Deutschland

Bundeswehr fordert mehr Geld – oder will Großprojekte streichen

Auch unter US-Präsident Joe Biden dürften die USA weiterhin fordern, dass Deutschland mehr Geld für die Rüstung ausgeben muss. Einer Finanzbedarfsanalyse zufolge fordern Offiziere der Bundeswehr deshalb eine drastische Erhöhung des Wehretats.
Bundeswehr fordert mehr Geld – oder will Großprojekte streichenQuelle: www.globallookpress.com © BjÃ’.Â�rn Trotzki

Auch wenn in den USA nun Joe Biden Präsident ist, dürfte sich eine Sache nicht ändern: Die Forderung der USA, die Rüstungsausgaben der Bundeswehr in Deutschland im Rahmen der NATO zu erhöhen, wird wohl weiterbestehen. Im ersten Videotelefonat zwischen Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und ihrem US-Kollegen Lloyd Austin sprach dieser direkt die "gerechte Teilung" der Lasten innerhalb des Militärbündnisses an. Auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte in der letzten Zeit mehrfach deutlich gemacht, dass auch unter Biden Druck bei diesem Thema erwartet wird.

In der CDU/CSU-Fraktion plant man offenbar ebenfalls, die "transatlantischen Beziehungen" im Rahmen des Militärbündnisses zu stärken, denn wenige Tage nach Bidens Amtseinführung verabschiedete die Fraktion ein Positionspapier mit dem Titel "Das transatlantische Band wieder stärken". Im Papier heißt es unter anderem, man wolle die NATO als "Rückgrat der eurotransatlantischen Sicherheit" zukunftsfest machen. Man wolle deshalb "im Sinne der Zusagen des NATO-Gipfels in Wales die Investitionen in die Verteidigung weiter erhöhen". In der Bundeswehr selbst stellte man nun jedoch fest, dass man, wenn man den Forderungen der US-Regierung nachkommen soll, mehr Geld benötigt. Dabei stieg der Verteidigungshaushalt bereits im letzten Vierjahresplan um 2,8 Prozent an und liegt derzeit bei etwa 47 Milliarden Euro jährlich. Erst kürzlich meldete Deutschland nach Informationen der dpa der NATO Verteidigungsausgaben in Rekordhöhe: Für das laufende Jahr übermittelte die Bundesregierung 53 Milliarden Euro in die Brüsseler Bündniszentrale.

Doch laut einem Bericht des Spiegel soll das bisherige Budget nach Aussagen einiger Offiziere bei Weitem nicht ausreichen. So schrieb Generalinspekteur Eberhard Zorn in einem Begleitbrief zu dem Positionspapier:

"Es wird deutlich, dass die erforderlichen Ressourcen nicht in Deckung mit den zur Verfügung stehenden und vor allem perspektivischen Finanzmitteln in Einklang zu bringen sind."

In einem vertraulichen Brief an das Verteidigungsministerium soll es auch heißen:

"Wie wollen Sie das Biden erklären, wenn der das erste Mal nach Europa kommt?"

Laut der "Finanzbedarfsanalyse 2022" des Verteidigungsministeriums würden allein die Betriebskosten ab 2027 den kompletten Etat übersteigen. Das Problem liegt dem Bericht zufolge darin, dass einige Großprojekte für Neuanschaffungen in der Rüstung gescheitert sind. Die Panzer und Flugzeuge werden jedoch immer älter, sodass die Unterhaltung dieser immer teurer wird. In wenigen Jahren droht zudem ein Investitionsstau, da einige Waffensysteme laut Finanzbedarfsanalyse dann endgültig nicht mehr zu gebrauchen sind und ersetzt werden müssen. Allein die Nachfolge des Kampfflugzeugs Tornado dürfte um die zehn Milliarden kosten.

Trotz der Tatsache, dass die finanzielle Situation in Deutschland durch die in der Corona-Krise beschlossenen Maßnahmen schlecht aussieht, müsste der Verteidigungshaushalt bis 2027 um 20,7 Milliarden Euro erhöht werden, um die von den USA geforderten zwei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung für die Verteidigung auszugeben

Grund für die dürftige Bilanz der Bundeswehr dürfte vor allem in der Politik von Kramp-Karrenbauers Vorgängerin Ursula von der Leyen (CDU) zu suchen sein, die sich vor allem für scheinbar prestigereiche Großprojekte und den Einsatz von Beratungsunternehmen bei der Modernisierung der Bundeswehr einsetzte. So wurde die Zahl der Soldaten von 180.000 auf 200.000 aufgestockt. Allein die zusätzlichen Personalkosten belaufen sich auf zwei Milliarden Euro jährlich. Auch der Einsatz von Katrin Suder, einer früheren McKinsey-Beraterin, bei der Reform der Rüstungsbürokratie gilt als gescheitert.

Von der Leyen wechselte bekanntermaßen nach Brüssel, wurde als Präsidentin der Europäischen Kommission eingesetzt und hinterließ gewaltige Kollateralschäden bei den Rüstungsprojekten der Bundeswehr. Doch Kramp-Karrenbauer versucht nun offenbar ebenfalls, durch Drohszenarien Geldmittel lockerzumachen. Ihr Staatssekretär soll den Haushalten eine vertrauliche Liste mit Großprojekten der Bundeswehr geschickt haben, die gestrichen werden können, "da die Finanzierung nicht gesichert ist". Unter den Projekten findet sich auch die Nachfolge für den Tornado-Kampfjet, die Modernisierung des Eurofighters und die neue Raketenabwehr.

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