Welche Waffen Kiew für Angriffe tief in Russland einsetzen kann

Auf dem 27. Internationalen WDR-Europaforum am Montag in Berlin erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz, dass es keine Einschränkungen bei der Reichweite der vom Westen an die Ukraine gelieferten Waffen mehr gebe. Dies werde es Kiew ermöglichen, Angriffe auf militärische Ziele im russischen Hinterland durchzuführen. "Es gibt keinerlei Reichweitenbeschränkungen mehr für Waffen, die an die Ukraine geliefert worden sind, weder von den Briten noch von den Franzosen noch von uns, von den Amerikanern auch nicht", sagte der CDU-Vorsitzende. Kiew könne bei seinem Abwehrkampf jetzt auch "militärische Stellungen in Russland" angreifen.
Deutschland
Berlin hat die Lieferung von Langstreckenwaffen an Kiew bisher noch nicht offiziell angekündigt. Der vorherige Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich ausdrücklich gegen die Lieferung von Luft-Boden-Langstreckenraketen vom Typ Taurus (mit 500 Kilometern Reichweite) an Kiew ausgesprochen und auf die Gefahr einer möglichen Eskalation des Konflikts hingewiesen.
Merz hatte Scholz wiederholt für seine Unentschlossenheit kritisiert. Aber bereits als Kabinettschef erklärte Merz jedoch, dass die Bundesregierung keine Pläne habe, Taurus an Kiew zu übergeben, und dass diese Frage nicht auf der Tagesordnung stehe. Außerdem habe Berlin beschlossen, Informationen über Waffenlieferungen an die Ukraine künftig geheim zu halten, so Merz.
Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) dementierte einen Kurswechsel der Bundesregierung bei dieser Frage. "Was die Reichweite angeht, will ich noch Folgendes sagen: Es gibt keine neue Verabredung, die über das hinausgeht, was die bisherige Regierung gemacht hat", antwortete er auf Nachfrage bei einer Pressekonferenz in Berlin.
Die Zeitung Tagesspiegel wies darauf hin, dass die Bundesregierung gegenüber dem Parlament eine Berichtspflicht habe. Das bedeutet, dass sie den Verteidigungsausschuss über eine Taurus-Lieferung an die Ukraine informieren soll. Es gebe jedoch eine Möglichkeit, dass den Parlamentariern untersagt werde, diese Informationen offenzulegen.
Die Bundeswehr verfüge derzeit schätzungsweise über 600 Taurus-Marschflugkörper, von denen derzeit etwa die Hälfte im Einsatz sei.
Im Oktober 2024 berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius die Bundeswehr mit einem neuen Modell des Taurus-Marschflugkörpers, Taurus Neo, auszustatten plane. Wie es heißt, könnten die ersten der 600 Marschflugkörper vom neuen Typ im Wert von rund 2,1 Milliarden Euro im Jahr 2029 ausgeliefert werden.
Heute verfüge die ukrainische Armee über den deutschen gepanzerten Mehrfachraketenwerfer Mars II (eine deutsche Version des US-amerikanischen M270 MLRS). Nach den auf der Website der Bundeswehr veröffentlichten Daten beträgt die maximale Mars-II-Reichweite 84 Kilometer.
Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums habe Berlin Kiew fünf Mars II MLRS zur Verfügung gestellt.
Im Mai berichtete die New York Times unter Berufung auf einen US-Kongressbeamten, Washington habe die Übergabe von 125 Langstrecken-Mehrfachraketenwerfern (Mars II, M142 HIMARS) sowie 100 Patriot-Flugabwehrraketen an die Ukraine genehmigt, die sich zuvor im Dienstgebrauch der Bundeswehr befanden.
USA
Mitte November 2024 hat die Biden-Administration der Ukraine erlaubt, US-amerikanische ATACMS-Langstreckenraketen (Reichweite 165 bis 300 Kilometer) einzusetzen, um tief in Russland einzuschlagen.
Der Grund für diese Entscheidung damals war mit der Präsenz des nordkoreanischen Militärs in der Kampfzone im Gebiet Kursk gebunden.
Im Dezember, schon nach seiner Wiederwahl, bezeichnete Donald Trump den Schritt als "dumm" und kündigte an, dass er die Entscheidung der Biden-Regierung nach seinem Amtsantritt möglicherweise überdenken werde. Die Zeitung RBC weist darauf hin, Trump habe nach seinem Einzug ins Weiße Haus im Januar das Thema noch nicht wieder aufgegriffen – zumindest nicht öffentlich.
