Zum Nachweis von mutierten Viren: Charité setzt neuen Corona-Test ein
Im Kanzleramt ist man wegen der in Großbritannien und Irland grassierenden Variante B.1.1.7 des Coronavirus besorgt, da diese zwar nicht tödlicher, aber um bis zu 50 Prozent ansteckender sein soll. Aufgrund dessen will sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits am kommenden Dienstag, und nicht wie geplant am 25. Januar, mit den Ministerpräsidenten der Länder über eine weitere Verschärfung des Lockdowns beraten.
Erstaunlich dabei ist jedoch, dass man SARS-CoV-2-Erreger in Deutschland bisher nicht besonders häufig auf Mutationen untersucht hat – zumindest in Gegensatz zu Großbritannien, wo die Verbreitung von Mutationen flächendeckend überwacht wird. Das dortige COVID 19 Genomics UK Consortium, das von staatlicher Seite finanziert wird, hat nach eigenen Angaben bisher rund 170.000 Proben molekularbiologisch analysiert. In Deutschland werden die Gensequenzdaten vor allem im Konsiliarlabor der Berliner Charité, an dem auch der bekannte Virologe Christian Drosten arbeitet, analysiert. Bisher stellte das Labor nur rund 2.000 Gensequenzen in seine Datenbank ein, etwa 900 davon stammen aus dem eigenen Haus und rund 1.150 wurden von den Laboren anderer Forschungseinrichtungen analysiert.
Grund für die eher sporadische Sequenzierung ist zum einen, dass man bisher davon ausging, dass SARS-CoV-2-Erreger tendenziell langsamer mutieren, da bei diesen Viren ein RNA-Reparaturmechanismus vorhanden ist, der Veränderungen in den Genen des Virus korrigiert. Im Coronavirus-Update-Podcast des NDR vom 5. Januar erklärte Drosten noch, dass Viren "nicht so leicht durch ein paar Mutationen so viel stärker übertragbarer werden". Deshalb sei er zu Beginn skeptisch gewesen, was die höhere Ansteckungsgefahr durch die neue Virusvariante betraf. Doch die Daten seien "wirklich erstaunlich". Man müsse "die Gefahr ernst nehmen", auch wenn man "bis Ostern oder Mai nicht wissen könne, ob das Virus übertragbarer oder gefährlicher sei".
Zum anderen wird zwar an vielen Universitäten sequenziert, aber nur in einem bescheidenen Ausmaß, denn den Laboren fehlen dazu meist die finanziellen Mittel. Kleinere Labore sind oft nicht ausreichend ausgestattet, um eine Sequenzierung durchzuführen. Größere Labore sind zwar prinzipiell dazu in der Lage, allerdings lohnt es sich für diese finanziell nicht. Dies ist aber nicht erst seit Beginn der Corona-Gesundheitskrise der Fall. Wie Recherchen von NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung ergaben, wandten sich die Gesellschaft für Virologie und die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), in dem sie davor warnten, dass aufgrund der fehlenden Mittel "ein beträchtlicher Teil der aktuell berufenen Expertenlabore seine Aufgaben nicht mehr erfüllen kann". Spahn soll der Gesellschaft für Virologie bis heute nicht geantwortet haben.
Grund für die nur sporadisch stattfinden Sequenzierungen seien die fehlenden Geldmittel, denn die "finanzielle Ausstattung vieler Nationaler Referenzzentren und Konsiliarlabore durch das Bundesgesundheitsministerium ist seit vielen Jahren völlig unzureichend, intransparent und erfolgt auf stereotype Weise durch Pauschalbeträge". Würde man den Universitäten jedoch die Kosten von 100 bis 150 Euro pro Sequenzierung erstatten, könnte man eine wesentliche bessere Kontrolle über die Mutationen bekommen. Bisher sei die molekulare Überwachung des Coronavirus in Deutschland jedoch "wirklich miserabel", teilte der Leiter der Virologie der Universität Freiburg, Hartmut Hengel, gegenüber der Tagesschau mit.
