Verwechslung von Berichterstattung mit Spionage?
Oberflächlich betrachtet, erscheint es wie eine sensationelle Geschichte – mit allen Schlagwörtern, die den Leser einfangen sollen: Spion, Staatsfeind Nr. 1, Russland. Daniel Lange, ein RT-DE-Mitarbeiter, behauptet gegenüber der Bild-Zeitung, er sei als Spion für den Sender eingesetzt worden – um Alexei Nawalny auszuspionieren, als dieser sich in der Berliner Charité aufhielt. Alle von ihm gesammelten Informationen habe er direkt in die Hände des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegeben. Eine Sensation?
Beim genaueren Hinsehen wirkt die Geschichte nicht mehr so sensationell. Die sogenannten Beweise scheinen eher aus einem Handbuch namens "Journalismus für Anfänger" entnommen zu sein. Lange versucht, seine Behauptungen mittels Screenshots von Chat-Gesprächen mit seinen Vorgesetzten zu belegen. Solche Chats sind aber normale journalistische Praxis und zudem gefüllt mit langweiligen logistischen und produktionstechnischen Details.
Fakt ist: Lange wurde gebeten, in die Charité zu gehen und journalistisches Material zu sammeln – das nennt man Investigativjournalismus, dafür war Lange bei RT DE angestellt. Tatsächlich war die Bild-Zeitung im Fall Nawalny aber deutlich erfolgreicher als Lange, sie war einer der aktivsten Maulwürfe in der Charité.
RT-DE-Geschäftsführerin Dinara Toktosunova äußert dazu:
"Uns Spionage vorzuwerfen und gleichzeitig Bilder von jedem kleinen Schritt Nawalnys zu veröffentlichen – einschließlich Fotos seiner Wache und der Krankenstation … Falls der russische Geheimdienst zusätzliche Informationen bräuchte, würde er ein BILDplus-Abo kaufen."
Toktosunova erinnert die Kollegen in Deutschland daran, dass die deutsche Gesetzgebung "zumindest derzeit" die Medien schützte und ihnen erlaubt, "Informationen über Angelegenheiten zu sammeln, die als von öffentlichem Interesse angesehen werden".
Man könnte fragen: Wenn die Bild-Zeitung etwas Derartiges macht, ist es normaler Journalismus, im Falle von RT DE ist es dann aber Spionage?
Lange argumentiert weiter, dass die RT-DE-Mitarbeiterin, die für seine Aufträge zuständig ist, zusammen mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow auf einer öffentlichen Weihnachtsfeier fotografiert wurde. Was für ein Horror! Mal davon abgesehen, dass auf dieser Feier Hunderte von russischen und ausländischen Journalisten anwesend waren und Hunderte von Fotos geschossen wurden. Ebendieses Foto soll als unwiderlegbarer Beweis gelten, dass RT DE und die russische Regierung unter einer Decke stecken.
Glauben Sie an Zufälle? Erst kürzlich kündete RT DE den Start eines Fernsehsenders in Deutschland an – und schon wurde es ungemütlich. In den Mainstreammedien startete eine Verleumdungskampagne. Dann erfuhren RT DE und Ruptly, dass ihre Bankkonten in Deutschland innerhalb von Monaten gesperrt werden. Und jetzt wird RT DE als "Kreml-Spion" bezeichnet – das ging ja schnell.
Jekaterina Mawrenkowa, Chief Transformation Officer (CTO) von RT DE, macht deutlich:
"Was wir derzeit in Deutschland sehen, ist ein klarer Versuch, RT zu unterdrücken. Dies ist ein koordinierter Versuch, unsere Arbeit auf verschiedenen Ebenen zu erschweren: auf Staatsebene, auf operativer Ebene und in den Medien. Wir werden mit falschen Behauptungen beschmiert, die darauf abzielen, unsere journalistischen Freiheiten zu unterdrücken und uns persönlich anzugreifen. Das ist es, was es heute bedeutet, eine alternative Stimme in Deutschland zu sein."
Mehr zum Thema - Wir sagen von ganzem Herzen: Danke, Spiegel!
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.