Im März berichtete Associated Press, dass die USA der Ukraine weniger als 40 ATACMS-Raketen zur Verfügung gestellt hätten und dass sie der ukrainischen Armee Ende Januar ausgegangen seien.
Gleichzeitig teilte Reuters mit, dass Washington die Lieferungen von Bomben vom Typ GLSDB mit einer Reichweite von bis zu 150 Kilometern wieder aufnehmen würde. Wie es heißt, seien diese GLSDB-Langstreckenwaffen modernisiert worden, um den russischen elektronischen Kriegsführungsmitteln besser begegnen zu können.
Im Mai 2024 erhielt die Ukraine von Washington die Genehmigung, Russland mit GMLRS-Raketen mit einer Reichweite von bis zu 80 Kilometern zu treffen. Wie die ATACMS-Raketen können sie mit dem HIMARS-Mehrfachraketenstartsystem abgefeuert werden.
Am 8. Januar 2025, also vor Trumps Amtsantritt, hat das Pentagon zuletzt die Daten über Waffenlieferungen an Kiew bekannt gegeben. Wie es heißt, seien unter anderem mehr als 40 HIMARS-Systeme und eine nicht genannte Menge an Raketen für diese Systeme übergeben worden. Auch die Anzahl der GLSDB-Raketen und ihrer Abschussvorrichtungen wurde nicht genannt.
Großbritannien
Dass die Ukraine das Recht auf Langstreckenschläge mit westlichen Waffen habe, wurde in London erstmals im Mai 2024 bekannt gegeben.
Der damalige Premierminister Rishi Sunak erklärte gegenüber der Times, es hänge von den ukrainischen Streitkräften selbst ab, wie sie vorgehen würden. Aber er sei "stolz darauf", dass Großbritannien das erste Land gewesen sei, "das der Ukraine Waffen mit größerer Reichweite zur Verfügung gestellt hat".
Die neue, von Keir Starmer geführte Labour-Regierung, habe diese Position zum Konflikt in der Ukraine nicht geändert.
Dennoch hätten sich laut The Guardian die Beziehungen zwischen London und Kiew verschlechtert: Nach Angaben ukrainischer Beamter sei der Grund dafür, dass Starmer der Ukraine im Gegensatz zu Sunak keine Langstreckenwaffen liefere.
London hat Storm Shadow-Luft-Boden-Marschflugkörper mit einer maximalen Reichweite von 250 Kilometern an Kiew geliefert. Großbritannien kündigte dies erstmals im Mai 2023 an, die genaue Anzahl wurde jedoch nicht bekannt gegeben. Nach Angaben der Zeitung The Guardian habe Großbritannien zu diesem Zeitpunkt über 700-1.000 Raketen von diesem Typ verfügt.
Frankreich
Präsident Emmanuel Macron hat seit langem Angriffe auf russisches Territorium erwähnt. In einem Interview mit den Fernsehsendern TF1 und France 2 im Juni 2024 hat er seine Position klar formuliert.
Im November berichtete Le Figaro im Anschluss an die New York Times, dass Frankreich und Großbritannien beschlossen hätten, die Beschränkungen für Langstreckenangriffe gegen Russland aufzuheben. Der Artikel wurde jedoch bald korrigiert. In der ursprünglichen Version wurde mitgeteilt, dass "die Franzosen und Briten nach den USA der Ukraine erlaubt haben, russisches Territorium mit ihren Langstreckenraketen SCALP / Storm Shadow zu treffen". Aber in der aktualisierten Version heißt es, dass eine solche Erlaubnis von US-Präsident Joe Biden in Bezug auf ATACMS-Raketen erteilt wurde.
Seit Sommer 2023 liefert Frankreich SCALP-Raketen, eine französische Variante von Storm Shadow, an die Ukraine.
Im vergangenen Jahr gab Macron bekannt, dass Paris 40 solcher Raketen übergeben werde. Außerdem kündigte Macron die Übergabe französischer Mirage 2000-5-Mehrzweckkampfflugzeuge an Kiew an. Diese Flugzeuge können SCALP-Raketen tragen. Der französische Präsident gab keine Auskunft darüber, wie viele dieser Jets Kiew erhalten wird und wann.
Am 6. Februar erklärte der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu, dass die ersten französischen Mirage-2000-Jets an die Ukraine geliefert worden seien. Er gab nicht an, wie viele Kampfflugzeuge Paris zu liefern plane. Der Nachrichtenagentur TASS zufolge könnte es sich um nicht mehr als sechs Jets handeln.
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