Berichte: Raketentreffer in Städten überall in der Ukraine, am SBU-Gebäude und nahe Präsidialamt
Von zahlreichen Explosionen in Kiew und anderen Städten der Ukraine wurde am Morgen des 10. Oktober berichtet. Das russische Militär hatte bis Mittag seine Urheberschaft dieser Angriffe bisher weder bestätigt noch dementiert. An offiziellen Daten lagen nur die der ukrainischen Seite vor: Stand 11:52 Moskauer Zeit sollen 83 Lenkflugkörper auf Ziele in der Ukraine abgefeuert worden sein und elf wichtige Infrastrukturobjekte in Kiew und acht Gebieten des Landes beschädigt haben, meldeten die stellvertretende Verteidigungsministerin Anna Maljar mit Verweis auf den Generalstab der Ukraine sowie der ukrainische Premierminister Denis Schmygal.
Um 13 Uhr Moskauer Zeit bestätigte und kommentierte Russlands Präsident Wladimir Putin die Raketenangriffe schließlich höchstselbst:
"Das Kiewer Regime hat sich durch sein Tun faktisch auf das Niveau internationaler terroristischer Formierungen begeben, mit den verruchtesten dieser Gruppierungen. Verbrechen dieser Art ohne Antwort zu belassen ist mittlerweile schlicht unmöglich. Heute morgen wurde auf Anraten des Verteidigungsministeriums und nach Plan des Generalstabs Russlands ein intensiver Angriff mit Luft-, See- und bodengestützten Präzisionslenkflugkörpern großer Reichweite gegen Objekte der Energieversorgung, militärische Befehlsstände und Objekte der Kommunikationsinfrastruktur der Ukraine geführt. Im Falle, dass Versuche fortgesetzt werden, auf unserem Staatsgebiet Terroranschläge zu verüben, werden Russlands Antworten hart ausfallen und ihre Ausmaße dem Niveau der Bedrohungen entsprechen, die der russischen Föderation geschaffen werden. Niemand darf irgendwelche Zweifel daran haben."
Vom Start der seegestützten Lenkflugkörper liegen mittlerweile Videoaufnahmen vor:
Neben der Landeshauptstadt seien laut der ukrainischen Massenmedien zahlreiche weitere Städte betroffen, darunter Ternopol, Winniza und Lwow im Westen des Landes sowie Odessa, Sumy, Charkow, Dnjepropetrowsk, Schitomir und Chmelnizki. Aus den entsprechenden Landesgebieten sowie in den Gebieten Rowno, Nikolajew und Poltawa werden ebenfalls Explosionen gemeldet:
Zunächst war von insgesamt drei Angriffswellen die Rede. Doch mittlerweile gaben Beobachter bei der vierten beziehungsweise fünften Welle das Zählen entnervt auf.
Internet, die Wasserversorgung und Strom fielen ortsweise aus – unter anderem wurden in den Gebieten Lwow und Sumy Objekte der Strom- und Wasserversorgung zerstört oder beschädigt, so ukrainische Medien mit Verweis auf die Landesbehörden. In den Städten Charkow und Schitomir sei die Stromversorgung vollständig ausgefallen.
Eine Aufnahme des brennenden Wärmekraftwerks Lwow nach einem Lenkflugkörpereinschlag liegt vor:
Im Gebiet Iwano-Frankowsk wurde das Wärmekraftwerk Burschtyn getroffen. Dieses versorgte nicht nur die Westgebiete der Ukraine, sondern leitete Stromüberschüsse auch zum Export nach Slowenien, Ungarn und Rumänien weiter. Laut einer anonymen Quelle des russischen Nachrichten-Telegramkanals Strana V konnten die Westgebiete der Ukraine für kurze Zeit auf Strom-Notversorgung aus Polen zurückgreifen, die über die zuvor zum Stromexport genutzten Leitungen bewerkstelligt wird. Allerdings meldete ein Sprecher des polnischen Grenzschutzes am Spätnachmittag, es seien nun auch diese Leitungen gekappt worden.
Zur Internetversorgung liegt eine Konnektivitätsgrafik von Netblocks vor, die einen Abfall in den Gebieten Chmelnizki, Lwow, Schitomir, Poltawa und Charkow zeigt:
Die ukrainische Luftabwehr soll allerorten in Aktion getreten sein, doch ihre Arbeit soll laut Kritik der ukrainischen Medien alles andere als zufriedenstellend sein: Erstens kamen zahlreiche Lenkraketen der Luftabwehr vom Kurs ab und steuerten den Boden an, wo sie alles Mögliche trafen, nur nicht die russischen Lenkflugkörper. Doch auch die korrekt funktionierenden Raketen trafen häufig hohe Gebäude, weil die Startfahrzeuge zu nah daran positioniert wurden.
