Für die pro-britischen Narrative: Die wahre Trollfabrik zur Beeinflussung europäischer Medien
Das Dokument sickerte von einer Gruppe durch, die angeblich mit den anonymen Hackern in Verbindung steht. Die ersten Leaks zeigten, dass die "Integrity Initiative" (II) heimlich "Cluster" von "Influencern" (Beeinflussern) in ganz Europa betrieben hatte, die dafür sorgten, dass pro-britische Narrative die Medien dominieren.
Der zweite Teil der Enthüllungen machte deutlich, wie die Organisation auch innerhalb Großbritanniens Desinformationskampagnen durchführte – z. B. eine Schmierkampagne gegen Labour-Führer Jeremy Corbyn. Dies alles unter dem Vorwand, dadurch "russische Propaganda" zu bekämpfen.
Jetzt deckt eine dritte Reihe von Enthüllungen auf, dass das Projekt angeblich wie eine moderne Version von Operation "Mockingbird" funktioniert. "Mockingbird" war ein geheimnisvolles Projekt aus den 50er Jahren, bei dem die CIA Hand in Hand mit willigen Journalisten in wichtigen Medien zusammenarbeitete, um sicherzustellen, dass bestimmte Inhalte vorhanden waren.
Dieses Mal allerdings handelt es sich um eine vom britischen Staat finanzierte Organisation mit engen Verbindungen zu den Nachrichtendiensten und zum Militär. Letzteres präsentiert sich dabei als unparteiische "Wohltätigkeitsorganisation".
- Eine "große und ehrgeizige Infowar-Kampagne": In einer der bislang aufschlussreichsten Enthüllungen unterbreitete ein französisches Unternehmen mit dem Namen "Lexfo" einen angeblich "streng vertraulichen" Vorschlag, um Propaganda für II auf "mehreren hundert bestehenden und glaubwürdigen" Nachrichtenseiten in "mehreren Sprachen" zu verbreiten. Das Unternehmen bot darüber hinaus seinem potenziellen Kunden das Erstellen von Nachrichtenseiten an, um die Ziele von II zu erfüllen – Standorte, von denen behauptet wird, sie seien "scheinbar unabhängig, um ihre Glaubwürdigkeit zu gewährleisten". Lexfo schlug auch die Überwachung von Wikipedia-Einträgen vor und aggressive Kampagnen, um Webseiten oder Nachrichtenseiten zu "diskreditieren und einzuschüchtern", von denen angenommen wird, dass sie "gefälschte Nachrichten" fördern – dies schloss auch rechtliche Schritte gegen Werbebetreiber ein, um so die Werbung zu blockieren und so diese Plattformen einstellen zu lassen. Letztendlich offerierte Lexfo eine "große und ehrgeizige Infowar-Kampagne", die man "nicht nachverfolgen" könne. Eine der wenigen Nachrichtenseiten, welche über den Skandal berichteten, war die schottische Daily Record. Am 16. Dezember schlug der Autor des Artikels vor, dass, wenn die II " eine Geschenkverpackungs-Intelligenz für Journalisten wäre, die verzweifelt genug sind, dies als ihre eigene Arbeit zu verkaufen, ohne richtige Quellenzuordnung", dies dann eine "weitere Untersuchung wert" wäre. Tatsächlich scheinen diese neuen Verbindungen davon zu zeugen, dass genau dies geschehen ist.
