Deutschland

Simon Wiesenthal Center zu abgeschobenem KZ-Wächter aus USA: "Völlig irrelevant, was er sagt"

Friedrich Karl Berger war Wächter in einem KZ-Außenlager. Er lebte jahrzehntelang unbehelligt in den USA – und wurde nun nach Deutschland abgeschoben. Der Leiter des Simon Wiesenthal Centers in Jerusalem, Efraim Zuroff, begrüßte in einem Gespräch mit RT die Auslieferung.
Simon Wiesenthal Center zu abgeschobenem KZ-Wächter aus USA: "Völlig irrelevant, was er sagt"Quelle: www.globallookpress.com

Die USA haben einen ehemaligen KZ-Wächter, der seit 1959 unbehelligt in den Vereinigten Staaten lebte, nach Deutschland ausgewiesen. Der 95 Jahre alte Karl Berger wurde am Samstag nach der Landung auf dem Frankfurter Flughafen von der Bundespolizei in Empfang genommen, wie ein Polizeisprecher bestätigte. Dem 95-Jährigen wird Beihilfe zum Mord zur Last gelegt. Nach einem Bericht des Magazins Der Spiegel lebte der Mann seit 1959 im US-Bundesstaat Tennessee, ohne dass seine Vergangenheit bekannt war. Erst der Fund von Karteikarten aus der Nazi-Zeit in einem untergegangenen Schiff in der Ostsee habe die Ermittler auf dessen Spur gebracht.

Nach Angaben der US-amerikanischen Behörden hat Berger gestanden, als Wachmann in einem Außenlager des Hamburger Konzentrationslagers Neuengamme nahe dem niedersächsischen Meppen Gefangene bewacht zu haben. Er gibt an, nur Befehle befolgt zu haben. Vor einem Jahr ordnete ein Richter in den USA seine Abschiebung an. Berger setzte sich juristisch zur Wehr, scheiterte aber. Für den Leiter des Simon Wiesenthal Centers in Jerusalem, Efraim Zuroff, ist es jedoch irrelevant, was Berger zu den Vorwürfen sagt. In einem Interview mit RT erklärte Zuroff:

"Er kann sagen, was immer er will, es ist irrelevant, er hat in einem Konzentrationslager gedient. Die Konzentrationslager wurden gebaut, um unschuldige Menschen, die vom Dritten Reich als Feinde des Reiches bezeichnet wurden, zu verfolgen. Als Jemand, der dort diente, hat er sich an den Verbrechen des Dritten Reiches beteiligt."

Er wies auch auf darauf hin, dass es in Deutschland "vor etwa 12 Jahren, eine Änderung in der Rechtsprechung" bezüglich Mitarbeitern von Konzentrationslagern gegeben habe. Zuroff bezieht sich mit seiner Aussage auf die Prozesse und die rechtskräftige Verurteilung von John Demjanjuk im Jahr 2011 und Oskar Gröning im Jahr 2016. Die Urteile erfolgten erstmals ohne den bis dahin für eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord erforderlichen konkreten Einzeltatnachweis. Mit Demjanjuk und Gröning wurden seinerzeit zum ersten Mal in der jüngeren Rechtsgeschichte SS-Wachmänner verurteilt, obwohl sie selbst nicht gemordet hatten.

Berger erhielt immer noch Rente aus Deutschland

Zuroff erklärte, dass die Auslieferung von Berger richtig sei, denn jeder, der sich an den Verbrechen des Dritten Reiches beteiligt habe, verdiene eine Strafe. Allerdings könnte es im Fall von Berger zu keinem Prozess kommen. Die deutsche Justiz hatte bereits vergangenes Jahr Ermittlungen gegen Berger aufgenommen, dann aber "mangels hinreichenden Tatverdachts" wieder eingestellt. Damals hieß es: "Die eingeräumte Bewachung von Gefangenen in einem Konzentrationslager, das nicht der systematischen Tötung der Gefangenen diente, reicht als solche für einen Tatnachweis nicht aus." Die Ermittlungen in den USA hätten den Beschuldigten nicht mit einer konkreten Tötungshandlung in Verbindung gebracht.

Auch Zuroff sieht in der Tatsache, dass Berger in einem Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme gedient hat, ein mögliches Hindernis für eine Verurteilung. In dem Gespräch mit dem Leiter des Simon Wiesenthal Centers in Jerusalem wurde auch das Thema der Pensionen und Renten für ehemalige SS-Veteranen angesprochen, das immer wieder für Irritationen sorgt. Berger selbst kassiert bis heute für seine Dienste eine Rente aus Deutschland. Schlagzeilen machte vor Kurzem auch die Überreichung einer Liste mit Pensionsempfängern durch die Bundesregierung an die Niederlande, die ehemalige niederländische SS-Kämpfer betrifft.

Zuroff erinnerte in diesem Zusammenhang an eine Gesetzesänderung in Deutschland aus dem Jahr 1998, die es ermöglicht, Personen, die sich an Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt haben, diese Pensionen zu entziehen. Das Simon Wiesenthal Center habe daraufhin mit bundesdeutschen Behörden zusammengearbeitet, um diese Personen zu identifizieren, doch, so Zuroff, es habe nur eine "mangelhafte Kooperation" der zuständigen deutschen Behörden gegeben. Nur rund hundert Personen sei die Pension gestrichen worden.

Was einen möglichen Prozess gegen Berger betrifft, so sei die Verfahrenseinstellung "nicht in Stein gemeißelt", erklärte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Celle am Samstag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Wenn Berger bereit sei, sich zu äußern, könne das Verfahren jederzeit wieder aufgenommen werden. Darüber werde frühestens nächste Woche entschieden.

Berger wurde nach Angaben der Bundespolizei mit einem Ambulanzflugzeug aus den USA nach Frankfurt geflogen. Der ehemalige KZ-Mann wurde gleich nach der Landung noch am Flughafen befragt. Dabei sei es zunächst nur darum gegangen, seine Aussagebereitschaft zu klären, teilte ein Sprecher der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft Celle mit. Berger habe sich grundsätzlich bereiterklärt, Fragen zu den Vorwürfen zu beantworten, wegen der Strapazen der Reise aber nicht sofort. Gegen den 95-Jährigen liegt in Deutschland kein Haftbefehl vor. Deshalb blieb er nach seiner Ankunft auf freiem Fuß.

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