Europa

George Soros: "Europa steht an der Schwelle zu einem Albtraum"

Die EU stehe vor dem Kollaps, schreibt der Milliardär George Soros in einem Gastbeitrag. "Europafeinde" könnten bei den Wahlen zum EU-Parlament im Mai triumphieren. Deshalb sei nun der Moment, die "schlafende proeuropäische Mehrheit" zu wecken.
George Soros: "Europa steht an der Schwelle zu einem Albtraum"Quelle: Reuters © Fabrice Coffrini

Der US-amerikanische Milliardär und Spekulant George Soros, der im medialen Mainstream auch gern als Philanthrop bezeichnet wird, hat in einem Beitrag für das Nachrichtenportal MarketWatch davor gewarnt, dass Europa an der Schwelle zu einem Albtraum stehe.

Europa - gemeint ist bei Soros damit immer die Europäische Union - sei auf dem "Weg ins Vergessen". Wenn die Völker Europas nicht noch aufwachten, gehe die EU den Weg der Sowjetunion 1991. Weder die Bürger noch ihre politischen Führer verstünden, dass wir uns in einem "revolutionären Moment" befänden und dass die Zukunft vollkommen offen sei.

Die meisten nähmen an, dass die Zukunft immer der Gegenwart gleicht, aber das müsse nicht sein. Die Europawahlen im Mai 2019 stellten einen Wendepunkt dar. Leider, so Soros, genössen die "antieuropäischen Kräfte" einen Wettbewerbsvorteil an der Urne. Als Gründe dafür nennt der Milliardär das überkommene Parteiensystem, die praktische Unmöglichkeit einer Änderung der EU-Verträge sowie fehlende Instrumente zur Disziplinierung von Mitgliedern, die gegen Gründungsprinzipien der EU verstießen.

In der Folge betrachtet Soros, beginnend mit Deutschland, die Situation in einigen Ländern. Die Union zwischen CDU und CSU sei durch den Aufstieg der AfD in Frage gestellt und unhaltbar geworden, die Haltung der Union zur EU nun ambivalent. Dennoch sei die Lage in Deutschland alles andere als hoffnungslos, weil der Aufstieg der AfD in den Umfragen gestoppt und sich dafür die Grünen als "einzige konsequent proeuropäische Partei" im Aufwind befänden.

In Großbritannien verhindere ein antiquiertes Parteiensystem, dass der "Wille des Volkes" seinen Ausdruck finde. Dieser kann für Soros nur darin bestehen, dass der Brexit rückgängig gemacht oder noch einmal über ihn abgestimmt wird.

Auch Italien befinde sich in einer schlimmen Lage. Hier habe die strikte Umsetzung des Dublin-Abkommens durch die EU die eigentlich "proeuropäischen" Wähler in die Arme der "europafeindlichen" Parteien getrieben. Immerhin sammele sich gerade eine Liste der "proeuropäischen" Kräfte. Eine ähnliche Neuordnung des Parteiensystems sieht Soros in Frankreich, Polen und Schweden.

Bei den EU-weiten Parteienbündnissen sehe es nicht besser aus. Besonders die Europäische Volkspartei trifft der Zorn Soros'. Diese sei prinzipienlos, weil sie die Fidesz-Partei des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán nicht ausgeschlossen hat. Soros und Orbán sind sich in besonders herzlicher Abneigung verbunden.

Am Ende seines Beitrags fordert Soros, die EU zu bewahren – indem man sie radikal neu erfindet. Wieder greift er zu einem Vergleich mit der Sowjetunion: Die gegenwärtige EU-Führung gleiche dem Politbüro während des Zerfalls der UdSSR.

Soros schlägt zur Rettung der EU vor ihren inneren und äußeren Feinden - hier dürfte, obwohl nicht genannt, Russland gemeint sein - zwei Schritte vor. Zum Ersten solle man die Größe der Bedrohung erkennen, die diese darstellten. Zum Zweiten müsse man die "schlafende proeuropäische Mehrheit wecken", um die Gründungswerte der EU zu verteidigen.

Soros' Beitrag ist aus mehreren Gründen interessant. Erstens scheint er die Lage der EU tatsächlich als sehr schwierig einzuschätzen, auch wenn etwas Dramatisierung im Spiel sein mag. Zweitens fällt auf, dass Soros das Soziale völlig außer Acht lässt und nicht darauf eingeht, wie die Bürger der EU-Staaten den Einfluss der EU und der von ihr beförderten Politik erleben.

Drittens hat er offenbar das Vertrauen in einen großen Teil des eigentlich die EU tragenden Parteienspektrums verloren. Die Nähe zu den Grünen kann dagegen kaum überraschen. Viertens und letztens fällt ins Auge, dass ausgerechnet Soros bei seiner Beschreibung des Zustands der EU gleich zweimal auf Vergleiche mit der Sowjetunion zurückgreift. Bisher waren solche Vergleiche eher bei den Kritikern der EU beliebt und galten bisher unter EU-Freunden als nicht statthaft.

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