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Rechtsprofessorin kritisiert: Mazedonien wird zum NATO-Beitritt gezwungen

Mazedonien wurde laut einer Rechtsprofessorin gegen sein Willen und trotz des Scheiterns des Namensreferendums zur Aufgabe seiner nationalen Identität gezwungen. Da Mazedonien geostrategisch bedeutsam ist, werde das Land zum NATO-Beitritt genötigt.
Rechtsprofessorin kritisiert: Mazedonien wird zum NATO-Beitritt gezwungenQuelle: www.globallookpress.com

von Ali Özkök

RT Deutsch hat mit Tanja Karakamisheva-Jovanovska gesprochen. Sie ist ordentliche Professorin für Verfassungsrecht und politisches System an der Juristischen Fakultät "Iustinianus Primus" in Skopje. Sie ist Mitglied der Venedig-Kommission der Republik Mazedonien.

Das Namensreferendum und die damit verbundenen Folgen in Mazedonien werden von Kritikern oft als politisch motivierte Einschränkung der nationalen Souveränität des Landes bezeichnet. Wie beurteilen Sie als Rechtsprofessorin die Legitimität des Referendums?

Gemäß der Verfassung und dem Referendumsgesetz sowie auf der Grundlage der Entscheidung der offiziellen staatlichen Wahlkommission wurde das Referendum vom 30. September 2018, zum Glück für die Mehrheit der Mazedonier, für erfolglos erklärt, weil die erforderliche Beteiligungsschwelle nicht erreicht wurde. Gemäß den Rechtsakten des Staates gilt der Referendumsbeschluss als angenommen, wenn die Mehrheit der Bürger abgestimmt hat, das heißt, wenn die Hälfte der Gesamtzahl der in der Wahlliste eingetragenen Bürger abgestimmt hat.

Da das Referendum das stärkste Instrument zur Bekundung des souveränen Willens der Bürger ist, gelten alle Prozesse, die die Regierung nach dem 30. September 2018 eingeleitet hat, als illegitim und stehen im Widerspruch zum souveränen Willen der Bürger. Dies stellt einen Verstoß gegen Artikel 2 der Verfassung der Republik Mazedonien dar. Der besagt, dass die Souveränität von den Bürgern ausgeht und den Bürgern gehört. Da das Referendum von mehr als 1,2 Millionen Bürgern boykottiert wurde, ist die Botschaft der Bürger klar. Die Bürger lehnten mit ihrem lauten Schweigen das sogenannte Prespa-Abkommen und die Änderung des Namens des Landes ab. Nicht einmal die verfassungswidrige, illegale, mehrdimensionale und manipulative Referendumsfrage hat es geschafft, die Bürger zu zwingen, das Referendum anzunehmen und für ihre eigene Zerstörung als Nation zu stimmen.

Die Mehrheit der Mazedonier verstand das schmutzige Referendumsspiel und stimmte nicht ab, was bedeutet, dass sie der Regierung keine Legitimität gab, den Prozess des kulturellen und politischen Völkermords an den Mazedoniern fortzusetzen. Dieses Referendum sollte als historisches Ereignis bezeichnet werden, das die ekelhafte destruktive Politik des Westens gegen die Mazedonier in aller Schärfe zeigt.

Können Sie Gerüchte bestätigen, dass die Regierung das Referendum im Parlament am Freitag nur durchboxen konnte, nachdem zahlreiche Politiker der konservativen Partei VMRO-DPMNE durch "Drohungen und Bestechungen" zur Zustimmung gezwungen wurden?

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die acht Abgeordneten, die der größten Oppositionspartei den Rücken kehrten und sich der Regierung unterordneten, um die Mehrheit für die Verfassungsänderungen zu gewinnen, lange Zeit mit Fällen erpresst wurden, die von der Sonderstaatsanwaltschaft mit illegal abgehörtem Material, mit Bestechung und auf andere illegale Weise erhoben wurden.

All dies führte letztlich zur Bereitschaft von 81 Abgeordneten, die entgegen unserem Willen verfassungsrechtliche Änderungen vorgenommen und unseren Personalausweis geändert, unsere Geschichte und Kultur geändert, unsere Grundrechte auf Selbstbestimmung, Identität, Würde und persönliche Integrität verletzt und uns in Bürger der Republik Nordmazedonien umbenannt haben. Sie vollendeten die lange Arbeit der ausländischen Interventionisten zur vollständigen Vernichtung und Auslöschung der Mazedonier. Mit dem Verbot der Verwendung des Adjektivs "mazedonisch" hat die Regierung den Griechen praktisch erlaubt, unsere persönlichen, unbestreitbaren Rechte zu verletzen, die sich aus den internationalen Menschenrechtsakten ergeben. All dies ist das Ergebnis des Szenarios eines mächtigen Staates, der sich über einen schwächeren Staat stellt.

Zusammengefasst, Mazedonien erlebte eine westliche Farbrevolution, die in der gewaltsamen Eliminierung der Institutionen einer rechtmäßig gewählten Regierung durch Druck und Erpressung mündete.

Russland hat die Legitimität des Prozesses zur Änderung des Namens Mazedoniens hinterfragt. Wie wurde die Haltung Moskaus unter der mazedonischen Bevölkerung und in den politischen Kreisen in Skopje aufgenommen?

