China und Kroatien: Der Beginn eines "Diamantenzeitalters"
von Zlatko Percinic
Unbeirrt vom immer stärker werdenden Gegenwind aus Brüssel, setzt China emsig das Mega- und Generationenprojekt OBOR (One Belt, One Road) um. Während die Europäische Union nach wie vor die größte Investorin auf dem südwestlichen Balkan ist, hatte sie in den vergangenen zwei Jahrzehnte keinen Konkurrenten um Macht und Einfluss in der Region. Für die Länder des ehemaligen Jugoslawien bedeutete dies, dass sie sich den Bedingungen und Vorstellungen Brüssels unterordnen mussten, um an dringend benötigte Gelder aus EU-Strukturfonds zu kommen.
Die daraus entstandene Entwicklung in diesen Ländern – vor allem bei den EU-Beitrittskandidaten und Kroatien, das 2013 vollwertiges EU-Mitglied wurde – hat nicht etwa wie erhofft zu einem positiven Wandel in der Wirtschaft und Gesellschaft geführt, sondern blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Das bestätigte auch der Brüsseler Büroleiter der deutschen regierungsnahen Denkfabrik Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Dušan Reljić. In einem Interview mit der schweizerischen Neue Zürcher Zeitung (NZZ) warnte er bereits 2017, dass das "bisherige Modell nichts taugt".
Europäische Unternehmen, vor allem aus Deutschland und Italien, die tatsächlich mit großzügigen staatlichen Subventionen eigene Niederlassungen in der Region eröffneten, wollten am Ende lediglich von billigen Arbeitskräften profitieren und hätten nicht viel für Forschung und Entwicklung beigetragen. So blieb "der Balkan die billige Werkbank an der Peripherie des EU-Wirtschaftsraums", sagte Reljić.
In dieses mithilfe der EU entstandene Vakuum stößt nun seit wenigen Jahren China und bietet Ländern wie dem neuen Nordmazedonien, Serbien und Kroatien eine Alternative an: Peking investiert Milliarden in den Ausbau und Modernisierung von Infrastruktur- und Technologieprojekten, und dass ohne vermeintlich lästige Vorlagen und Bedingungen. Aus reiner Nächstenliebe finanziert Peking diese Projekte natürlich nicht. Indem Häfen, Bahnlinien, Brücken und Kommunikation modernisiert oder gänzlich neu gebaut werden, sichert sich das Reich der Mitte die Mittel und Wege für die "Neue Seidenstraße".
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Kroatien kommt auf dem Balkan dabei eine führende Rolle zu. Nicht nur, dass es ein EU-Mitgliedsstaat ist, es liegt auch geostrategisch an einer wichtigen Drehscheibe mit Meerzugang. Zagreb sieht sich bereits als Drehschreibe für den Warenverkehr von/nach Osteuropa bzw. Asien. Ministerpräsident Andrej Plenković hat sich in den vergangenen zwei Jahren insgesamt fünfmal mit seinem chinesischen Amtskollegen Li Keqiang getroffen, so oft wie mit keinem anderen Kollegen.
Nun folgte das sechste Aufeinandertreffen der beiden Ministerpräsidenten, zum ersten Mal in Kroatien. Der Besuch der von Li Keqiang angeführten 250-köpfigen Delegation in Zagreb fand im Vorfeld der "16+1-Kooperationskonferenz" statt, die am 11. und 12. April in der dalmatischen Hafenstadt Dubrovnik stattfindet. Daran nehmen elf EU-Staaten (Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn) und fünf Nicht-EU-Länder (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien) sowie China teil. Dieser auch als "CEEC & China" (Central and Eastern European Countries and China) bekannte Gipfel findet zum neunten Mal statt und bringt fast alle osteuropäischen Staaten mit China an einen Tisch, um die Rahmenbedingungen für die Umsetzung von OBOR zu schaffen.
In Kroatien hat China bereits mit einem Prestigeprojekt begonnen. Das Unternehmen China Road and Bridge Corporation (CRBC) hatte eine internationale Ausschreibung für den Bau der Pelješac-Brücke gewonnen, die die gleichnamige Insel im Süden Kroatiens mit dem kroatischen Staatsgebiet verbinden soll. Der Bau der 2,4 Kilometer langen und 55 Meter hohen Brücke hat bereits begonnen und soll bis spätestens 2021 fertiggestellt sein. 85 Prozent der Kosten von 2,08 Milliarden Kuna (rund 270,2 Millionen Euro) werden aus dem EU-Kohäsionsfonds finanziert. Beim gemeinsamen Besuch der beiden Ministerpräsidenten auf der Baustellte sprach Plenković von einem "Projekt des Friedens und der Sicherheit".
Bei dem Besuch der chinesischen Delegation wurden auch neue Verträge abgeschlossen. Kroatien soll Milchprodukte, Fleisch sowie Elektrotechnik liefern – Rimac Automobili baut in China ein Werk für Elektrobatterien- und Motoren – und sogar Sportausbilder nach China schicken. Li meinte, dass in seinem Land mit "500 Millionen" Menschen die größte Fangemeinde der kroatischen Fußballnationalmannschaft existiert.
Zudem soll Peking Interesse gezeigt haben, den Industriehafen von Rijeka zu modernisieren und auszubauen sowie die Traditionswerft Uljanik vor ihrem Untergang zu bewahren. Außerdem verhandeln beide Länder über den Ausbau des Eisenbahnnetzes von Rijeka nach Zagreb, um die Schiffscontainer schneller und in größerer Zahl in das europäische Logistiknetz einzuspeisen. Von Zagreb aus sind die weiteren wichtigen Hauptstädte der Region wie Wien und Budapest nicht mehr weit entfernt und schnell erreichbar.
Der slowenische Außenminister Miro Cerar äußerte hingegen bereits seine Befürchtung, dass die chinesischen Investitionen in den Hafen Rijeka den eigenen Hafen von Koper in Bedrängnis bringen könnten. Diese Befürchtung ist nicht unbegründet: China plant auch Investitionen in den italienischen Hafen von Triest (sowie Genua, Palermo und Ravenna), der keine 20 Kilometer von Koper entfernt ist.
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Während sich Deutschland mit den USA über den Ausbau eines 5G-Netzes zusammen mit Huawei streitet, haben Bernard Gršić, Staatssekretär für die Entwicklung einer digitalen Gesellschaft, und der Direktor von Huawei in Kroatien, Zhang Heng, eine Absichtserklärung für die "digitale Transformation" unterzeichnet. Gemeint ist damit die Entwicklung von "Smart Cities", gemeinsame Forschung und Entwicklung im Bereich der Künstlichen Intelligenz, wissenschaftlicher Austausch und eben auch der Aufbau eines 5G-Netzes. In diesem Bereich hat die kroatische Telekom nach eigenen Angaben bereits die Weichen gestellt und gehört zu den ersten Ländern in Europa, die die Funktionalität unter realen Bedingungen erfolgreich getestet haben.
Kein Wunder also, dass Li Keqiang von dem Beginn eines "Diamantenzeitalters" zwischen China und Kroatien sprach und halb im Scherz meinte, dass sich das "charmante Land mit den tausend Inseln" auf einen Ansturm chinesischer Gäste vorbereiten soll.
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