Deutschland

BioNTech/Pfizer-Impfstoff: Fehlende Evidenz für Wirksamkeit bei älteren Menschen

Seitens der Bundesregierung heißt es stets, der Schutz und die Impfung von vulnerablen, älteren Personen habe höchste Priorität. Doch aus einem Bericht des RKI geht hervor, dass nicht einmal bekannt ist, ob und welche Impfstoffe bei dieser Risikogruppe überhaupt wirksam sind.
BioNTech/Pfizer-Impfstoff: Fehlende Evidenz für Wirksamkeit bei älteren MenschenQuelle: www.globallookpress.com © Peter Hartenfelser

In Deutschland wird – sofern keine Lieferschwierigkeiten für Impfstoffe bestehen – immer wieder betont, wie wichtig eine Impfung im Kampf gegen die Corona-Gesundheitskrise sei. In den Mainstreammedien wird häufig darauf hingewiesen, dass die Wirksamkeit "des" Impfstoffs "95 Prozent" betrage. Mit wenigen Ausnahmen, die vor allem auf "statistische Unsicherheiten" zurückzuführen seien, würden damit alle geimpften Menschen vor einer Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Erreger sicher geschützt, betonte der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts Klaus Cichutek gegenüber dem Spiegel.

Dabei räumte selbst das Robert Koch-Institut (RKI) nun im Rahmen einer Fachpublikation in dem Epidemiologischen Bulletin vom 14. Januar ein, man könne keine Aussage über die Wirksamkeit "des Impfstoffs" (Anm.: gemeint ist der von BioNTech/Pfizer) bei Personen über 75 Jahren treffen. Im Bulletin heißt es dazu auf Seite 27:

"Auch in der altersstratifizierten Analyse zeigten sich vergleichbar hohe Effektivitätsschätzer (Werte zur Einschätzung der Wirksamkeit, Anm. d. Red.), die allerdings bei kleiner werdenden Altersgruppen bzw. Fallzahlen teilweise weite Konfidenzintervalle aufwiesen bzw. nicht mehr statistisch signifikant waren. In der höchsten Altersgruppe (≥ 75 Jahre) ist daher eine Aussage über die Effektivität der Impfung mit hoher Unsicherheit behaftet."

Über die Wirksamkeit dieses Impfstoffs bei Personen, die älter als 75 Jahre sind, weiß man also so gut wie nichts. Sogar plausible Vermutungen über mögliche Ursachen für diese "Unkenntnis" gehen aus dem Bericht hervor, denn die Anzahl der Studienteilnehmer über 75 Jahre Lebensalter, also derjenigen Personengruppe, die  besonders geschützt werden soll, betrug weniger als fünf Prozent. Der Impfstoff wurde also kaum an älteren, geschweige denn hochbetagten Menschen getestet.

Insgesamt wurden 774 Menschen in der Altersgruppe über 75 Jahren im Rahmen der Studie geimpft, 785 erhielten ein Placebo. In der Gruppe der Geimpften erkrankte keiner an COVID-19, in der Placebo-Kontrollgruppe erkrankten fünf Personen. Rein rechnerisch ergibt sich damit eine Wirksamkeit von 100 Prozent, da niemand von den geimpften Probanden erkrankte. Doch aufgrund der geringen Zahl der Erkrankten in beiden Gruppen ist die Aussagekraft der Versuche für Menschen, die älter als 75 Jahre sind, sehr fragwürdig.

Außerdem lieferten die Tests des Vakzins von BioNTech und Pfizer eine enorm hohe Schwankungsbreite und damit ein weites Konfidenzintervall für die Effizienz des Impfstoffs, die von minus 13 bis zu plus 100 Prozent reicht. Der Wert von minus 13 Prozent bedeutet in diesem Fall, dass ältere Menschen in Einzelfällen ohne Impfstoff womöglich sogar besser gegen eine COVID-19-Erkrankung geschützt wären als nach einer Impfung. Für den von Moderna produzierten Impfstoff sehen die Daten, die sich auf Seite 28 des Berichts finden, ähnlich aus: Bei diesem Impfstoff war die Probandenzahl offenbar so gering, dass erst gar kein Konfidenzintervall angegeben werden konnte.

Auch außerhalb Deutschlands wurde bereits heftige Kritik an der Teststrategie für die Studie laut: Der Medizinredakteur Peter Doshi wies in einem Meinungsbeitrag im British Medical Journal bereits im Oktober letzten Jahres darauf hin, dass man sämtliche Rohdaten benötige, um die Wirksamkeit der mRNA-Impfstoffe wirklich beurteilen zu können. Als erfolgreich gilt aber dieser neuartige Impfstoff offenbar bereits, wenn er eine einfache Infektion mit dem SARS-CoV-2-Erreger verhindert, die in den meisten Fällen symptomfrei verläuft. Durch das maßgeschneiderte Design dieser Studie könne man aber nicht beurteilen, ob die Impfstoffe auch vor einem schweren Verlauf von COVID-19 tatsächlich schützen würden, so Doshi.

Weiterhin ist es bekanntlich im Rahmen der Impfungen zu einigen Nebenwirkungen gekommen, die auch das RKI in seinem Bericht aufgegriffen hat: In den Zulassungsstudien seien in wenigen Fällen temporäre Gesichtslähmungen beobachtet worden, bei denen ein Zusammenhang mit der COVID-19-Impfung nicht ausgeschlossen werden könne.

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