Zeugen und Nachrichtenkanäle von Beobachtern veröffentlichen Bilder und Videomaterial in sozialen Netzwerken. Hier sehen Sie einige Aufnahmen aus Kiew:
Das Ausmaß der Brände infolge der Raketeneinschläge in Kiew lässt sich anhand folgender Aufnahmen erfühlen. Das erste der folgenden Videos soll allerdings den Brand am Wärmekraftwerk Tripolje im Gebiet Kiew zeigen:
Eine der obigen Aufnahmen zeigt den Anflug einer Rakete – dem Aussehen nach eines luftgestützten Bodenziel-Marschflugkörpers des Typs Ch-101.
Eine Explosion nahe der Kiewer Philharmonie wurde von Sicherheitskameras über einer Fußgängerbrücke (sogenannte Klitschko-Brücke) erfasst:
Zahlreiche Menschen, die sich nahe der Stationen der Kiewer U-Bahn befinden, suchten Schutz unter Tage:
Kiev Metro pic.twitter.com/5wCTSlHO3z
— Russiаn Market (@runews) October 10, 2022
Allem Anschein nach sind Bodenziel-Lenkflugkörper der russischen Streitkräfte unter anderem in der Wladimirskaja-Straße in Kiew nahe des SBU-Sitzes und des Präsidialamtes von Wladimir Selenskij eingeschlagen. Dies gab Anton Geraschtschenko, Berater des ukrainischen Innenministers, bekannt. Folgendes Videomaterial von dort wurde auf Telegram geteilt:
Auch ein Treffer am SBU-Gebäude selbst soll gelandet worden sein.
Reports coming that the SBU building in Kiev is hit. Babchenko is reported to have been killed. pic.twitter.com/TJ7U1KPS66
— Mats Nilsson (@mazzenilsson) October 10, 2022
Nach bisher nur von den ukrainischen Medien bestätigten Daten, die von der gesellschaftlichen russischen Nachrichtenagentur Readowka zitiert werden, wurde der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij aus Kiew evakuiert und in einen "hochgeheimen Bunker" im Westen der Ukraine verbracht worden sein.
Um 11 Uhr Moskauer Zeit allerdings wandte sich Selenskij in einem Selfie-Video an die Nation. Dieses zeigt ihn im Kiewer Stadtzentrum, es ist jedoch nicht klar, ob es nicht eventuell eine Montage sein könnte. Einen leisen Verdacht erregt zumindest der etwas gebrochene Licht- und Schattenfall auf sein Gesicht und die umliegenden Gebäude und das Straßenpflaster.
In seiner Ansprache bestätigt Selenskij Treffer und Schäden an kritischen Objekten der Energieversorgung in der gesamten Ukraine:
"Es ist ein harter Morgen ... Dutzende von Raketen, iranische 'Schahid'-Kamikaze-Drohnen. Sie haben zwei Ziele: Objekte der Energieversorgung – überall im Land. Kiew und Chmelnizki-Gebiet, Lwow und Dnjepropetrowsk, Winniza, Iwano-Frankowsk, Saporoschje, Sumy, Charkow, Schitomir, Kirowograd, der Süden. Sie wollen Panik und Chaos, wollen unser Energiesystem zerstören."
Als zweites Ziel nannte Selenskij die Menschen. Er rief die Zivilbevölkerung dazu auf, in Luftschutzbunkern und Kellern auszuharren.
Indes melden die ukrainischen Behörden lediglich 11 Tote und 64 Verwundete – eine äußerst geringe Zahl für einen Angriff mit etwa 200 Raketen (ebenfalls nach Angaben ukrainischer Behörden) mit jeweils etwa 400 Kilogramm Sprengstoff an Bord.
In Dnjepropetrowsk wurde das Gebäude einer Fabrik getroffen, wo sich Militärfahrzeuge und anderes Kriegsgerät in großer Anzahl befinden sollen:
In derselben Stadt soll sich eine weitere heftige Explosion ereignet haben – das folgende Material zeigt den wohl im Anschluss daran ausgebrochenen Brand:
Footage of a big explosion in Dnipropetrovsk caused by a Russian missile strike on a military target in the city.Former #Ukrainepic.twitter.com/30iw5joNi1
— The Eurasianist ☦️ (@Russ_Warrior) October 10, 2022
Die Botschaften der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wurden zur Evakuierung ihrer Mitarbeiter aus Kiew angewiesen, meldete der weißrussische Zweig der russischen Nachrichtenagentur Sputnik. Die Botschaften sollen vorübergehend ins grenznahe polnische Rzeszów verlegt werden.
Ein Einschlag am Gebäude in Kiew, in dem die Visaausgabestelle des deutschen Konsulats seine Büros unterhält, wurde vom BILD-Magazin gemeldet.
Die US-Botschaft in Kiew fordert alle US-Bürger zum Verlassen des Landes auf.
Das tschetschenische Republikoberhaupt Ramsan Kadyrow rief den ukrainischen Präsidenten zur Flucht gen Westen auf.
Mehr zum Thema – Liveticker Ukraine-Krieg: Offiziere des ukrainischen Militärgeheimdienstes gefangengenommen
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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.