- Militärische Geheimdienste ausgenommen: Die öffentlich gewordenen Details brachten auch weitere Informationen über eine der Schlüsselfiguren, Chris Donnelly, ans Tageslicht, und damit über das "Institut for Statecraft" (IfS). Donnelly verfügt über einen umfangreichen Hintergrund im militärisch-geheimdienstlichen Bereich. Aus einem Dokument geht hervor, dass Donnelly in Paris versucht haben soll, vermeintlich unabhängige Journalisten für seine Aktivitäten zu gewinnen. Donnelly gibt eine Liste von Journalisten an, von denen er glaubte, dass sie in das Projekt "sicher involviert" sein könnten und die seiner Meinung nach "die Dinge auf unsere Weise" sähen. Ein weiteres Dokument enthüllt, dass Donnelly eine Liste mit vorgeschlagenen "militärischen Maßnahmen" erarbeitet hatte, die er während der Krimkrise im Jahr 2014 umsetzen würde, wenn er "verantwortlich" wäre – einschließlich der Verlegung von Minen in der Bucht von Sewastopol. Die Frage, die gestellt werden sollte, ist, warum eine Einrichtung, die eine Desinformations-Kampagne betreibt, Vorschläge für militärische Maßnahmen eines Landes wie Großbritannien erarbeitet. Das Projekt wurde aber nicht nur vom britischen Außenministerium finanziert, sondern auch von der britischen Armee und dem Verteidigungsministerium, welches dies stets bestritten hatte, bis eine durchgesickerte Rechnung das Gegenteil bewies. In einer Zusammenfassung "privater Diskussionen" zwischen Donnelly und dem pensionierten britischen Armeegeneral Sir Richard Barron wird die 77. Brigade für die "Ausschöpfung der sozialen Medien" gepriesen. In einem Dokument, welches auf der IfS-Webseite veröffentlicht wurde, empfiehlt Donnelly "spezielle Trainingsprogramme", um "moralische und ethische Werte" bei Kindern schon im Alter von 8 Jahren zu fördern. Eine Idee, die George Orwells Werk entsprungen zu sein scheint.
- Skripal Überwachungskampagne: Nach der Vergiftung des ehemaligen russischen Spions Sergei Skripal im März trat das II in Aktion und soll wohl einen Vorschlag zur Überwachung der Diskussionen in den sozialen Medien unterbreitet haben, um "zu bewerten, wie der Vorfall in Europa wahrgenommen wird". Das Ziel sei es gewesen, in den sozialen Medien Schlüsselfiguren mit hoher Einflussnahme zu etablieren und festzustellen, wer gegenüber Großbritannien "freundlich" gesonnen ist. Dabei wurden Listen von Tweets und Berichte aus verschiedenen Ländern zur Skripal-Affäre zusammengestellt, um zu untersuchen, wie Journalisten in Europa reagierten. Ein Bericht aus Italien vermeldete Zweifel an den britischen Narrativen von "qualitativ hochwertigen Zeitungen" und schlug eine "effektive, diskrete und artikulierte Informationskampagne" vor, welche sich auf die wichtigsten Persönlichkeiten der italienischen Politik und Medien richten sollte.
- Schottland in Gefahr: "Wahnsinnige in Schottenröcken": Einige der Veröffentlichungen zeigen auch Sorgen über Risse im Königreich selbst auf, insbesondere in Bezug auf die Beziehungen zu Schottland und Nordirland. In einem Dokument heißt es: "Wird die derzeitige Beziehung überdauern oder werden wir eine Bundesbeziehung haben oder unabhängig sein?" In der Zusammenfassung eines Treffens mit David Lease, einem Chefreporter des Herald in Schottland, schreibt der II, dass sich zwischen den vier Teilen des Vereinigten Königreichs ein "lockerer föderaler Charakter" herausbilde und dass die Engländer es nicht bemerkten. Lease befürchte, dass irgendein seltsamer "Scherzkeks im Kilt" zu einer separatistischen Konferenz in Moskau gehen könnte, zeigte sich jedoch erleichtert, als dieser Fall nicht eintraf. Es gebe auch Bedenken dahingehend, dass die "Zufriedenheit mit der BBC" unter den Normalbürgern Schottlands zur Zeit sehr niedrig ist.
Die Büros des IfS befinden sich den Enthüllungen zufolge im Keller eines Gebäudes am Two Temple Place in London. Jeder Versuch von Journalisten, an die IfS-Mitarbeiter heranzukommen, wurde aggressiv zurückgewiesen. Der Parlamentsabgeordnete Chris Williamson sagte, die Regierung habe nun "ernsthafte Fragen zu beantworten", nicht zuletzt, warum sie zweifelhafte Gruppen finanziert, die sich in europäische Angelegenheiten einmischten und falsche Informationen über Jeremy Corbyn und die Labour-Partei verbreiteten. Der Daily Record bezeichnete die Enthüllungen als "einen der größten politischen Skandale des Jahres".
Es grenzt an ein Wunder, dass die meisten Mainstream-Medien nicht auf die Geschichte aufmerksam geworden sind. In Großbritannien haben eine Handvoll hochkarätiger Filialen, einschließlich des Guardian, die Kontroverse mit dem geringsten Aufwand gemeldet, aber die meisten haben sich dagegen gescheut. In den USA herrschte nahezu völlige Stille in Bezug auf diese Angelegenheit.
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