Europa

Patrik Baab bei Auszeichnung in Aachen: "Sanktionspakete gegen Russland sind völkerrechtswidrig"

Dem Journalisten Patrik Baab wird die "Aachener Auszeichnung für Menschlichkeit" verliehen. Ulrike Guérot beleuchtet in der Laudatio den Einfluss von Klassenzugehörigkeit auf den Journalismus. In seiner Dankesrede verurteilt Baab den Krieg der EU gegen die eigene Bevölkerung und gegen Russland.
Patrik Baab bei Auszeichnung in Aachen: "Sanktionspakete gegen Russland sind völkerrechtswidrig"Quelle: www.globallookpress.com © Felicitas Rabe

Von Felicitas Rabe

Im Dom zu Aachen wurde der internationale Karlspreis in diesem Jahr an die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verliehen – "in Würdigung einer herausragenden Führungspersönlichkeit", so die Begründung auf der Urkunde. Während der Festlichkeit war der Zugang zum Aachener Dom für die Öffentlichkeit weiträumig abgesperrt.

Die Aussperrung der Öffentlichkeit von der Veranstaltung hielt Bundeskanzler Merz nicht davon ab, in seiner Laudatio auf die CDU-Parteikollegin von der Leyen den von ihnen angeblich hochgeschätzten Wert von Demokratie und Freiheit zu betonen: "Freiheit und Demokratie sind es wert, dass wir entschlossen für sie einstehen und wenn notwendig für ihren Erhalt kämpfen."

Zur gleichen Zeit verlieh das Aachener Bündnis "Diplomatie statt Waffen und Sanktionen!" in Sichtweite der Aachener Kathedrale die "Aachener Auszeichnung für Menschlichkeit" an den Journalisten und Autor Patrik Baab. In der Presse-Erklärung des Bündnisses hieß es zur Auswahl des diesjährigen Preisträgers:

"Patrik Baab setzt sich aktiv für Völkerverständigung und gegen Krieg und Kriegspropaganda ein. Das zeigen unter anderem seine nicht ungefährlichen Reisen in die Ukraine. Seine Berichte dokumentierte er in seinen Büchern: 'Auf beiden Seiten der Front' und 'Propaganda-Presse – Wie uns Medien und Lohnschreiber in Kriege treiben'. Dieses Engagement ist Grund genug, ihm die 'Aachener Auszeichnung für Menschlichkeit' zu verleihen." 

Laudatio von Ulrike Guérot: Ehrung für eine der meistgehörten kritischen Stimmen

In ihrer Rede führte die Laudatorin Ulrike Guérot aus, wodurch sich der Ausnahmejournalist Patrik Baab die Ehrung und die Aachener Auszeichnung für Menschlichkeit verdiente. Im russisch-ukrainischen Krieg habe Patrik Baab durch seine Berichterstattung von beiden Seiten der Front eine neutrale und objektive Perspektive vermittelt, genau so, wie Journalismus sein sollte. Die Politikwissenschaftlerin erklärte: "Patrik ist eine der meistgehörten kritischen Stimmen über den russisch-ukrainischen Krieg. … Kaum jemand mag ermessen, wie viel Lebenszeit – ich betone: freiwillige, nicht bezahlte Zeit – hinter all dieser Arbeit, diesem unermüdlichen Engagement steht."

Klassenzugehörigkeit im Journalismus: "Je mehr Geld, desto weniger kritischer Geist"

In einem weiten Blick beleuchtete Ulrike Guérot auch die persönliche Geschichte und den soziologischen Hintergrund, der kritische Intellektuelle dieser Art hervorbringe. In der jüngeren Generation von Akademikern könne man solche kaum noch finden. Als Sohn einer Arbeiterfamilie aus dem Saarland stamme Patrik Baab aus einem gesellschaftlichen Milieu, dem erstmals in den 70er Jahren unter der SPD-Regierung von Willy Brand der Zugang zu höherer Bildung ermöglicht wurde. Heutzutage sei der Aufstieg in die Mainstream-Medien wieder den wohlhabenden Schichten vorbehalten. Ulrike Guérot, die selbst aus einer Arbeiterfamilie stammt, führte dazu aus:

