Kriminalstatistik: 112 getötete Kinder in Deutschland im vergangenen Jahr
In Deutschland sind im vergangenen Jahr 112 Kinder vorsätzlich oder fahrlässig getötet worden oder in Folge von Körperverletzung gestorben. Das geht aus einer Auswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik zu kindlichen Gewaltopfern hervor, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Die meisten Opfer, nämlich 93, waren unter sechs Jahre alt. Die Gesamtzahl ist im Vergleich zu 2018 leicht um 24 zurückgegangen.
87 Kinder wurden Opfer versuchter Mord- und Totschlagsdelikte – wiederum etwas weniger als im Vorjahr (2018: 98 Fälle). Rund 4.000 Opfer von Misshandlungen wurden der Polizei im vergangenen Jahr bekannt – das entspricht dem Trend der Vorjahre. Bei sexueller Gewalt gegen Kinder gab es einen Anstieg von 14.606 auf 15.936 Fälle.
2019 wurde in 12.262 Fällen wegen kinderpornografischer Delikte ermittelt
Die Polizei hat im vergangenen Jahr in 12.262 Fällen wegen kinderpornografischer Delikte ermittelt. Die Zahlen sind in den vergangenen Jahren stetig angestiegen, im Vergleich zu 2016 ist das mehr als eine Verdopplung. Die hohe Zahl bedeutet nach Angaben des Bundeskriminalamts indes nicht zwangsläufig einen Zuwachs an Vergehen. Vielmehr gebe es inzwischen deutlich mehr Hinweise, etwa von einer halbstaatlichen Organisation in den USA, die vermisste Kinder auffinden und Missbrauch aufdecken will. Und die Länder hätten sich inzwischen deutlich besser auf die Bearbeitung der zahlreichen Meldungen eingestellt.
Häufig führt die IP-Adresse des Rechners die Fahnder zum Täter. Doch allzu häufig bewahrten die Internetanbieter die Daten nicht für die in Deutschland vorgeschriebenen zehn Wochen auf, beklagte BKA-Chef Holger Münch. Bei jedem zehnten der 2.100 Fälle, die im vergangenen Jahr vom BKA bearbeitet wurden, sei die IP-Adresse als einziger Ansatz für die Ermittler nicht abfragbar gewesen, weil die Provider die Mindestspeicherfristen nicht einhielten.
Und damit können letztendlich auch Kinder in vielen Fällen nicht oder nur mit erheblichem Zeitverzug davor bewahrt werden, Opfer weiterer sexueller Gewalt zu werden", so Münch weiter.
Drei Viertel der bekannten Opfer von Kindesmissbrauch Mädchen
Minderjährige sind im Bereich Kinderpornografie nicht nur Opfer, sondern manchmal auch Täter. Immer häufiger würden Fälle bekannt, bei denen Jugendliche kinderpornografische Videos über Messenger-Dienste wie WhatsApp tauschten – oft aus Gedankenlosigkeit, wie Münch sagte. 41 Prozent der Verdächtigen waren hier jünger als 21 Jahre (2018: 26 Prozent). Der Missbrauchsbeauftragte Johannes-Wilhelm Rörig sieht "ein erhebliches Risiko" für sexuelle Übergriffe durch andere Kinder und Jugendliche.
Drei Viertel der bekannten Opfer von Kindesmissbrauch sind nach Angaben des Missbrauchsbeauftragten Mädchen. Die Täter sind etwa zu 80 bis 90 Prozent Männer oder männliche Jugendliche.
Corona-Isolation erhöhe die Gefahr innerfamiliärer Gewalt für viele Kinder
Die neue Kriminalstatistik liefert nur Daten für 2019. Auch mit Blick auf die Wochen der Corona-Auflagen sieht BKA-Chef Münch derzeit keinen Anstieg von Gewalt und Missbrauch in der Familie oder dem häuslichen Umfeld. Er warnt aber, die Daten seien "mit größter Vorsicht" zu interpretieren.
Das Dunkelfeld ist groß, und wir wissen nicht, ob die Corona-Beschränkungen zu einer weiteren Vergrößerung führen", so Münch.
Zugleich seien Kinder weniger im Kontakt mit Menschen wie Erziehern, Lehrern oder Kinderärzten, an die sie sich normalerweise wenden könnten, sagte Münch. "Jeder, der auf strafbare Handlungen an Kindern aufmerksam wird, sollte nicht zögern, Strafanzeige zu erstatten!"
Etwa ein Viertel der Fälle sexueller Gewalt entfällt nach offiziellen Angaben in der Regel auf die engste Familie. Die Hälfte ist dem weiteren Familien- und Bekanntenkreis wie Vereinen oder Nachbarn zuzuordnen. Der Missbrauchsbeauftragte Rörig warnte:
Durch die Isolation sind viele Kinder in noch größerer Gefahr vor innerfamiliärer Gewalt.
Die vielen Stunden, die Kinder gerade zuhause verbringen, führten aber auch dazu, dass Kinder den Eltern häufiger von sexuellem Mobbing oder Übergriffen außerhalb der Familie berichteten. Es gebe mehr Anrufe zu solchen Fällen bei der Hotline für sexuellen Missbrauch.
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(rt/dpa)
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