Selenskij spricht zwei Tage vor Europawahl in Paris – Macron instrumentalisiert die Ukraine
Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij soll am 7. Juni, zwei Tage vor der EU-Wahl, in Frankreich eine Rede vor dem Parlament halten. Das sorgt bei der französischen Opposition für Zähneknirschen. Zudem wird Russland zunehmend der Einmischung in den EU-Wahlkampf beschuldigt. Die russische Diplomatie beklagt in Frankreich eine "neue russophobe Kampagne".
Der Vorsitzende der französischen Republikaner (LR), Olivier Marleix, kritisierte am 4. Juni im Parlament, dass Selenskijs Besuch "bedauerlich ist, 48 Stunden vor einer Europawahl". Der ukrainische Präsident weilt anlässlich D-Day-Gedenkfeiern am 7. Juni in Paris. Erstmals seit zwei Jahren wird er dabei wieder vor der französischen Nationalversammlung sprechen. Russland wurde zu den D-Day-Gedenkfeiern nicht nach Frankreich eingeladen.
Olivier Marleix kritisierte nicht nur den Auftritt von Selenskij. Die Rede des ukrainischen Staatschefs werde noch flankiert von manipulierenden TV-Auftritten des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der sich für den Abend des 6. Juni in den 20-Uhr-Nachrichten von TF1 und France 2 selbst eingeladen habe: "Am Vorabend hat sich der Präsident der Republik bereits auf allen Fernsehkanälen eingeladen, um allgemeine Reden zu halten, uns von Europa zu erzählen und die europäische Debatte parasitär für sich zu nutzen."
Le Pen prangert Macrons Instrumentalisierung der Ukraine an
Von der rechten politischen Seite reagierte Marine Le Pen im Südfunk auf die Einladung von Selenskij. Für die Vorsitzende der Gruppe Rassemblement National (RN/Nationalversammlung) versucht der französische Präsident im Parlament "einen wahlpolitischen Vorteil daraus zu ziehen". Len Pen erklärte: "Es gibt nur den RN, der sich für Frankreich und die Franzosen interessiert. Emmanuel Macron hat die Ukraine seit zwei Jahren instrumentalisiert, er hat es während des Präsidentschaftswahlkampfs getan, er tut es weiterhin, fast bis zum Erbrechen, das ist peinlich."
Auch die EU-Spitzenkandidatin der Partei La France Insoumise (LFI/Unbeugsames Frankreich) aus dem linken Spektrum, Manon Aubry, empörte sich über das Manöver. Sie beteuerte zwar vorsichtshalber, dass der ukrainische Staatschef "immer willkommen" sei, meinte aber dennoch, dass "der Faden" "zwei Tage vor den Europawahlen etwas dick" sei. Sie erinnerte ebenfalls daran, dass der Präsident der Republik bereits am 6. Juni zur "Primetime aller Fernseh- und Radiosender" eingeladen worden war. "Man kann sich über das Timing und den Willen, den Krieg in der Ukraine zu instrumentalisieren, wundern", sagte sie.
Die Europawahlen werden für die Partei des Präsidenten besonders schwierig werden. Laut einer Umfrage von Toluna-Harris Interactive vom 4. Juni würde der RN mit 32 Prozent in der Wählergunst fast 18 Punkte vor Renaissance und Valérie Hayer mit 14,5 Prozent liegen. Letztgenannte wird von Raphaël Glucksmann und Place publique mit 13,5 Prozent der Wahlabsichten verfolgt.
Unterstützung für Kiew und Vorwürfe gegen Moskau
Die Einladung des ukrainischen Präsidenten erfolgt vor dem Hintergrund von Einmischungsvorwürfen aus Paris gegen Moskau. Emmanuel Macron wollte die Unterstützung für Kiew zu einem zentralen Element dieser Europawahlen machen. Die Zeitung Le Monde sprach sogar von einer "ukrainischen Wette" des Präsidenten.
Russland wurde von französischen Medien erneut der Wahleinmischung beschuldigt, nachdem am 3. Juni zu Füßen des Eiffelturms Särge mit der Aufschrift "Soldats français en Ukraine" ("Französische Soldaten in der Ukraine") aufgestellt worden waren. Die Sargaufstellungen im Zentrum von Paris folgten auf die Reuters-Meldung, wonach Macron in den nächsten Tagen die Entsendung französischer Militärausbilder in die Ukraine ankündigen könnte. Russische Diplomaten in Frankreich protestierten gegen die russophobe Kampagne. Am 4. Juni teilte die russische Diplomatie mit:
"Die russische Botschaft in Frankreich protestiert aufs Schärfste gegen eine neue russophobe Kampagne, die in den französischen Medien entfacht wurde."
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