"Dieses biographische Element von Patrik ist deswegen so wichtig, weil heute eine oligarchische Schließung und die Militarisierung der Gesellschaft zusammenfallen und genau das dazu führt, dass es keine kritischen Stimmen mehr gibt!" Im Gegensatz zu Kindern der bürgerlichen Schichten würden Arbeiterkinder noch für das öffentliche Interesse vibrieren: "Nur wer von unten kommt, wer mit seiner Hände oder Kopfarbeit hochgekommen ist, ist kritisch gegenüber dem Milieu, in dem er gelandet ist!" Auf den Punkt gebracht heiße das: "Je mehr Geld, desto weniger kritischer Geist."

Es gehöre zum Erbe des europäischen Humanismus und der Aufklärung, jeweils beide Seiten anzuhören und sich selber eine Meinung zu bilden. Dazu gehöre auch, sich um Verständigung und um den Frieden zu bemühen. Diesem Erbe sei der Journalist Patrik Baab gerecht geworden und deshalb gebühre ihm die Aachener "Auszeichnung für die Menschlichkeit".

Die Preisverleihung übernahm der Sprecher des Aachener Bündnisses "Diplomatie statt Waffen und Sanktionen!", Ansgar Klein. Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs setzt sich das Bündnis mit unzähligen Mahnwachen und Demonstrationen gegen deutsche Waffenlieferungen und für eine diplomatische Beilegung des Krieges ein. Um der Verleihung des internationalen Karlspreises an zweifelhafte Persönlichkeiten etwas entgegenzusetzen, verleiht das Bündnis seit dem Jahr 2023 am selben Tag die Auszeichnung für Menschlichkeit.

Patrik Baab über die Verlogenheit des Karlspreises und die Brüsseler Autokratie

In seiner Dankesrede bezog sich Patrik Baab auf die Verleihung des Karlspreises an Ursula von der Leyen. Ausführlich kritisierte der Journalist die Politik der EU-Kommissionspräsidentin und der gesamten EU-Machteliten. Dabei widmete er sich zum einen den Maßnahmen der EU gegen die eigene Bevölkerung und zum anderen ihrer kriegstreiberischen Politik gegenüber Russland und erklärte seine Perspektive auf den Ukraine-Krieg.

Selten werde so viel gelogen wie bei der Verleihung des Karlspreises, so Baab. In der diesbezüglichen Pressemitteilung des Internationalen Karlspreises sei die EU-Kommissionspräsidentin dafür gelobt worden, dass sie maßgeblich dazu beigetragen habe, Europa zu einen und handlungsfähig zu halten. "Ob in der Pandemie, im Umgang mit dem russischen Angriffskrieg oder bei der Stärkung der europäischen Wirtschaft – mit Entschlossenheit und strategischem Weitblick hat sie Europas Interessen vertreten und entscheidende Weichen für die Zukunft gestellt."

Mit Bezug auf das 17. EU-Sanktionspaket gegen Russland stellte der Preisträger fest, dass mittlerweile jedoch die Maske der eurokratischen Macht gefallen und die Fratze des Brüsseler Monsters deutlich zu erkennen sei. Die EU sanktioniere nun eigene Bürger wegen angeblicher russischer Propaganda. Baab erläuterte: "Damit treibt die Brüsseler Eurokratie ihren antidemokratischen Kurs auf die Spitze. Alle diese 17 Sanktionspakete gegen Russland sind weder vom Sicherheitsrat noch von der Vollversammlung der Vereinten Nationen verhängt. … Alle diese Sanktionspakete gegen Russland sind reine Willkürakte und damit vollständig völkerrechtswidrig."

Kognitiver Krieg gegen die eigene Bevölkerung

Schon seit dem Beginn des russischen Einmarsches in die Ukraine im Februar 2022 gehe die EU verstärkt gegen russische Medien und Dissidenten vor. Das in Europa eingeführte Verbot russischer Sender wie RT oder Sputnik verstoße gegen Artikel 5 des Grundgesetzes. Darin heiße es: "Eine Zensur findet nicht statt." Die EU-Kommission agiere damit grundgesetzwidrig und vollständig illegal und maße sich an, darüber zu entscheiden, was Desinformation ist und was nicht.

