Deutschland

Chef des Betriebskrankenkassen-Verbandes kritisiert Merkel: Im Kanzleramt herrscht Bunkermentalität

BKK-Chef Franz Knieps wirft der Bundesregierung "völliges Unverständnis" im Umgang mit der Pandemie vor. Statt diese als eine "Epidemie der Alten" zu behandeln, "werden Lockdowns aneinandergereiht, die die Älteren nicht schützen", und Kinder und Jugendliche "ihrer Würde beraubt". Und weiter: "Ich habe Merkel mitteilen lassen, dass wir Bürger seien, keine Untertanen".
Chef des Betriebskrankenkassen-Verbandes kritisiert Merkel: Im Kanzleramt herrscht BunkermentalitätQuelle: www.globallookpress.com © bildgehege via www.imago-images.de

Franz Knieps, Vorsitzender des BKK-Dachverbandes, äußert in einem Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) deutliche Kritik an der Corona-Politik der Bundesregierung. Er wirft ihr "massive Fehler" im Schutz der Bevölkerung vor. Statt die gefährdeten Bevölkerungsgruppen zu schützen, "werden Lockdowns aneinandergereiht", die für große Teile der Bevölkerung "wirkungslos" seien und heftige "Kollateralschäden" verursachten.

Knieps gilt nach Angaben des RND "als einer der profundesten Kenner des deutschen Gesundheitswesens". Er war zwischen 2003 und 2009 Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium unter Ulla Schmidt (SPD), die im Kabinett von Gerhard Schröder (SPD) und dann in der ersten großen Koalition von Angela Merkel (CDU) arbeitete. Zusammen mit einer Wissenschaftlergruppe um den ehemaligen Gesundheitsweisen Professor Matthias Schrappe gab Knieps sieben Thesenpapiere heraus, in denen die Corona-Politik von Bund und Ländern kritisiert wird.

Er berichtet, dass es "aus dem Umfeld" von Bundeskanzlerin Merkel eine Bitte gegeben habe, die Veröffentlichung der Thesenpapiere zu beenden.

"Ich habe Merkel mitteilen lassen, dass wir Bürger seien, keine Untertanen. Leider ist es nach wie vor so, dass insbesondere im Kanzleramt eine Bunkermentalität vorherrscht. Dort wird allein auf Virologen gehört, und dann auch immer auf dieselben. Abweichende Ansichten oder Ratschläge anderer wissenschaftlicher Disziplinen werden bis heute ignoriert."

Nach Knieps basiert die Lockdown-Strategie der Bundesregierung auf fehlerhaften Annahmen – "es fängt schon mit der völlig falschen Nutzung von wissenschaftlichen Begriffen an", so etwa der Begriff "Inzidenz". Dieser beschreibt "die Zahl neu aufgetretener Krankheitsfälle innerhalb einer definierten Personengruppe in einem bestimmten Zeitraum".

"Die Zahl der positiv getesteten Menschen ist aber jeden Tag eine neue, zufällige Gruppe. Und wenn man gar nicht mehr testen würde, wäre Corona verschwunden. Das ist erkennbar Unsinn. Deshalb muss man richtigerweise von einer Melderate sprechen."

Diese Melderate bilde nur ein "sehr ungenaues" Bild von der Infektionslage ab: "In Wirklichkeit wissen wir nicht ansatzweise, wie stark das Virus die Bevölkerung durchdrungen hat." Es sei daher "ein schweres Versäumnis", dass es "ein Jahr nach Beginn der Pandemie noch immer keine Kohortenstudien" gebe. Mit diesen Studien würde sich ermitteln lassen, "wie stark sich das Virus zu unterschiedlichen Zeitpunkten in einer bestimmten Gruppe ausgebreitet hat".

Corona als "Epidemie der Alten"

Vom Interviewer darauf angesprochen, dass es unabhängig der Begriffe klar sei, dass "Corona in Deutschland wütet", die Kliniken voll und die Todeszahlen hoch seien, entgegnete der BKK-Chef:

"Es war nach unserer Meinung sehr früh klar, dass es sich um eine 'Epidemie der Alten' handelt. Statt sich aber im Sommer sehr gezielt mit speziellen Präventionsprogrammen für die Risikogruppen auf den Herbst und Winter vorzubereiten, werden Lockdowns aneinandergereiht, die die Älteren nicht schützen."

