Fünf getötete Kinder in Solingen: Blieben Warnzeichen wegen COVID-19-Pandemie unerkannt? (Video)
Nach dem gewaltsamen Tod von fünf Kindern in Solingen in Nordrhein-Westfalen rückt nun die Aufklärung in den Mittelpunkt. Tatverdächtig ist die 27-jährige Mutter. Was sich hinter der Tür in der Wohnung in der Hasselstraße 155 in der bergischen Stadt Solingen abgespielt hat – man kann nur spekulieren. Entsetzlicher Fakt ist: Fünf der sechs Geschwister, die hier lebten, sind tot – zwei Jungen und drei Mädchen. Das älteste Kind wurde acht Jahre alt, das jüngste 18 Monate. Nur ein Geschwisterkind lebt, ein elfjähriger Junge – er wurde jetzt in die Obhut seiner Oma in Mönchengladbach gegeben.
Wie konnte das passieren, was war das Motiv?
Die Leichen der Kinder waren am Donnerstag entdeckt worden. Die 27 Jahre alte Mutter war nach Angaben der Polizei nicht in der Wohnung. Sie habe sich etwa eine Viertelstunde, bevor die toten Kinder entdeckt wurden, am Düsseldorfer Hauptbahnhof vor einen Zug geworfen und werde schwer verletzt im Krankenhaus behandelt. Die Großmutter der Kinder hatte die Polizei per Notruf nach einem Kontakt zu ihrer Tochter alarmiert. Weitere Informationen, auch zum Gesundheitszustand der Mutter, gab die Polizei am Freitag bis zum Mittag nicht bekannt.
Eine Mordkommission ermittelt nun. Die Todesursache der Kinder werde im Rahmen der Ermittlungen und durch Obduktion geklärt, teilte die Polizei mit. Die Leichname sind in der Nacht zum Freitag aus dem Haus abtransportiert worden und müssen obduziert werden. Alle Absperrungen sind wieder aufgehoben.
Das Verbrechen von Solingen schockiert. Wie konnte das passieren, was war das Motiv? Viele Fragen sind noch offen. Die Ermittler wollen nach dem Auffinden der Opfer Nachbarn befragen und bei einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag über die Hintergründe des Falls informieren. Dass eine Mutter eine solche Tat begeht, habe er bisher nie erlebt, betont Kriminalexperte Axel Petermann.
Diese Gewalt bedeutet ja auch für jede einzelne Tötung einen neuen Entschluss.
Experte: Mögliche Warnzeichen für die Tat seien womöglich wegen der COVID-19-Pandemie nicht rechtzeitig erkannt worden
Der gewaltsame Tod der Kinder deute nach Ansicht des Kriminalexperten auf Hilf- und Perspektivlosigkeit der Mutter hin. Mögliche Warnzeichen für die Tat seien zudem womöglich wegen der COVID-19-Pandemie nicht rechtzeitig erkannt worden, sagte Petermann der Deutschen Presse-Agentur. So sei es beispielsweise denkbar, dass durch das Ausfallen von Schulunterricht und Kindergarten-Betreuung Mechanismen nicht greifen konnten, die sonst Hilfe oder Unterstützung ermöglicht hätten.
Dass bei dem Fall in Solingen eine Frau unter Tatverdacht steht, sei außergewöhnlich, sagte Petermann, der auch Buchautor und Fallanalytiker ist. Die Konsequenz des Tatgeschehens sei für Mütter ungewöhnlich. "Ich zumindest habe das so nie erlebt", so der Profiler. Häufiger seien es Männer, die im Rahmen eines erweiterten Suizids die eigenen Kinder töteten. Oft stehe dabei ein Streit um das Sorge- oder Besuchsrecht mit der Ex-Partnerin als Motiv im Hintergrund.
Bei Männern komme als Motiv auch häufig eine Aggression gegen die Mutter der Kinder infrage. Durch das Töten der gemeinsamen Kinder solle sie dann bestraft werden. Das hält Petermann bei einer Frau aber für unwahrscheinlich. Eher glaubt er, dass Mütter die eigene Perspektivlosigkeit auf die Kinder übertragen und ihnen das Leid ersparen wollen, das sie mit ihrem eigenen Leben verbinden.
Das Einkommen der Familie sei für eine solche Tat wohl weniger entscheidend. Das seien Taten, "die sich doch durch alle Gesellschaftsschichten ziehen können", sagte Petermann. Es komme darauf an, inwieweit Menschen in ein soziales Netzwerk eingebunden seien und Ansprechpartner hätten.
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(rt/dpa)
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