"Entfreundet ihn, er ist AfD-nah!" – Fake News und Denunziation als Mittel grüner Selbstverteidigung
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner wirft unter anderem RT Deutsch die Verbreitung von Falschnachrichten über ihre Person vor. Der Autor und Kommunikationsexperte Markus Gelau veröffentlichte auf seinem Facebook-Profil eine Messenger-Nachricht der Politikerin, die diese an ihre Facebook-Freunde geschrieben und die ihm dann zugespielt worden sei. In der Nachricht heißt es:
Liebe Freundinnen und Freunde, seit letzter Woche kursiert eine Falschnachricht über mich. Ein sehr gut gemachtes Sharepic mit einem angeblichen Zitat von mir, das aber falsch ist und bewusst meine Aussagen verzerrt, wird über Facebook und über Russia Today Deutschland geteilt. Bitte teilt dies nicht, sondern meldet es als Falschnachricht.
Nach einem Link zu diesem Artikel von RT Deutsch geht es weiter:
Der Ursprungspost stammt anscheinend von Markus Gelau, mit dem einige von euch auch auf Facebook befreundet sind.
Es folgt ein Link zu dem genannten Post, dann die Aufforderung an ihre Freunde, Gelau doch bitte zu entfolgen:
Markus Gelau teilt regelmäßig solche Sharepics und erscheint AfD-nah. Bitte entfreundet und/oder entfolgt ihm und informiert darüber auch Freunde, die mit ihm befreundet sind oder ihm folgen.
Schließlich liefert Brantner noch den Hinweis auf das "richtige Papier" mit dem Titel "Grüne vernetzte Außenpolitik für eine Welt in UNOrdnung" und den entsprechenden Link.
Um die Vorwürfe der Politikerin, die immerhin parlamentarische Geschäftsführerin und europapolitische Sprecherin ihrer Bundestagsfraktion ist, richtig einordnen zu können, hilft ein Blick auf die Abfolge der Ereignisse. Brantner veröffentlichte ihr Papier am 16. April. Am 27. April veröffentlichte die Informationsstelle Militarisierung (IMI) eine kurze und kritische Meldung zu dem Papier, in der dieses auch verkürzt, aber nicht sinnentstellend zitiert wurde. Diese Meldung schaffte es in die Hinweise des Tages der NachDenkSeiten.
Am Morgen des 28. April schrieb der Linken-Politiker Oskar Lafontaine unter Bezugnahme auf die IMI-Meldung einen Facebook-Post mit dem Titel "Die Grünen, die USA und die Aufrüstung", in der er mit der Außenpolitik der Grünen sehr kritisch ins Gericht ging.
Angeregt durch Lafontaines Post erschien dann am Donnerstag der vergangenen Woche der von Brantner erwähnte und verlinkte RT-Deutsch-Artikel "Oskar Lafontaine: 'Die grünen US-Lobbyisten im Bundestag gehen mir auf die Nerven'".
Am Samstag, dem 2. Mai, schrieb dann Gelau den von Brantner beanstandeten Post mit der von ihr als Falschnachricht bezeichneten Grafik. Darin zitierte er verkürzt, aber nicht sinnentstellend aus dem Papier der Grünen. Vorzuwerfen wäre Gelau allenfalls, dass er anders als IMI, Lafontaine und RT Deutsch auf die Auslassungspunkte verzichtete.
Brantners Nachricht ist bemerkenswert. Zum einen verbreitet die Grünen-Abgeordnete unter dem Vorwand, sich gegen Falschnachrichten zu wehren, selbst Falschnachrichten. Anders als von ihr behauptet und für jedermann nachprüfbar, zitieren weder Gelau noch RT Deutsch sie falsch oder verzerrend. Dann ist da die Chronologie: Der RT-Deutsch-Artikel erschien vor dem Gelau-Post, dementsprechend konnte dieser auch nicht in dem Artikel verbreitet werden.
Dann ist da die Frage, warum sich Brantner ausgerechnet auf Gelau kapriziert. IMI und Lafontaine zitierten sie ganz ähnlich, allerdings sind beide prominenter und friedenspolitisch deutlich profilierter als Gelau. Die Grüne meinte offenbar, diesen ihren Freunden gegenüber leichter als unglaubwürdig darstellen zu können, auch durch eine konstruierte Verknüpfung mit RT Deutsch.
Noch ein anderer Aspekt von Brantners Nachricht ist interessant: Sie arbeitet mit dem Mittel der Denunziation. Da sie das angeblich Falsche und Verzerrende an der Zitierung inhaltlich nicht belegen kann, greift sie Gelau persönlich an. Dieser erscheine "AfD-nah", weshalb ihre Freunde Gelau doch bitte entfreunden und entfolgen sollten. Gelaus Grafik solle als Falschnachricht gemeldet werden.
Gelau selbst reagierte am Montag mit dem eingangs erwähnten Facebook-Post auf Brantners Nachricht, in dem er deren Nachricht veröffentlichte. Darin bedankte er sich für deren Lob für seine Grafik, stellte klar, im Wortlaut aus ihrem Papier zitiert zu haben, warf Brantner vor, ihn als Nazi zu diffamieren – um ihr dann anzubieten, ihr – bei Übernahme des Portos – eine Kopie seines Mitgliedsausweises der Linken zu schicken (Rechtschreibung angepasst):
Aber ja, schon klar, Ihnen und Ihresgleichen aus der (oliv-)grünen Partei des neuen, transatlantischen Imperialismus erscheint JEDER, der es wagt, in offene Opposition zu ihrem haarsträubenden, militaristischen Geschwafel zu gehen, als "AfD-nah".
Anders als die Grüne bat Gelau seine Follower nicht darum, Brantner zu entfreunden, sondern ihre Worte und Taten genau zu verfolgen. Seinen Eintrag schloss er mit einer historischen Analogie, die er mit dem Verweis auf die letzten 20 Jahre grüner Außenpolitik rechtfertigte:
Wer die Grünen wählt, wählt den Krieg
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