"System produziert nur Verlierer" – Landwirt zu den Protesten in Berlin für eine andere Agrarpolitik

Boris Laufer betreibt solidarische Landwirtschaft und wird am Samstag in Berlin mit zahlreichen Bauern unter dem Motto "Wir haben es satt" für eine andere Agrarpolitik protestieren. Er verrät RT DE, wie Landwirtschaft gesünder gestaltet werden könnte.

Warum haben Sie die aktuelle Agrarpolitik satt?

Wir haben die aktuelle Agrarpolitik satt, da sie vor allem die industrielle Landwirtschaft fördert. Die industrielle Landwirtschaft, produziert auf Kosten der Natur und der Gesellschaft. Es wird ein System unterstützt, dass von Anfang bis Ende nur Verlierer produziert. Angefangen beim Abholzen des Amazonas, für billiges Soja, welches dann in Massentierhaltungsfabriken unter erbärmlichen Bedingungen verfüttert wird, um Fleisch zu Dumpingpreisen auf den Markt zu werfen und am Ende mit dem Güllesee den Boden zu zerstören und das Grundwasser zu verunreinigen. Und wer zahlt für den subventionierten Schaden? Vor allem zuerst die Natur und dann auch die Gesellschaft. Wir haben keine Zeit mehr und müssen jetzt handeln! Mit jedem weiteren, verlorenen Jahr, werden die zwingend kommenden Einschnitte nur noch härter, ob das der Agrarlobby gefällt oder nicht!

Welches sind Ihre Forderungen an die Regierung?

Wir fordern ein Stopp der Förderung industrieller Landwirtschaft. Wir fordern einen Preis für die Umwelt und die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens. Wir fordern einen raschen Umbau der Landwirtschaft, hin zu einer klimaneutralen, bäuerlichen Landwirtschaft. Der Tierbesatz muss an die Fläche gekoppelt sein. Monoanbau muss einer Vielfalt weichen. Der Schutz der Biodiversität muss honoriert werden, ebenso der Bodenaufbau und eine ressourcenschonende Anbauweise, sowie ein Verbot an chemischen Pestiziden.

Ist die von Politikern geforderte Agrarwende überhaupt umsetzbar?

Würde die Politik den Klimawandel ernst nehmen, wäre eine Agrarwende mehr als umsetzbar.

Sind die erhofften Maßnahmen nicht zu idealistisch?

All die angedachten Maßnahmen sind im Bezug auf das, was auf uns zukommt, wenn wir es nicht schaffen, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten, marginal. Unser marktwirtschaftliches System treibt auch die Landwirtschaft vor sich her. Immer größere Erntemengen, mit immer geringerem Einsatz - also größere Strukturen, größere Maschinen, wirkungsvollere Pestizide - ist eine wirtschaftliche Logik, welche in der Natur noch zerstörerischer ist als in der Wirtschaft. Wenn die Natur "ausgequetscht" wird, ist sie zerstört.

Wie setzen Sie sich tagtäglich für eine Agrarwende ein?

Durch die solidarische Landwirtschaft (SOLAWI, ein System in der Landwirtschaft, bei der Verbraucher auf lokaler Ebene direkt mit einem oder mehreren Partner-Landwirten kooperieren, Anm. der Redaktion), haben wir ein Wirtschaftsmodell gefunden, welches uns unabhängig von den Marktpreisen arbeiten lässt. Durch die finanzielle Rückendeckung unserer Mitglieder konnten wir uns intensiver um den Anbau kümmern. Wir konnten die Anbaufläche zugunsten von Zwischenfrüchten und Gründungungsflächen verringern, bei gleichbleibender Ernte. Ein vielfältiger und klein strukturierter Anbau verringert den Schädlingsdruck, minimiert das Ausfallrisiko und schafft, durch eine hohe Biodiversität, einen schöneren Arbeitsplatz. Mit unserer Arbeit wollen wir zeigen, dass Landwirtschaft auch anders möglich ist und regionale Märkte ohne weiteres auf diese Weise versorgt werden könnten.

Danke für das Gespräch!

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