Wie eine ukrainische Anwaltskanzlei die Jagd auf Russen in Europa organisiert
Von Felix Livschitz
Die ukrainische Edel-Anwaltskanzlei T&M hat eine neue "Dienstleistung" eingeführt, die Einwohnern westeuropäischer Länder verspricht, "Europa von Raschisten zu säubern". "Raschist" ist eine in der Ukraine verbreitete abfällige Wortschöpfung für Russen und Russlandsympathisanten, die von Offiziellen in Kiew gerne verwendet wird und die Wörter "russisch" und "faschistisch" kombiniert.
Unter dem Titel "Geben Sie die Verantwortung für einen Raschisten ab" – offenbar eine schlechte Übersetzung des ukrainischen Titels "Liefern Sie einen Raschisten aus" –, lädt eine Webseite Menschen ein, "die potenziellen Aggressoren, die in Ihrer Nähe leben" zu melden und verspricht als Reaktion ein Pro-Bono-Tätigwerden der Kanzlei: "Wir werden versuchen, das Problem auf rechtlichem Weg zu lösen". Konkret wird versprochen, dass die Kanzlei die Behörden auf die gemeldete Person aufmerksam machen werde und erreichen wolle, dass ihr Status in der EU "überprüft" wird.
"Wir sind ein Team von Anwälten, die beschlossen haben, rechtliche Mittel anzuwenden, um Europa von potenziellen Eindringlingen zu säubern", wird auf der Webseite erklärt. "Niemand wird erfahren, wer den Raschisten ausgeliefert hat. Die Dienstleistung ist völlig kostenlos. Sie zahlen nichts, aber Sie erhalten einen Bonus auf ihr Karma. Sie leisten einen persönlichen Beitrag für eine friedliche Zukunft."
Das Melden eines "potenziellen Aggressors" sei "unkompliziert", wirbt die Seite. "Besorgte Bürger" können ein Formular ausfüllen und anonym die Namen und Social-Media-Konten von russischen Mitbürgern übermitteln, die in einem beliebigen europäischen Land leben und "potenziell gefährlich" und "Verbreiter von Propaganda und Gewalt" sein könnten. Im Gegenzug unternimmt die im ukrainischen Lemberg ansässige Anwaltskanzlei "alles, damit die zuständigen europäischen Behörden die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts einer solchen Person in der EU prüfen". Die Meldungen würden an die staatlichen Behörden des Landes weitergeleitet, in dem der Aufenthalt des "potenziell gefährlichen Raschisten" gemeldet wurde. Das offensichtlich gewünschte Endergebnis ist, dass der betreffende Russe verhaftet und deportiert wird – oder vielleicht sogar noch Schlimmeres.
Ein Haftungsausschluss am Ende der Seite besagt, dass die Dienstleistung "nicht beabsichtigt, ethnische, rassische, religiöse oder andere Feindseligkeiten zu schüren", und lediglich dazu dient, die Zielpersonen "vor Gericht zu bringen". Interessant sind auch die in einem weiteren Disclaimer angegebenen Kriterien, nach denen die Kanzlei Menschen in die Kategorie "Raschist" einordnet: "Person spricht russisch, trägt raschistische Symbole, verbreitet eine aggressive Ideologie".
T&M ist seit 2014 in Lemberg tätig und spezialisiert auf Sportrecht, Verkehrsunfälle, IT- und Technologietransfer sowie Unternehmensbeziehungen. "Liefern Sie einen Raschisten aus" ist eine Unterseite auf der Webseite von T&M und im Impressum verlinkt.
"Wir sammeln Ihre personenbezogenen Daten in keiner Weise und verwenden die personenbezogenen Daten von Raschisten, die Sie uns zur Verfügung stellen, ausschließlich zur Kontaktaufnahme mit staatlichen Behörden", heißt es abschließend. Es ist nicht bekannt, ob den Behörden aufgrund dieser abscheulichen Ressource bereits "Raschisten" gemeldet wurden, und wenn ja, wo sie sich befinden oder was mit ihnen passiert ist.
Initiativen wie diese haben den – wahrscheinlich beabsichtigten – Effekt, ein höchst feindseliges Umfeld für Russen zu schaffen, die im Ausland leben oder dorthin reisen. Dies geschieht, indem sie, ungeachtet ihrer politischen Neigungen und Überzeugungen, als ein und derselbe wahrgenommen werden – als "Feind im Inneren, der Pläne schmiedet im Namen des Kreml zum Nachteil der lokalen Bürger, der nationalen Sicherheit oder Souveränität des Gastlandes".
