US-Kongress drängt polnischen Präsidenten: Er soll umstrittenes Holocaust-Gesetz blockieren
Seit Samstag ist die zwischenstaatliche Diskussion um das polnische Änderungsgesetz über das Institut nationalen Gedenkens am Köcheln. Nun hat auch der polnische Senat mehrheitlich für das Gesetz gestimmt, das Ende letzter Woche vom polnischen Sejm (polnisches Parlament) bereits erlassen wurde.
Über die israelischen Reaktionen berichteteRT Deutsch bereits.
Ein weiteres Echo erklang aus den Vereinigten Staaten: Acht US-Kongress-Abgeordnete richteten nämlich einen schriftlichen Appell an den polnischen Präsidenten Andrzej Duda.
Diese Gruppe von Abgeordenten beider Parteien sind auch Mitglieder der "Bipartisan Task Force For Combating Anti-Semitism", zu Deutsch: Überparteiliche Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von Antisemitismus, und nennen die polnische Verordnung umgangsprachlich das "Holocaust-Gesetz". Die Abgeordneten seien besorgt um die Redefreiheit in Polen und befürchten, in dem Gesetz ein seriöses Hemmnis für den "Dialog und die wissenschaftliche Arbeit über die Vernichtung der Juden".
Einer der Abgeordneten äußerte sich auf Twitter, wie folgt:
The co-chairs of the Congressional Bipartisan Task Force for Combating Anti-Semitism sent a letter to Polish President Duda urging him to oppose a bill that would criminalize references to Polish complicity in Nazi crimes against Jews during WWII. pic.twitter.com/tlSrhAPvBW
— Rep. Ted Deutch (@RepTedDeutch) 31. Januar 2018
Die beiden Co-Vorsitzenden der überparteilichen Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von Antisemitismus des US-Kongresses sendeten dem polnischen Präsidenten einen Brief, um ihn zur Ablehnung des Gesetzes zu drängen, das Hinweise auf polnische Mittäterschaft bei Naziverbrechen während des Zweiten Weltkrieges unter Strafe stellen würde.
Der Pfad des polnischen Gesetzes
Der nächste Schritt im gesetzgeberischen Prozess innerhalb Polens ist die Positionierung des polnischen Präsidenten Andrzej Duda. Entweder er unterschreibt die jetzige Version des Gesetzes oder – mit einer Empfehlung des US-Kongresses – legt sein Veto ein.
Der ehemalige Ministerpräsident Polens und jetziger Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, der als scharfer Kritiker der jetzigen Regierung in Warschau gilt, twitterte am Donnerstag über die kontroverse Verordnung:
Kto rozpowszechnia kłamliwe sformułowanie o „polskich obozach”, szkodzi dobremu imieniu i interesom Polski. Autorzy ustawy wypromowali to podłe oszczerstwo na cały świat, skutecznie jak nikt dotąd. A więc, zgodnie z ustawą...
— Donald Tusk (@donaldtusk) 1. Februar 2018
Wer die verlogene Formulierung "polnische Lager" verbreitet, schadet dem guten Namen Polens und seinen Interessen. Die Autoren des Gesetzes haben eine schändliche Verleumdung in die ganze Welt getragen; so effektiv, wie niemand zuvor. Dementsprechend, gemäß dem eigentlichen Gesetz ...
Der jetzige Regierungschef der polnischen Republik Mateusz Morawiecki erwiderte am Sonntag die diplomatisch-mediale Erregung um das Gesetz mit einer Metapher, indem er twitterte:
A gang of professional thugs enters a two-family house.They kill the first family almost entirely.They kill the parents of the second, torturing the kids.They loot and raze the house. Could one, in good conscience, say that the second family is guilty for the murder of the first?
— Mateusz Morawiecki (@MorawieckiM) 28. Januar 2018
Eine Bande von professionellen Räubern brechen in ein Zweifamilienhaus ein. Sie bringen die erste Familie nahezu vollkommen um. Sie töten die Eltern der zweiten Familie, sie foltern die Kinder. Sie plündern und zerstören das Haus. Könnte jemand – mit gutem Gewissen – sagen, dass die zweite Familie verantwortlich ist am Mord der ersten?
Ausschnitt aus dem Gesetz
Eine der wichtigsten Stellen im Gesetz, die seit sechs Tagen diskutiert wird, lautet:
Artikel 55a aus der Verordnung über den Schutz des guten Namen Polens:
Wer [...] dem polnischen Volke [...] die Verantwortung oder Teilverantwortung für nazistische Verbrechen, die vom deutschen Dritten Reichen begangen wurden, zuweist [...] oder andere Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschheit oder kriegerische Verbrechen zuweist, unterliegt einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.
Jeder, der das Dokument dieser Verordnung in der Originalsprache direkt einsehen möchte, sei auf folgenden Link verwiesen: https://ipn.gov.pl/download/1/114594/Tekstustawyz26012018-ozmianieustawyoIPNustawyogrobachicmentarzachwojennychustawy.pdf
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