Längst befinde sich die politische und wirtschaftliche Machtelite der EU im Zustand der kognitiven Kriegsführung gegen die eigene Bevölkerung. Mittels Angsterzeugung und verschärftem Überwachungskapitalismus wollten die EU-Machteliten die Menschen in die freiwillige Unterwerfung und eine umfassende Kontrolle zwingen. Heute säßen die Verfassungsfeinde und Zerstörer der Demokratie im Dom zu Aachen. Für die in der Kathedrale Versammelten fand Patrik Baab scharfe Worte:

"Dort versammeln sich heute die antidemokratischen Kräfte. Den selbstgefälligen und verlogenen Philistern, die sich im Gotteshaus einen Heiligenschein verpassen wollen, haben wir den Beginn des Ukraine-Krieges, seine Verlängerung, den Boykott der Friedensinitiative des US-Präsidenten und damit hunderttausende Tote zu verdanken."

Die Wut der Bevölkerung auf Minderheiten und Russen ablenken

Diesen Machteliten sei bewusst, dass in allen vom Neoliberalismus umgepflügten Gesellschaften eine ungeheure Wut herrsche – unter anderem auch aufgrund der Zerstörung sozialer Errungenschaften und der Verarmung weiter Teile der Bevölkerung. Zur Ablenkung von den wahren Verantwortlichen für die Demontage des Sozialstaats und die soziale Daseinsfürsorge würden die Herrschenden die Wut der Bevölkerung entweder auf Minderheiten wie Flüchtlinge lenken oder auf einen äußeren Feind, der von den inneren Konflikten ablenken soll: die Russen. Baab erläuterte: Die Mächtigen brauchen den Krieg gegen Russland zur Stabilisierung ihrer eigenen Herrschaft nach innen.

In Anlehnung an die christliche europäische Geschichte bezog sich Patrik Baab auf die von den vier Evangelisten überlieferte Tempelreinigung. Demnach soll Jesus, als er im Tempel von Jerusalem die Tische von Geldwechslern und Händlern sah, diese aus dem Gotteshaus hinausgeworfen haben. Heute brauche auch der Dom zu Aachen eine solche Tempelreinigung:

"Denn die heute dort sitzen, haben aus dem Dom eine Räuberhöhle gemacht. Es wird Zeit, dass die Kriegstreiber hinausgejagt werden, hinaus in jenen Krieg, in dem sie andere für sich sterben lassen wollen. Sie haben den Aachener Dom entweiht. Sie haben ihn zu einem Ort der Propaganda, der journalistischen Strauchdiebe und der Kriegsprofiteure gemacht. Im Aachener Dom saßen heute jene, deren Börsenkurse steigen, wenn die Ukrainer fallen."

Wofür bekommt Ursula von der Leyen den Karlspreis?

Insbesondere die heute mit dem Karlspreis ausgezeichnete Ursula von der Leyen habe wesentlich dazu beigetragen, das Friedensprojekt Europäische Union in eine Kriegsmaschine zu verwandeln. Von der Leyen habe die EU wirtschaftlich ruiniert und bürgerliche Freiheitsrechte zerstört. Ihr sei auch zu verdanken, dass aus der EU ein Monster geworden sei.

In der EU würden die Bürger inzwischen in eine neue Diktatur geführt, mit strafrechtlicher Verfolgung politischer Gegner und umfassender Zensur. Außerdem sei die EU-Präsidentin mitverantwortlich für die Verlängerung des Krieges in der Ukraine, den Boykott von Friedensgesprächen und somit auch mitverantwortlich für hunderttausende Tote. Sein Fazit über die EU-Präsidentin: "Ursula von der Leyen vertritt nicht die Interessen der Menschen in Europa, sondern die einer kleinen, russophoben und kriegsgeilen Kakistokratie."

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