Grünen-Vorsitzende Baerbock: Mehr in Bundeswehr investieren, damit Gewehre auch schießen
Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock findet, dass die EU eine größere Rolle in der globalen Verteidigungspolitik spielen müsse. Die EU kreise seit Jahren um sich selbst, während Amerika unter der Trump-Regierung der Welt den Rücken gekehrt habe. Diese Lücke wird nach Ansicht Baerbocks von "autoritären Staaten" gefüllt, zu denen sie "China, Russland und die Türkei" zählt, erklärte sie im Interview mit der Süddeutschen Zeitung:
Das führt dazu, dass Russland oder die Türkei in unserer Nachbarschaft aktiv werden – und die EU wie im Fall Bergkarabach außen vor ist.
Dies sei natürlich für die Menschen in Regionen wie Bergkarabach fatal, aber auch für die mutmaßliche "Friedensrolle" der EU. Man benötige wieder eine "umfassende Außenpolitik mit Weitblick und Vorsorge".
Mit Blick auf den Einzug des US-Demokraten Joe Biden ins Weiße Haus plädierte Baerbock dafür, die Beziehungen zu den USA neu zu gestalten. Damit könne man "ein neues Kapitel aufschlagen". Baerbock findet, es wäre gerade jetzt ein falsches Signal, sich von den USA abzukoppeln. Dennoch müsse man die "europäische Souveränität" denken. Dazu wären auch gezielte Investitionen in die Bundeswehr nötig. Obwohl Deutschland sein Verteidigungsetat seit 2016 um zehn Milliarden Euro erhöht hat, habe sich die Ausstattung und Sicherheit der Soldaten nicht spürbar verbessert. Es fehlen beispielsweise Nachtsichtgeräte und Flugstunden. Man müsse ehrlich sein, so Baerbock:
Ja, in manchen Bereichen muss man mehr investieren, damit Gewehre schießen und Nachtsichtgeräte funktionieren.
Nach Baerbocks Aussage helfe ein "theoretisches Zwei-Prozent-Ziel da nicht wirklich weiter". Hintergrund dieser Aussage ist, dass sich die NATO zum Ziel gesetzt hat, dass jeder Mitgliedsstaat zwei Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für sein Militär ausgibt. Deutschland wird bis 2024 allerdings nicht mehr als 1,5 Prozent erreichen. Baerbock wolle "zuerst über eine strategische Ausrichtung der NATO sprechen, dann über die Ausgaben". Es müsse "auch um die Fähigkeiten der NATO und die konkreten Ausgaben gehen".
Im Hinblick auf eine mögliche grüne Regierungsbeteiligung kündigte sie an, Gespräche mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron über Militäreinsätze der EU zu führen. Dies werde "nicht einfach werden", aber man "dürfe sich nicht wegducken".
Erst kürzlich hatte sich die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt für Einsätze der Bundeswehr ausgesprochen: Notfalls müsse dies auch ohne UN-Mandat geschehen, denn man habe die Erfahrung gemacht, dass ein UN-Mandat auch blockiert werden kann und dann "wichtige Hilfe in Kriegsregionen" nicht möglich sei. Gegenüber der Rheinischen Post äußerte sie außerdem klar:
Die Grünen haben auch pazifistische Wurzeln, waren aber noch nie eine pazifistische Partei.
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