Die Haltung Russlands gegenüber dem Völkermord, der in meinem Land begangen wird, war von Anfang an sehr prinzipiell und stand im Einklang mit den Normen und Werten des Völkerrechts. Es ist nicht zulässig, dass eine kleine Nation wie Mazedonien im 21. Jahrhundert eine solche politische und kulturelle Ungerechtigkeit erleidet.

Es ist unzulässig, dass die internationalen Positionen der UNO oder des Europarates in Mazedonien nicht gültig sind und die Verfassung sowie die Gesetze des Staates täglich verletzt werden. All dies wurde von den offiziellen Behörden Russlands als eine genaue Diagnose dessen ausgesprochen, was wirklich in meinem Land geschieht. Das Volk stimmt den Erklärungen der russischen Behörden uneingeschränkt zu, dass in Mazedonien gegen nationales und internationales Recht verstoßen wird. Diese Erniedrigung dient ausschließlich dazu, Mazedonien in die NATO aufzunehmen.

Was ist Ihrer Meinung nach eigentlich der Grund, warum die EU und die NATO den Beitritt Mazedoniens so vehement fordern?

Es geht um die geografische Lage von Mazedonien. Geostrategisch gesehen kommt Mazedonien inmitten des Balkans eine bedeutsame Lage zu, die für die beiden Großmächte interessant und entscheidend ist. Daher ist es ihr Interesse, dieses Gebiet so schnell wie möglich als ihre eigene Zone zu bezeichnen.

Der mazedonische Präsident Ivanov sagt, dass das Prespa-Abkommen und die Ratifizierung des albanischen Sprachgesetzes eine brutale Verletzung der Verfassung darstellen. Warum soll ein einfaches Sprachgesetz ein solch großes politisches Gewicht haben?

Mehr als 20 hochrangige Professoren für Völkerrecht aus aller Welt sprachen im vergangenen Sommer über die Unvereinbarkeit des Prespa-Abkommens mit dem Völkerrecht. Das Prespa-Abkommen ist kein Vertrag, sondern ein klassisches Ultimatum von Griechenland an unser Land. Die Prespa-Vereinbarung steht im Widerspruch zu unserer Verfassung, da sie verfassungswidrige Kategorien vorsieht: Änderung des Namens des Staates, des Namens des Volkes, Änderung der Geschichte, der Kultur und der Tradition. Präsident Ivanov hat sich zu Recht gegen das Abkommen ausgesprochen und das Gesetz über seine Ratifizierung nicht unterzeichnet. Die Vereinbarung verstößt gegen die Normen des ius cogens (zwingendes, unabänderliches Recht; Anm. d. Red.), die mit keiner bilateralen oder anderen Art von Vereinbarung geändert werden können. 

Dieses Gesetz, das bereits in Kraft getreten ist, obwohl es nicht von Präsident Ivanov unterzeichnet wurde, wird große Probleme für das Funktionieren des Staates verursachen. Mit seinem Inkrafttreten wird der einende Charakter des Staates praktisch untergehen. Darüber hinaus gibt es kein Land auf der Welt, in dem eine Minderheit mit weniger als 20 Prozent der Bevölkerung das Recht hat, ihre Sprache im gesamten Staatsgebiet zu verwenden. Dieses Gesetz wird unser Land dysfunktionaler machen, was ein Auftakt für seine Kantonisierung oder Föderalisierung und in naher Zukunft für die Abspaltung des westlichen Teils des Landes und seinen Beitritt zum benachbarten Albanien sein wird. Es ist für viele klar, dass das Sprachengesetz ein trojanisches Pferd für die Gründung Großalbaniens ist.

Griechische Politiker sagten, dass Skopje seinen Namen und seine Identität nutzen will, um Gebietsansprüche auf Nordgriechenland geltend zu machen. Sieht das politische Establishment in Skopje das auch so?

Es handelt sich lediglich um eine Rechtfertigung und Tarnung für die eigene Völkermordpolitik, die die griechische Politik gegenüber den Mazedoniern betreibt. Es ist jedem klar, dass es bei dem Problem mit dem Staatsnamen nicht nur um den Namen geht, sondern vor allem um die mazedonische Identität.

Andererseits ist es klar, dass es schon theoretisch nicht und praktisch noch weniger möglich ist, dass Mazedonien eine Bedrohung für die territoriale Integrität Griechenlands darstellt.

Erstens ist Griechenland nach Territorium und Bevölkerung um ein Vielfaches größer, aber auch wirtschaftlich und militärisch stärker als Mazedonien, zweitens ist Griechenland Mitglied der NATO und der EU, drittens hat Mazedonien 1992 unter dem Druck Griechenlands eine Verfassungsänderung vorgenommen, in der ausdrücklich festgestellt wird, dass Mazedonien keine territorialen Ansprüche an seinen Nachbarn stellt, und viertens gibt es kein Interesse an solchen möglichen Szenarien im Land.

Dieses politische Establishment, das derzeit als eingesetzte Regierung das Land regiert, kümmert sich überhaupt nicht um die Interessen der Mazedonier, weil es nicht an die Macht gebracht wurde, um sich um die Belange der Bevölkerung zu kümmern.

Vielen Dank für das Gespräch! 

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