"Wir sequenzieren ohne repräsentative Probenerfassung auf dem Niveau eines Entwicklungslandes", sagte Hengel.
Ein weiteres Problem ist eine bestimmte Abweichung in der Reihenfolge der Aminosäuren, also der "Bausteine", bei der neuen Virusvariante, da diese Mutation nach einem Bericht der Pharmazeutischen Zeitung den PCR-Test zumindest teilweise stört. Demzufolge könnte die Zahl der Personen mit der neuen Virusvariante in Deutschland bereits jetzt deutlich unterschätzt werden.
Deshalb hatten Bund und Länder bereits beschlossen, dass neue Varianten des Virus durch eine verstärkte Sequenzierung schneller und strukturierter erfasst werden sollen. Das Bundesgesundheitsministerium arbeite derzeit an einer entsprechenden Verordnung, die zu Beginn der dritten Kalenderwoche fertiggestellt werden soll.
Auch die Charité gab in einer Pressemitteilung vom 13. Januar bekannt, dass die Charité – Universitätsmedizin Berlin und Vivantes – Proben mit einem positiven SARS-CoV-2-Nachweis zukünftig auf die mutmaßlich ansteckenderen Virusvarianten aus England und Südafrika untersuchen wolle, um einen Überblick über die Ausbreitung der Virenmutation zu bekommen. In Kürze soll die Sequenzierung auch durch Labor Berlin, dem gemeinsamen Tochterunternehmen von Charité und Vivantes, erfolgen.
Man wolle mit der Überprüfung von Proben auf die neue Version des Virus noch in dieser Woche beginnen, um "einen Überblick zu erlangen, ob sich die mutierten Viren schneller als andere Viren ausbreiten". Die Zusatztests sollen erst nach dem ersten, eigentlichen PCR-Testergebnis stattfinden.
Allerdings werden die Proben nicht ausschließlich durch Genomsequenzierungen aus Veränderungen des Erbguts untersucht. Zum Einsatz kommt – vermutlich aufgrund der zeitaufwendigen Sequenzierung – auch ein neuer PCR-Test. In der Pressemitteilung der Charité vom 13. Januar heißt es dazu:
"Der erste PCR-Test prüft, ob die Probe bestimmte Abschnitte des Erbguts von SARS-CoV-2enthält. Er gibt Aufschluss darüber, ob die getestete Person infiziert ist oder nicht. Positive Proben werden anschließend mittels einer weiteren PCR daraufhin überprüft, ob sie die Mutation N501Y beherbergen. Diese sogenannte Markermutation tritt unter anderem in der englischen, südafrikanischen und brasilianischen Virusmutante auf."
Erst anschließend soll "zur Qualitätskontrolle" eine Sequenzierung positiv getesteter Proben erfolgen, bei der das Erbmaterial Baustein für Baustein abgelesen wird. Diese sollen dann in einer Datenbank des Instituts für Virologie öffentlich zugänglich gemacht werden und dem Robert Koch-Institut zur Verfügung gestellt werden.
Im Bundesgesundheitsministerium zeigt man sich aufgrund der bisher nur sporadisch stattfinden Untersuchungen zur britischen Version des Virus jedoch nicht wirklich besorgt: Auf Nachfrage von RT-Redakteur Florian Warweg erklärte der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums Hanno Kautz, dass man an der entsprechenden Verordnung arbeite:
"Außerdem sind entsprechende Mutationen nachgewiesen worden in Deutschland. Deutschland hat reagiert, hat versucht, die Ausbreitung von Virusmutationen, von gefährlichen Virusmutationen, auf Kontinentaleuropa zu verhindern. Das scheint bislang gelungen zu sein. Wie gesagt, in Einzelfällen sind solche Sequenzen nachgewiesen worden."
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