Europa

Trotz angespannter Beziehungen: Exportgarantien und Genehmigung von Rüstungsgütern für Türkei

Trotz der Krise in den deutsch-türkischen Beziehungen hat die Bundesregierung 2017 deutlich mehr Exporte in die Türkei finanziell abgesichert als im Vorjahr. Zudem sollen vor der Freilassung Deniz Yücels Genehmigungen für Rüstungsexporte nach Ankara erteilt worden sein.
Trotz angespannter Beziehungen: Exportgarantien und Genehmigung von Rüstungsgütern für TürkeiQuelle: Reuters

Die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei gelten als angespannt. Manche sprechen sogar von einer Krise. Die Inhaftierungen mehrerer deutscher Staatsbürger sorgten dafür, dass die Bundesregierung ihre Türkei-Politik verschärft hatte. Zumindest rhetorisch. Im Sommer 2017 hieß es, Berlin wolle im Streit mit Ankara die so genannten Hermes-Bürgschaften überprüfen. Dabei handelt es sich um Exportkreditgarantien des Bundes, die einen bedeutenden Bestandteil der deutschen Ausfuhrförderungspolitik darstellen. Hermes-Bürgschaften sollen deutsche Exportunternehmen vor Verlusten durch ausbleibende Zahlungen ihrer ausländischen Geschäftspartner schützen.

Nun aber wird aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Alexander Neu deutlich, dass die Bundesregierung 2017 trotz der Krise in den deutsch-türkischen Beziehungen deutlich mehr Exporte in die Türkei finanziell abgesichert hatte als im Vorjahr. Der Umfang der Hermes-Bürgschaften wuchs um knapp ein Drittel auf 1,458 Milliarden Euro.

Die Bundesregierung denke gar nicht daran, die Wirtschaftsbeziehung zur Türkei zu beeinträchtigen

Eigentlich hatte die Bundesregierung im September 2017 im Rahmen der schärferen Gangart gegenüber Ankara die Exportkreditgarantien gedeckelt -  bei 1,5 Milliarden Euro. Diese Obergrenze war von Anfang an sehr hoch angesetzt. Sie lag deutlich über der Bürgschaftssumme von 1,102 Milliarden Euro aus dem Vorjahr.

"Die Deckelung der Hermes-Bürgschaften war in Wirklichkeit keine Sanktion", sagte der Linken-Politiker Neu zu den Zahlen. "Die Bundesregierung denkt gar nicht daran, die Wirtschaftsbeziehung zur Türkei zu beeinträchtigen." Ob die Hermes-Deckelung für 2018 aufrechterhalten werden soll, ist noch unklar. "Die Entscheidung über eine etwaige Obergrenze für das Jahr 2018 obliegt einer neuen Bundesregierung", heißt es der Deutschen Presse-Agentur zufolge in der Antwort von Wirtschafts-Staatssekretär Matthias Machnig (SPD).

Die Beziehungen zwischen Berlin und Ankara waren schon nach dem Putschversuch in der Türkei 2016 in eine schwere Krise geraten. Im vergangenen Jahr gab es zudem massiven Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland vor dem Verfassungsreferendum in der Türkei im April. Einige Auftritte wurden von deutschen Behörden mit Verweis auf Sicherheitsgründe auch verboten. Der größte Streitpunkt mit Berlin war aber die Verhaftung Deniz Yücels im Februar 2017. Die Freilassung des 44-jährigen Deutschtürken nach einem Jahr Untersuchungshaft wegen Terrorvorwürfen vor rund zehn Tagen wird von türkischer und deutscher Seite nun als Zeichen der Entspannung in den schwer belasteten Beziehungen beider Länder gewertet. Die Bundesregierung betonte stets, dass keine Gegenleistung für die Freilassung versprochen worden sei.

Im Zeitraum vom 18. Dezember 2017 bis 24. Januar 2018 insgesamt 31 Genehmigungen für Rüstungsexporte erteilt

Nun aber berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), dass die Bundesregierung vor der Freilassung des Welt-Korrespondenten zahlreiche Genehmigungen für Rüstungsexporte in die Türkei erteilt habe. Das RND beruft sich dabei auf eine Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Sevim Dağdelen. Demnach wurden im Zeitraum vom 18. Dezember 2017 bis 24. Januar 2018 insgesamt 31 Genehmigungen erteilt. Die Positionen sollen chiffriert sein, genaue Angaben über Art und Umfang der Rüstungsgüter mache die Bundesregierung nicht. Laut RND trage eine Genehmigung den Code "A0013" und das Kürzel stehe für "Spezialpanzer- oder Schutzausrüstung". Ob es sich dabei um die Genehmigung für die umstrittene Aufrüstung von 120 türkischen Panzern vom Typ M60 oder die Nachrüstung von Leopard-2-Kampfpanzern durch den deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall handelt, soll das Ministerium offengelassen haben.

Auch ein Treffen von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) mit hochrangigen Vertretern der deutschen Waffenindustrie, darunter Rheinmetall-Chef Armin Papperger, am 7. November soll das Ministerium bestätigt haben. Zudem soll es unterhalb der Leitungsebene "regelmäßige dienstliche Kontakte von Vertretern des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu Vertretern von Rheinmetall" gegeben haben, heißt es weiter im Bericht des RND.

Linken-Politikerin Dağdelen kritisierte die Waffenlieferungen aufs Schärfste: "Praktisch täglich genehmigt die Bundesregierung einen Rüstungsexportantrag für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan." Das sei skandalös, sagte Dağdelen dem RND.

Mehr zum Thema - Außenminister Sigmar Gabriel will in Sachen Türkei alle Gesprächskanäle nutzen

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