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RKI-Chef Wieler: "Wir sind mitten in einer sich rasant entwickelnden Pandemie"

Die neueste Entwicklung in der Corona-Krise bereite ihm "große Sorgen". Das erklärte Lothar Wieler. Man sei zu nachlässig geworden, deshalb entwickle sich die Pandemie "rasant". Allerdings ließ der Auftritt des RKI-Chefs einige Fragen offen.
RKI-Chef Wieler: "Wir sind mitten in einer sich rasant entwickelnden Pandemie"Quelle: Reuters

Eine zunehmende Zahl an neu gemeldeten Corona-Fällen lässt das Robert Koch-Institut (RKI) eine Trendumkehr in Deutschland befürchten. RKI-Präsident Lothar Wieler sagte am Dienstag in Berlin, in den vergangenen sieben Tagen seien 3.611 "Infektionen" gemeldet worden.

Die neueste Entwicklung bereite ihm "große Sorgen". Als Ursache für den Anstieg nannte Wieler Nachlässigkeit bei der Einhaltung der Verhaltensregeln. Auch Wieler strapazierte den von Politikern immer wieder gebrauchten Begriff der "zweiten Welle". Ob es sich um den Beginn einer solchen zweiten Welle handle, könne man nicht wissen, aber es könnte sein.

Bis vor einiger Zeit habe man es geschafft, die Fallzahlen stabil bei täglich neu gemeldeten 300 bis 500 Fällen zu halten, führte der RKI-Chef aus. Inzwischen sehe es anders aus: Am Freitag etwa kamen 815 Fälle hinzu, am Samstag mehr als 700 und am Dienstag mehr als 600. Nach den Wochenenden fallen die Zahlen zunächst stets geringer aus.

Wieler verwendete wiederholt den inkorrekten Begriff "Infektion", wobei es sich tatsächlich um positiv ausgefallene Tests handelte. Ob es einen Anstieg der Fallzahlen im Verhältnis zur Zahl der durchgeführten Tests gab, ging aus seinen Ausführungen nicht hervor. Auch auf die zugrundeliegende Problematik der Verlässlichkeit der verwendeten PCR-Tests ging der RKI-Chef nicht ein.

Ute Rexroth, RKI-Leiterin des Fachgebiets Surveillance, erklärte, dass die Lage im Unterschied zu den vergangenen Wochen mit einzelnen Meldungen hoher Fallzahlen wie beim Schlachtbetrieb Tönnies derzeit diffus sei:

Es sind wirklich leider viele betroffen.

Beobachtet würden Fallzahlenanstiege in unterschiedlichen Kommunen und Gemeinden. Laut RKI-Interpretation der Beobachtungen steckten sich deutschlandweit wieder mehr Menschen an, und dies geschehe "wirklich überall": bei Familienfeiern, Treffen mit Freunden, am Arbeitsplatz, in Gemeinschaftsunterkünften, Altenheimen und Einrichtungen des Gesundheitswesens, wo schwere Verläufe zu erwarten seien.

Auch wenn Fälle von Reiserückkehrern verzeichnet werden: Der größte Teil der Betroffenen habe sich "in Deutschland angesteckt", sagte Rexroth. Trotz dieses Umstands stellte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kürzlich obligatorische Tests für Reiserückkehrer aus sogenannten Corona-Risikogebieten in Aussicht.

Das RKI wirbt für Vorbeugung, damit die Fallzahlen nicht wieder "rasant" und unkontrolliert zunähmen und die Gesundheitsämter den Meldungen testpositiver Corona-Fälle nicht hinterherlaufen müssten. Wieler sagte:

Das schaffen wir nur gemeinsam.

Die weitere Entwicklung liege "in unserer Hand". Er appellierte an die Bundesbürger, die sogenannten Aha-Regeln (Abstand, Hygiene, Alltagsmaske) einzuhalten. Diese Regeln gelten auch im Freien und im Urlaub, wie Wieler betonte. Masken müssten richtig getragen werden, also über Mund und Nase.

Es werde problematisch, wenn man die Chance zu einem Anstieg der Fallzahlen gebe: Zu Tausenden wilde Partys zu feiern, sei "rücksichtlos" und auch "fahrlässig", sagte Wieler. Junge Menschen könnten "ihre Eltern und Großeltern infizieren", warnte er. Damit spielte der RKI-Präsident offenkundig auf Vorkommnisse wie die illegalen Partys von jungen Leuten in dem Park Hasenheide in Berlin-Neukölln an, die von der Polizei am Wochenende aufgelöst worden waren.

Das Fazit des RKI-Chefs lautete: 

Wir sind mitten in einer sich rasant entwickelnden Pandemie.

Einige Länder, die die Epidemie bereits unter Kontrolle zu haben schienen, verzeichneten wieder steigende Fallzahlen, wie etwa Australien, Japan und Spanien. Ausschlaggebend ist dem RKI zufolge dabei, dass individuelle Schutzmaßnahmen nicht mehr so gut befolgt würden, vor allem unter den jüngeren Menschen. Auch Israel erlebe einen "schweren Rückfall".

Die offiziellen Zahlen des RKI scheinen die Beschreibung einer "sich rasant entwickelnden Pandemie" nicht zu bestätigen. Trotz hoher Testzahlen bleibt die Zahl der Erkrankungen gering. Von den bundesweit etwa 2.500 Todesfällen wiesen am Montag ganze vier einen positiven Corona-Test auf. Nur ein geringer Anteil der positiv Getesteten zeigt tatsächlich Krankheitssymptome.

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rt/dpa

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