Europa

Keine Einstimmigkeit mehr nötig: EU beschlagnahmt russische Vermögen mit "qualifizierter Mehrheit"

Der Rat der EU hat am Donnerstag auf der Ebene der Botschafter eine Verordnung zur langfristigen Beschlagnahme russischer Vermögen im Wert von 210 Milliarden Euro beschlossen. Erstmals wurde dabei auf Einstimmigkeit verzichtet – es kam der Notfallartikel 122 des EU-Vertrags zur Anwendung, bei dem eine "qualifizierte Mehrheit" genügt.
Keine Einstimmigkeit mehr nötig: EU beschlagnahmt russische Vermögen mit "qualifizierter Mehrheit"© Urheberrechtlich geschützt

Deutschland und andere EU-Staaten haben sich darauf geeinigt, in der Frage der Verwendung der eingefrorenen russischen Vermögen künftig auf Einstimmigkeit zu verzichten und das Mehrheitsprinzip anzuwenden. Das teilte die dänische EU-Ratspräsidentschaft am Donnerstag mit. Damit soll verhindert werden, dass Staaten wie Ungarn oder die Slowakei mit einem Veto die faktische Beschlagnahmung der eingefrorenen Mittel blockieren.

Um das zu umgehen, wollen Deutschland und mehrere weitere EU-Länder auf Artikel 122 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zurückgreifen. Dieser erlaubt bei "gravierenden Wirtschaftsschwierigkeiten" die Beschlussfassung mit der sogenannten qualifizierten Mehrheit – es müssen mindestens 15 der 27 Mitgliedstaaten dafür stimmen, die zugleich mehr als 65 Prozent der EU-Bevölkerung auf sich vereinen. 

Begründet wird der Rückgriff auf Artikel 122 damit, dass "Russlands Krieg gegen die Ukraine" für "schwere wirtschaftliche Herausforderungen" sorge. Die Übertragung von Mitteln nach Russland müsse mit höchster Dringlichkeit verhindert werden, um Schaden für die Wirtschaft der Union zu begrenzen.

Die Verordnung muss noch vor einem EU-Gipfeltreffen in der kommenden Woche angenommen werden. Erwartet wird zudem, dass eines der von der Entscheidung auf diesem Weg ausgeschlossenen Länder dagegen vor dem EU-Gerichtshof klagen wird.

Perfide: Anders als bei Sanktionen, die als aufgehoben gelten, wenn kein einstimmiger Beschluss für ihre Verlängerung zustande kommt, wird für eine Freigabe der beschlagnahmten Gelder erneut eine qualifizierte Mehrheit benötigt. Für Russland wird es damit auch im Fall eines Friedensschlusses schwieriger, sein Vermögen zurückzuerhalten.

Nach den Verlautbarungen vom Donnerstag geht es dabei nicht allein um die Milliarden der russischen Zentralbank bei Euroclear in Belgien, sondern offenbar auch um Privatvermögen russischer Unternehmen und Privatiers. Die Rede war in EU-Kreisen heute von 210 Milliarden Euro, während bei Euroclear zwischen 120 und 140 Milliarden Euro blockiert sind. Die langfristige Sperrung von insgesamt 210 Milliarden Euro wurde von den Botschaftern der EU-Ländern am Donnerstagnachmittag auf der Grundlage von Artikel 122 der EU-Verträge beschlossen.

Euronews stellt dies in seiner Berichterstattung jedoch anders dar: Demnach sollen 185 Milliarden der russischen Zentralbank bei Euroclear lagern. Zusätzlich geht es um russische Vermögenswerte in Höhe von 25 Milliarden Euro bei anderen Banken im Gebiet der EU.

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