"Jetzt reicht's!" – Seehofer attackiert EU-Kommission wegen Kritik an Grenzkontrollen
Die kritischen Stimmen zu den ab Sonntag geltenden deutschen Grenzkontrollen werden lauter – und auch die Antwort darauf wird schärfer. Bundesinnenminister Horst Seehofer wies die Kritik aus Brüssel an den Grenzkontrollen entlang der tschechischen und österreichischen Grenzen erneut schroff zurück. Dem Springer-Blatt Bild sagte der CSU-Politiker:
"Jetzt reicht's! Die EU-Kommission hat bei der Impfstoffbeschaffung in den letzten Monaten genug Fehler gemacht. (...) Die EU-Kommission sollte uns unterstützen und nicht durch wohlfeile Hinweise Knüppel zwischen die Beine werfen."
Angesichts der neuen Einreisebeschränkungen aus Tschechien und Tirol hatte zuvor die EU-Kommission Deutschland aufgefordert, Ausnahmen etwa für Pendler zu gewähren. Ein Sprecher der Behörde erinnerte am Freitag daran, dass die EU-Staaten sich erst kürzlich auf gemeinsame Empfehlungen für das Reisen in Corona-Zeiten geeinigt hätten. Man erwarte, dass alle Länder danach handelten. Die ab Sonntag geltenden neuen Beschränkungen und Grenzkontrollen sehen jedoch solche Ausnahmen nicht vor.
Das empörte auch den Tiroler Landeshauptmann Günther Platter und seine Stellvertreterin Ingrid Felipe. Dies würde Tausenden Tirolern, die zur Arbeit nach Bayern pendelten, das Arbeiten unmöglich machen, erklärte Plattner. Auch Menschen, die in Deutschland wohnten, aber in Tirol arbeiteten, müssten sich demnach bei der Rückreise gemäß der aktuellen bayrischen Regeln in Quarantäne begeben:
"Damit würde ein grenzüberschreitendes gemeinsames Arbeiten und Wirtschaften in den Grenzregionen so gut wie zum Erliegen kommen, was auch nicht im Sinne Deutschlands sein kann."
Nach Angaben der Bundesregierung dürfen ab Sonntag aus Tschechien und weiten Teilen von Tirol in Österreich nur noch Deutsche, Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland, landwirtschaftliche Saisonarbeitskräfte und Gesundheitspersonal einreisen. Um das Verbot durchzusetzen, bereitet sich die Bundespolizei auf stationäre Grenzkontrollen vor.
Wie das Bundesinnenministerium am Freitag weiter ausführte, dürfen auch Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, minderjährige Kinder und Eltern minderjähriger Kinder kommen, allerdings nur, wenn sie gemeinsam mit dem deutschen Angehörigen die Grenze passieren. Auch Lastwagenfahrer und sonstiges Transportpersonal im Güterverkehr sind von dem Verbot ausgenommen. Außerdem sollen Einreisen aus dringenden humanitären Gründen – etwa bei einem Todesfall – erlaubt sein. Auch in den Ausnahmefällen gelten Test- und Quarantänebestimmungen. Eine Beschränkung der Einreise auf bestimmte Grenzübergänge soll es nicht geben. Die Bestimmungen gelten für Einreisende aus Tschechien und aus Tirol mit Ausnahme des Bezirks Lienz, der Gemeinde Jungholz, sowie des Rißtals im Gemeindegebiet von Vomp und Eben am Achensee.
Derweil bemängelte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Ausrüstung der Bundespolizei. "Die technische Ausstattung der Bundespolizei lässt zu wünschen übrig. Es mangelt an Containerbüros, Toilettenwagen und großen Zelten, um die Kontrollen durchführen zu können", sagte der Vorsitzende des GdP-Bezirks Bundespolizei, Andreas Roßkopf, der Rheinischen Post (Samstag). Auch personell sei die Bundespolizei für die Grenzkontrollen nicht gut genug aufgestellt. Es bestehe das Risiko, dass Ortskundige über Feld- und Waldwege die Kontrollen umgehen werden. Um das zu unterbinden, brauche es mehr Einsatzkräfte: "Ich rechne mit einem Mehraufwand von mehreren Hundertschaften aus der Bereitschaftspolizei, die dauerhaft im Einsatz sein werden", sagte Roßkopf.
Die Bundesregierung stufte das EU-Land Slowakei am Freitag ebenfalls als Gebiet mit besonders gefährlichen Virusmutationen ein, wie das Robert Koch-Institut (RKI) auf seiner Internetseite mitteilte. Das heißt, dass Fluggesellschaften sowie Bus- und Bahnunternehmen keine Passagiere mehr aus der Slowakei nach Deutschland befördern dürfen. Ausgenommen davon sind deutsche Staatsbürger und in Deutschland lebende Ausländer.
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(rt/dpa)
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