Europa

"Christentum nicht friedlich": Britische Behörde beruft sich bei Ablehnung von Asylantrag auf Bibel

Die britische Einwanderungsbehörde scheut offenbar keine Mittel, wenn es um die Ablehnung von Asylanträgen geht. Einem iranischen Antragsteller, der zum Christentum konvertiert war, wurde anhand von Bibelzitaten "nachgewiesen", wie "unfriedlich" das Christentum ist.
"Christentum nicht friedlich": Britische Behörde beruft sich bei Ablehnung von Asylantrag auf Bibel© WikiMedia/Commons

von Timo Kirez

"Ihr sollt eure Feinde jagen, und sie sollen vor euch her ins Schwert fallen" – dieses und weitere Bibelzitate soll die britische Einwanderungsbehörde laut einer Meldung der New York Times genutzt haben, um einen vom Islam zum Christentum konvertierten Iraner davon zu überzeugen, dass das Christentum keineswegs eine friedliche Religion ist. Denn genau das hatte der Antragsteller behauptet. Der Iraner gab an, Christ geworden zu sein, weil es sich um eine "friedliche Religion" handle.

Mehr zum Thema - EuGH: Großbritannien bleibt bis zum Brexit im EU-Asylsystem

Offenbar weckte das die kreativen Geister bei den Mitarbeitern der Einwanderungsbehörde. In einem Antwortschreiben wurden dem Mann mehrere "gewalttätige" Bibelzitate präsentiert, um der These eines friedlichen Christentums den Garaus zu machen. In dem Schreiben an den Antragsteller, das in Auszügen von seinem Rechtsbeistand Nathan Stevens in den sozialen Medien veröffentlicht wurde, steht unter anderem zu lesen:

Diese [Zitat-]Beispiele stehen im Widerspruch zu Ihrer Behauptung, dass Sie zum Christentum konvertiert sind, nachdem Sie entdeckt hatten, dass es sich um eine 'friedliche' Religion handelt, im Gegensatz zum Islam, der Gewalt, Wut und Rache enthält.

"Ich habe im Laufe der Jahre viel gesehen, aber selbst ich war wirklich schockiert, als ich diese unglaublich beleidigende Schmährede las, die benutzt wurde, um eine Asylverweigerung zu rechtfertigen", schrieb Stevens auf Twitter.

Dieser "Kniff", wen man es denn so bezeichnen will, rief prompt die Church of England auf den Plan, die das Vorgehen scharf verurteilte. "Ich bin äußerst besorgt, dass eine Regierungsstelle die Zukunft eines anderen Menschen auf der Grundlage eines so tiefgreifenden Missverständnisses der Texte und Praktiken der Glaubensgemeinschaften bestimmen kann", schrieb Bischof Paul Butler von Durham in einer Erklärung.

"Auszüge aus der Offenbarung zu verwenden, um zu argumentieren, dass das Christentum eine gewalttätige Religion ist, ist wie zu argumentieren, dass ein Regierungsbericht über die Auswirkungen des Klimawandels Dürre und Überschwemmungen unterstütze", fügte er hinzu. Auch Menschenrechtsorganisationen kritisierten den Vorfall und bezeichneten ihn als einen weiteren Beleg für die "überharte Einwanderungspolitik" Großbritanniens. Colin Yeo, ein Anwalt mit Spezialisierung aufs Einwanderungsrecht, erklärte gegenüber der New York Times:

Es ist sehr schwer zu sagen, ob die Person [Antragsteller] die Wahrheit sagt, und man muss darüber nachdenken, was die Motivation der Person ist […] Aber so weit zu gehen, bestimmte Verse auszugraben, um zu versuchen, eine Behauptung zu rechtfertigen, scheint äußerst bizarr […] Ich habe viele Fälle gesehen, in denen das Innenministerium nicht glaubt, dass die Person nicht vom Islam zum Christentum konvertiert ist, aber ich habe noch nie so etwas gesehen.

Durch die zunehmende Empörung im Internet sah sich das britische Innenministerium am Ende genötigt, eine Erklärung abzugeben und sich zu distanzieren. Zwar bestätigte das Ministerium die Authentizität des Vorgangs, erklärte aber gleichzeitig etwas verklausuliert:

Dieser Brief steht nicht in Übereinstimmung mit unserem politischen Ansatz für Ansprüche, die auf religiöser Verfolgung beruhen, einschließlich Bekehrungen zu einem bestimmten Glauben.

Cynthia Orchard, Rechtsberaterin der Wohltätigkeitsorganisation Asylum Aid, nannte das Schreiben der Behörde "ein entsetzliches Entscheidungsschreiben." Allerdings sei es nur eines von "vielen anderen Beispielen dafür, dass das Innenministerium furchtbar unfaire Entscheidungen in Asyl- und anderen Angelegenheiten trifft."

Schon im Jahr 2018 stand das britische Innenministerium stark in der Kritik, nachdem viele langjährige rechtmäßige Einwohner Großbritanniens mit westindischer und karibischer Abstammung zu Unrecht zu undokumentierten, und somit illegalen, Einwanderern erklärt worden waren. Einige wurden sogar festgenommen und ihnen wurde mit Abschiebung gedroht. Der öffentliche Sturm der Entrüstung führte dazu, dass die damalige Innenministerin Amber Rudd ihren Hut nehmen musste und sich Premierministerin Theresa May öffentlich bei den in Großbritannien als "Windrush-Generation" bezeichneten Betroffenen öffentlich entschuldigte.

Im Jahr 2018 sank die Zahl der Asylbewerber im Vereinten Königreich im Vergleich zum Vorjahr um 26 Prozent. Gleichzeitig waren 39 Prozent der gegen die Entscheidung der Einwanderungsbehörde eingereichten Beschwerden erfolgreich. Auch der Rechtsbeistand des Iraners hat inzwischen angekündigt, eine formelle Beschwerde einzureichen. Ganz friedlich.

Mehr zum ThemaGroßbritannien entzieht IS-Bräuten die britische Staatsbürgerschaft

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.