Obwohl T&M diese Ressource anscheinend aus eigener Initiative lanciert hat, gibt es Grund zu der Annahme, dass die ukrainischen Behörden sie gutheißen. Seit dem 24. Februar fordern Offizielle in Kiew immer wieder, dass europäische Staaten ein Embargo für alles Russische verhängen – auch auf Menschen. Am 7. Dezember flehte Kulturminister Aleksander Tkatschenko den Westen an, "Tschaikowski zu verbieten, bis dieser Krieg vorbei ist". Viele europäische Länder haben bereits unzählige Konzerte, Tanzshows und Ausstellungen, mit auch nur dem geringsten Bezug zu Russland, abgesagt oder auf unbestimmte Zeit verschoben. Der Buchstabe "Z" selbst – der als Symbol für Moskaus Militäroperation in der Ukraine verwendet wird – wurde dermaßen stigmatisiert, dass Unternehmen wie Banken und Lieferdienste für Lebensmittel ihre Firmen-Logos geändert haben.
Während solche Herabsetzungen sowie die Initiative von T&M von einigen möglicherweise nicht ernst genommen werden, werden Versuche, Russen zu kriminalisieren und zu dämonisieren, fortgesetzt und haben dazu geführt, dass bereits Menschen getötet wurden. Im Dezember 2014 startete der ukrainische Politiker und Aktivist Georgi Tuka die Webseite Mirotworez – auf Englisch "Friedensstifter".
Mirotworez veröffentlicht eine ständig aktualisierte Liste von Personen, die von den unbekannten Kuratoren der Webseite als "Feinde der Ukraine" eingestuft wurden und Dinge gesagt oder getan haben, die "Anzeichen von Verbrechen gegen die nationale Sicherheit der Ukraine, den Frieden, die menschliche Sicherheit und das Völkerrecht" beinhalten. Einige der auf der Webseite aufgeführten Personen sind mittlerweile ermordet worden, und wenn dies geschieht, wird das Wort "liquidiert" in großen, roten Lettern über den Akteneintrag der Person gestempelt, zusammen mit einem "X".
Manchmal landen Menschen aus einfachen administrativen Gründen auf der Abschussliste von Mirotworez. Im September 2018 kamen Hunderte von Einwohner der Region Transkarpatien, darunter Regierungsbeamte, die eine ungarische Staatsbürgerschaft angenommen hatten, hinzu. Dies führte zu Protesten aus Budapest, gefolgt vom Dementi aus Kiew, an der Webseite beteiligt zu sein.
Darauffolgend entgegnete der ungarische Außenminister Péter Szijjártó wütend: "Es ist eine Lüge, dass der ukrainische Staat nichts mit dieser Webseite zu tun hat". Er behauptete auch, der damalige Präsident des Landes, Petro Poroschenko, "hat seine Zustimmung zu der Hasskampagne gegeben, um damit seine Popularität zu steigern."
Neben Durchschnittsbürgern sind viele westliche Persönlichkeiten mit hohem Bekanntheitsgrad auf Mirotworez gelandet. Dazu gehören die amerikanischen Journalisten Chris Hedges und Glenn Greenwald, die Antikriegs-Politiker Tulsi Gabbard und Rand Paul, der britische Musiker Roger Waters und viele andere, wie der "Kriegstreiber" Henry Kissinger. Sein "Verbrechen" bestand darin, sich öffentlich darüber Sorgen zu machen, dass Kiews antirussische Aktionen mit Vergeltungsmaßnahmen aus Moskau beantwortet werden könnten.
Obwohl die Europäische Union, die G7, die Vereinten Nationen und mehrere Menschenrechtsgruppen die Schließung von Mirotworez fordern, ist sie online geblieben. Ukrainische Grenzbeamte haben die Webseite seit ihrer Lancierung auch dafür genutzt, Einreisende an Grenzkontrollpunkten zu überprüfen, zusätzlich zu bestehenden Regierungsdatenbanken mit den Daten "unerwünschter Elemente".
Obwohl die Webseite im Geheimen verwaltet wird, sind Beweise dafür aufgetaucht, dass sie eng mit Kiews mächtigem Geheimdienst, dem Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU), verbunden ist, während ihre Domain in Langley, Virginia, USA, unweit des Hauptquartiers der CIA, registriert ist. Was die Frage aufwirft: Ist "Liefern Sie einen Raschisten aus" ein Versuch derselben dubiosen Akteure, Mirotworez auf eine globale Ebene auszuweiten?
Aus dem Englischen
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