Gesellschaft

Outet Tagesschau-Faktenfinder den eigenen Sender als rechtspopulistische Fake-News-Schleuder?

Seit zwei Jahren spaltet die Reaktion der Kanzlerin Angela Merkel auf die Flüchtlingskrise im Sommer 2015 die Republik. Der ARD-Faktenfinder fordert nun ein Ende der Debatte und erklärt, es habe nie eine "Grenzöffnung" gegeben. Die ARD sah dies selbst anders.
Outet Tagesschau-Faktenfinder den eigenen Sender als rechtspopulistische Fake-News-Schleuder?

von Reinhard Werner

Dass man in Zeiten wie diesen nie auslernt, ist eine weit verbreitete Weisheit. Seit fast genau drei Jahren streitet die Republik über eine Grenzöffnung, die es in Wahrheit gar nicht gegeben hat. Dies zumindest verriet uns der ARD-Faktenfinder jüngst in einem erhellenden Beitrag auf der Webseite der Tagesschau.

Demnach hat Bundeskanzlerin Angela Merkel einst in jenem schicksalhaften September 2015 entgegen den Darstellungen der AfD und von Teilen der CSU keine eigenmächtige, rechtswidrige Öffnung der Grenze veranlassen und keine massenhafte illegale Einwanderung ermöglichen können, weil sie - so der Faktenfinder - gar keine Grenzen geöffnet habe. Vielmehr seien diese aufgrund des 1995 in Kraft getretenen Schengen-Abkommens ohnehin offen gewesen, weshalb man von Grenzen innerhalb dieses Teils des EU-Gebiets im eigentlichen Sinne gar nicht sprechen könne.

Grünen-Politiker Konstantin von Notz, prominent zitiert im Faktenfinder-Beitrag, spricht gar davon, dass die Behauptung, es habe eine Grenzöffnung gegeben, eine "rechtlich wie tatsächlich abwegige rechtsreaktionäre Verschwörungstheorie" sei.

Schengen: Personenfreizügigkeit für jeden?

Dabei räumt das ARD-Format, dereinst gegründet als Weißer Ritter der liberaldemokratischen Tugendhaftigkeit zum Kampf gegen allgegenwärtigen Rechtspopulismus und russische Fake News, in weiterer Folge implizit selbst ein, dass der vor allem zur Förderung der Personenfreizügigkeit für EU-Bürger gedachte Schengen-Raum nach dem Willen seiner Gründerväter auch von Beginn an mit einer strengeren Kontrolle der Einreise in denselben verbunden sein sollte.

Zudem haben mehrere Novellen zum deutschen Asylgesetz und einschlägige Rechtsvorschriften der Europäischen Union Vorkehrungen getroffen, damit das bloße Faktum, auf welche Weise auch immer auf das Gebiet eines Schengen-Landes gelangt zu sein, noch keinen Freibrief dafür darstellt, die gleichen Schengen-Privilegien in Anspruch nehmen zu können wie die Bürger der Vertragsstaaten.

Im Asylgesetz heißt es dementsprechend:

Dem Ausländer ist die Einreise zu verweigern, wenn er aus einem sicheren Drittstaat einreist oder Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und ein Auf- oder Wiederaufnahmeverfahren eingeleitet wird [...].

Da Deutschland von solchen sicheren Drittstaaten umgeben ist, lag die Annahme entsprechend nahe, dass es für Asylsuchende, die sich im Zuge der umfangreichen Fluchtbewegungen im Sommer 2015 auf den Weg in Richtung Europa gemacht hatten, zumindest auf den ersten Blick keine erkennbare Rechtsgrundlage für eine legale Einreise ins Bundesgebiet zur Durchführung eines Asylverfahrens gegeben haben könnte.

Nach wenigen Tagen: "Maßnahmen für geordnetes Verfahren" nötig

Dass die Bundesregierung sich mittels der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß dem Dublin-III-Abkommen in Eigenregie dazu ermächtigt hat, anstelle anderer, eigentlich dafür zuständiger Staaten die Bearbeitung von Asylanträgen wahrzunehmen, ließ sie sich später zwar vom EuGH absegnen. Es bleibt aber nichtsdestoweniger offen, ob die Regierung bei einer so weitreichenden Entscheidung zur Flüchtlingspolitik zumindest den Bundestag hätte stärker beteiligen müssen.

Wie dem auch sei: Für den Faktenfinder läuft die Angelegenheit ungeachtet juristischer Spitzfindigkeiten darauf hinaus, dass die Behauptung, Merkel hätte die Grenze geöffnet, "grundfalsch" sei, weil es "schon seit Jahren keine geschlossenen Grenzen mehr gibt innerhalb des so genannten Schengen-Raums", und dies bedeute:

Es konnten also im Jahr 2015 auch keine Grenzen geöffnet werden.

Erst am 13. September 2015 führte Deutschland - böse Zungen behaupten, dies sei in Anbetracht eines Kontrollverlustes geschehen, der sich angesichts des "Willkommenssignals" aus Berlin eingestellt hätte - an der deutsch-österreichischen Grenze wieder Kontrollen ein. Die Regierung erklärte später dazu, dieser Schritt sei erforderlich gewesen,

um wieder zu einem geordneten Verfahren an der Binnengrenze bei der Bewältigung des Flüchtlingsstroms (einschließlich von Fahndungsüberprüfungen und erkennungsdienstlicher Maßnahmen an der Grenze und/oder im Inland) zu gelangen und Aspekten der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit Rechnung zu tragen.

Kritiker werten dies als verklausuliertes Eingeständnis, die Lage, die man selbst geschaffen hätte, nicht mehr im Griff gehabt zu haben.

Obama lobte Kanzlerin für Maßnahme, die es laut Faktenfinder nicht gab

Wer den an sich selbst gestellten Anspruch des ARD-Faktenfinders und dessen Sendungsbewusstsein kennt, mag erahnen, dass der Beitrag, der den Leser darüber belehrt, dass es gar keine Grenzöffnung durch die Kanzlerin gegeben habe, im Umkehrschluss nahelegt, nur "Rechtspopulisten" und professionelle Verbreiter von Fake News könnten anderweitiges behaupten.

Der Schönheitsfehler daran: Die ARD und insbesondere die Tagesschau haben wiederholt selbst den Begriff der "Grenzöffnung" als wertfreie Tatsachenbeschreibung verwendet und sogar berichtet, dass der damalige US-Präsident Barack Obama sich bei der Bundeskanzlerin für ebendiese bedankt habe.

Die Tagesschau hat, wie aus mehreren Screenshots hervorgeht, die Ereignisse des damaligen Spätsommers selbst als "Grenzöffnung" bezeichnet, ja sogar einen Brennpunkt unter dem Titel "Flüchtlingswelle nach Grenzöffnung" beworben.

Nun stellt sich die Frage: Wenn die Rede von der "Grenzöffnung" im Kern, wie der Artikel andeutet, in Richtung "Verschwörungstheorie" oder Postfaktizität geht – haben sich dann nicht am Ende nicht die ARD und die Tagesschau selbst als vermeintliche "rechtspopulistische Fake-News-Schleudern" geoutet?

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