Er verweist darauf, dass Ende 2020 "88 Prozent der Corona-Toten über 70 Jahre alt" waren und "allein die Pflegeheimbewohner" ein Drittel aller Sterbefälle in Deutschland ausmachen, "obwohl sie nur ein Hundertstel der Bevölkerung stellen". Dies sei eine "Konsequenz gravierender politischer Fehlentscheidungen".

Diese Fehler resultieren darin, dass "wir jetzt geradezu gezwungen" werden, "mit allen Mitteln zu versuchen, das Gesundheitswesen zu entlasten". Der Lockdown führe zwar zu niedrigeren Melderaten "bei den Jüngeren", "bei den Älteren zeigen sich allerdings kaum Änderungen. Für sie ist der Lockdown wirkungslos".

Knieps bejaht die Frage, ob die Senkung der Infektionsrate nicht dennoch ein Erfolg sei – verweist dabei aber auch auf die damit einhergehenden Kollateralschäden. Der BKK-Chef nimmt in diesem Zusammenhang Bezug auf Wolfgang Schäuble, der im Frühjahr 2020 gesagt habe, "wenn es überhaupt einen absoluten Wert im Grundgesetz gebe, dann sei es die Würde des Menschen". Er schlussfolgert:

"Wenn Kinder und Jugendliche über Wochen daran gehindert werden, in die Schule zu gehen, dann werden sie ihrer Würde beraubt."

Aus diesem Grund müssten die Schulen wieder geöffnet werden, "je schneller desto besser". Selbst wenn dies eine mögliche Infektionsgefahr bedeute, müsste man das Risiko eingehen.

"Der Staat kann doch nicht hinnehmen, dass es vom Geldbeutel oder dem Improvisationstalent der Eltern abhängt, ob die Kinder Zugang zu Bildung bekommen. Ich habe den Eindruck, die politischen Entscheidungsträger können sich die Situation für Kinder in bildungsfernen Haushalten gar nicht vorstellen: Dass es dort Kinder ohne Computer gibt, ohne Unterstützung beim Lernen, ohne warmes Mittagessen, aber vielleicht sogar mit häuslicher Gewalt."

Knieps kritisiert weitere Corona-Maßnahmen, wie etwa die Kontakteinschränkungen für unter 14-Jährige oder die 15-Kilometer-Regelung.

"Die Einbeziehung von unter 14-Jährigen in die rigiden Kontaktbeschränkungen muss aufgehoben werden. Da kleine Kinder nirgends allein hingehen, bedeutet das für sie ein völliges Kontaktverbot. Das ist doch krank. Und außerdem kann ja nun wirklich niemand erklären, warum es gefährlich sein sollte, mehr als 15 Kilometer raus zu fahren und dort mit der Familie rodeln zu gehen. Das ist alles nicht mehr zu verstehen. Das frustriert die Menschen, womit am Ende die Bereitschaft zum Mitmachen sinkt. Damit ist gar nichts gewonnen."

"Völliges Unverständnis über den Verlauf einer Epidemie"

Die Corona-Politik der Bundesregierung "zeugt von einem völligen Unverständnis über den Verlauf einer Epidemie". Statt "realistische Ziele" zu setzen, werde eine Panikmache über die Melderate (Inzidenz) betrieben. Die "Zielmarke von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen ist in diesem Winter nicht mehr zu erreichen". Darauf komme es auch nicht an, sondern man müsse mehr die "Auslastung der Kliniken im Blick haben und die Sterblichkeit in bestimmten Altersgruppen".

Wenn bis Ende Februar alle über 80-Jährigen durchgeimpft sein sollten, würde sich im März die Rate an Todesfällen deutlich reduzieren. "Die Melderaten werden dagegen kaum heruntergehen, weil das Virus längst in breiten Bevölkerungskreisen zirkuliert." Daher dürfe die Politik diesen Wert "nicht als Grundlage für Entscheidungen nutzen".

Insbesondere die Bewohner von Heimen müssten endlich konsequent geschützt werden. Da sieht Knieps weiterhin gravierende Versäumnisse der Bundesregierung.

"So wurde uns berichtet, dass das Leasingpersonal oder externe Dienstleister in Heimen oft nicht getestet werden. Damit werden Menschen in unverantwortlicher Weise gefährdet. Völlig unter dem Radar ist weiterhin die ambulante Pflege mit immerhin vier Millionen Menschen. Hier fehlt es nicht nur an Tests, sondern nach wie vor auch an Schutzausrüstung. Das ist unfassbar."

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