Europa

"Böswillige Programme und Geräte": EU-Parlament will gegen Produkte von Kaspersky Lab vorgehen

Das EU-Parlament bezeichnete Software von Kaspersky Labs in einer Resolution als "böswillig". Das russische IT-Unternehmen wies die Vorwürfe zurück und beendete die 20-jährige Zusammenarbeit mit der EU. Auch Insider stufen den Beschluss als politisch ein.
"Böswillige Programme und Geräte": EU-Parlament will gegen Produkte von Kaspersky Lab vorgehen  Quelle: Sputnik © Kirill Kallinikov / Sputnik

Der russische Geheimdienst ist einigen Zeitgenossen zufolge überall. Nun versucht er sich offenbar auch schon mithilfe von Privatunternehmen ins EU-Parlament zu stehlen, um dort sein Unwesen zu treiben. Das Europäische Parlament, dessen Abgeordnete mehrheitlich Laien auf dem Gebiet der IT sind, forderte jüngst die EU auf, Soft- und Hardware sowie Infrastruktur-Elemente, die in den Behörden eingesetzt werden,

einer umfassenden Überprüfung [zu] unterziehen, um die Verwendung potenziell gefährlicher Programme und Geräte auszuschließen und die Verwendung als böswillig eingestufter Programme und Geräte wie [jener von] Kaspersky Lab zu verbieten.

Kaspersky beendet Zusammenarbeit mit Europol

Die Parlamentsvorlage, die mit 476 zu 151 Stimmen angenommen wurde, entstand unter Federführung des früheren estnischen Außenministers Urmas Paet, Abgeordneter und Parlamentarier, der auch im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten vertreten ist. Seine Aufgabe als Berichterstatter des Europäischen Parlaments für Cyber-Verteidigung sieht Paet im globalen Kontext. Den Cyberspace sieht er vor allem als bedrohliches Feld, in dem die EU mit der NATO - etwa in Form des in Estland ansässigen NATO-Cyberverteidigungszentrums CCDCOE - und den Mitgliedsstaaten ihre "Cyberkapazitäten" in die gemeinsame Verteidigungspolitik einbringen müsste. Obwohl rechtlich nicht bindend, könnte die nunmehrige Resolution zur Folge haben, dass mehrere EU-Mitgliedsstaaten die Nutzung der Produkte des russischen Anbieters im öffentlichen Dienst unterbinden.

Infolgedessen hat sich Firmengründer Eugene Kaspersky aus der Zusammenarbeit mit Europol und der NoMoreRansom-Initiative zurückgezogen.

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Kaspersky bemängelte, dass man zunehmend "Nachrichten" erhalte, die überhaupt keine Nachrichten sind, sondern "ein Vehikel, um den Lesern Bilder von einem 'Feind' zu vermitteln" und die als Grundlage dienen, um hochrangige politische Schritte gegen das nächste Unternehmen zu rechtfertigen, welches aus ideologischen Gründen in Ungnade gefallen ist.

Politisch motivierte Geschäftsschädigung - aber schlecht für die Datensicherheit

Mehrere Experten, darunter Wettbewerber des russischen UNternehmens, sagten, dass mit dieser Maßnahme die Cyberabwehr der EU kaum verbessert werde.

Belege für die Vorwürfe, die Software sei "als bösartig bestätigt", gibt es aber bislang nicht. Auch die zuständige EU-Behörde ENISA (Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit) wurde im Vorfeld dieser möglicherweise folgenreichen Einstufung nicht hinzugezogen. Deren Chef, Udo Helmbrecht, erklärte gegenüber Heise, dass dies eine politische Diskussion sei, an der sich seine Behörde nicht beteilige.

Möglicherweise hat sich das Unternehmen in der EU auch damit Feinde gemacht, dass es auch staatliche Cyber-Operationen enttarnt hat, darunter solche von verbündeten Geheimdiensten wie der NSA und dem britischen GCHQ. Die vom GCHQ stammende Regin-Malware wurde unter anderem im deutschen Bundeskanzleramt gefunden.

Wegen seiner russischen Herkunft steht Kaspersky Lab auch in anderen Ländern unter Druck. So verbannten die USA, Großbritannien, Litauen und die Niederlande bereits Kaspersky-Produkte aus der öffentlichen Verwaltung.

Kaspersky Labs zählt laut Computerbild seit über 20 Jahren zu den beliebtesten Antivirus-Programmen der Welt. Das Unternehmen mit Sitz in Moskau ist in mehr als 200 Ländern weltweit tätig und steht im weltweiten Ranking der Antiviren-Anbieter dem Umsatz nach an vierter Stelle. Kaspersky ist der erste russische Anbieter von Antiviren-Software unter den weltweit führenden.

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