge wurden abgelehnt, die restlichen blieben unbeantwortet.
Kontakte zur Bundesregierung
Am 4. März gab das russische Außenministerium eine Erklärung ab, in der es hieß, der Stellvertretende Außenminister der Russischen Föderation Wladimir Titow habe mit dem Staatssekretär im deutschen Auswärtigen Amt Miguel Berger gesprochen und "die Aufmerksamkeit auf die Probleme" von RT in Deutschland gelenkt, was die Weigerung der deutschen Banken betrifft, dem Unternehmen Finanzdienstleistungen zu erbringen. Die russische Seite sagte, die Situation sei "inakzeptabel" und könne zu Gegenmaßnahmen gegenüber den deutschen Medien in Russland führen.
Bei der Bundespressekonferenz am 5. März wurde um eine Stellungnahme der Bundesregierung zu der Kontenschließung von RT DE durch die Commerzbank gebeten. Regierungssprecher Steffen Seibert antwortete knapp wie inhaltsleer: "Mein Kommentar dazu ist: Kein Kommentar". Das sei nichts, was die Bundesregierung betreffe.
Auch ein Pressesprecher des Auswärtigen Amtes, Christofer Burger, wies darauf hin, "dass die Bundesregierung in keiner Weise auf die Commerzbank im Sinne einer Beendigung der Geschäftsbeziehungen hingewirkt hat". Und er führte weiter aus: "Wir haben auch keine Kenntnis von sonstigen Geschäftskonten von Russia Today. Insofern geht auch die Drohung von russischer Seite mit harten Vergeltungsmaßnahmen völlig an der Sache vorbei."
Im Zuge der Finanzkrise war der Bund vor über zehn Jahren mit 25 Prozent plus einer Aktie bei der Commerzbank eingestiegen. Derzeit hält die Bundesrepublik Deutschland noch 15,6 Prozent der Anteile an der Commerzbank und ist damit weiterhin deren größter Aktionär.
Reaktion von Heiko Maas
Bundesaußenminister Heiko Maas hat die Warnung des russischen Außenministeriums, möglicherweise "Gegenmaßnahmen für die in Russland arbeitenden deutschen Medien zu ergreifen", scharf kritisiert.
"Die Pressefreiheit ist keine Verhandlungsmasse. Das haben wir der russischen Seite heute auch unmissverständlich mitgeteilt", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur und dem Spiegel. Medien müssten im Ausland unabhängig und frei über die Geschehnisse vor Ort berichten können.
"In Deutschland ist das möglich, und das muss auch in Russland der Fall sein", meinte er noch.
Staatssekretär Miguel Berger telefonierte am Mittwoch auch mit Sergei Netschajew, der seit Januar 2018 der außerordentliche und bevollmächtigte Botschafter der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland ist, um ihm die Position der Bundesregierung zu verdeutlichen.
Reaktionen in russischen Medien
Am Wochenende haben die zwei größten russischen Fernsehkanäle ausführlich über das Thema berichtet. "Die deutschen Behörden haben begonnen, die Arbeit von RT auf ihrem Territorium zu blockieren. Sie beschlossen, mit der Sperrung von Konten zu beginnen", hieß es beim staatlichen Sender Rossija 1.
Der Korrespondent vor Ort in Deutschland verglich den Umgang mit RT DE mit der Kampagne zum Stopp des Gaspipelineprojekts Nord Stream 2. Als eine weitere Form der Behinderung sprach er auch die einschlägigen Appelle an deutsche Politiker an, RT DE möglichst grundsätzlich keine Interviews zu geben.
Dennoch sei es in Deutschland unmöglich, unverblümt ein Problem für die russischen Medien zu schaffen und zugleich den selbst oft erklärten Werten (der Pressefreiheit) verpflichtet zu bleiben. "Deshalb beginnen – parallel zur Medienkampagne – seltsame Dinge zu passieren", sagte er im Hinblick auf die von der Commerzbank angekündigte Kontoschließungen.
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