
Jeffrey Sachs über Entwendung russischer Gelder: "Der Plan ist illegal"

Der Wirtschaftswissenschaftler und US-Diplomat Jeffrey Sachs warnt vor einer Kernschmelze des Finanzsystems für den Fall, dass die EU ihre Drohung wahr macht und das eingefrorene russische Vermögen entwendet. Dies könnte zum Konkurs der in Belgien ansässigen Clearingstelle Euroclear führen und weitreichende Folgen für das Finanzsystem haben. Euroclear verwaltet einen Großteil des eingefrorenen Vermögens.
Jeffrey Sachs sagte der Berliner Zeitung:
"Der Plan ist illegal, rücksichtslos und wird Europa im Falle seiner Umsetzung zwangsläufig sehr hohe Kosten verursachen. Das sagen auch führende europäische Finanzexperten. Europas finanzielle Glaubwürdigkeit wird schwer beschädigt, ganz zu schweigen von den Folgen russischer Klagen und Vergeltungsmaßnahmen. Darüber hinaus würde diese Aktion Europa tief spalten und die Beziehungen innerhalb der EU vergiften."
In der Tat versetzt der Plan die Finanzwelt in Panik. Euroclear selbst warnt vor nicht abzusehenden Folgen. Der Vorschlag sei "fragil", sagte ein Sprecher des Unternehmens. Er könnte dazu führen, dass ausländische Investoren ihre Einlagen aus der EU abziehen. Euroclear hat angekündigt, gegen die Kommission zu klagen, sollte diese Zugriff auf die russischen Vermögenswerte verlangen.

Auch die EZB lehnt den Schritt ab. Sie sieht darin eine Verletzung der EU-Verträge. Sie werde die russischen Assets nicht beleihen, da dies gegen das Verbot der direkten Staatsfinanzierung verstößt, argumentiert man in Frankfurt.
Belgiens Premierminister Bart De Wever sperrt sich ebenfalls gegen die Beschlagnahmung. Er fürchtet, die Gegenmaßnahmen Russlands werden Belgien hart treffen. Er will seine Zustimmung nur geben, wenn das Risiko mit den anderen EU-Staaten geteilt wird.
Der einzige Staatschef, der bisher zugesagt hat, das Risiko mitzutragen, ist Bundeskanzler Friedrich Merz. Er gab De Wever bei seinem Besuch in Belgien am Freitag eine "Risikogarantie". De Wever macht seine Zustimmung zu dem Plan davon abhängig, dass eine Vergemeinschaftung aller möglichen Risiken erfolgt und ausreichend finanzielle Garantien bestehen, um potenziellen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Russland hat für den Fall der Entwendung harte Gegenmaßnahmen angekündigt.
Trotz der Warnungen halten EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und Bundeskanzler Merz an dem Plan fest, das russische Vermögen zu beschlagnahmen. Dass der ehemalige CEO der Investmentgesellschaft BlackRock die möglichen Folgen offenbar nicht abschätzen kann und ihm fundamentale Zusammenhänge hinsichtlich des Funktionierens der Finanzmärkte unklar sind, ist dabei erstaunlich.
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