Schläge gegen Wärmekraftwerke: Russland ergreift härtere Maßnahmen gegen die Ukraine
Am Samstagabend kam es in den Regionen Charkow und Donezk zu vollständigen und in den Regionen Saporoschje, Dnjepropetrowsk, Poltawa und Sumy zu teilweisen Stromausfällen. Grund waren militärische Schläge der russischen Armee mit hochpräzisen Waffen gegen die Wärmekraftwerke und sonstige in der Ost- und Zentralukraine. Russische Behörden haben die Schläge bislang offiziell nicht bestätigt, es wurden aber Starts der russischen Marschflugkörper gesichtet, deren Abflugzeiten zu der Uhrzeit der später gemeldeten Schläge passen. Auch die vor Ort gefundenen Raketenreste sprechen dafür.
"Gegen 19 Uhr Moskauer Zeit wurden Kalibr-Starts aus dem Schwarzen Meer und dem Kaspischen Meer gemeldet. Die Marschflugkörper trafen Wärmekraftwerke in der Nähe von Charkow und Krementschug, aber es könnten noch mehr Ziele gewesen sein. Dies führte zu Stromausfällen in den Regionen Charkow, Sumy, Dnjepropetrowsk, Poltawa, Saporoschje und Odessa. Ein Teil der Regionen [der Ukraine] ist ohne Strom, es gibt keine Kommunikation und kein Internet, und der Zugverkehr wurde eingestellt", berichtete die Nachrichtenagentur ANNA-News in ihrem Telegram-Kanal.
"Die nächtlichen Angriffe auf Stromerzeugungsanlagen haben zwei Wärmekraftwerke schwer beschädigt und in mehreren Regionen der Ukraine eine Stromversorgungskrise ausgelöst", berichtete der russische Militärkorrespondent Juri Kotenok. "Vorläufigen Daten zufolge sind Wärmekraftwerke Charkow TPP-5 und Krementschug TPP getroffen worden", erklärte er, veröffentlichte auf seinem Telegram-Kanal Videoaufnahmen von den Auswirkungen des Einschlags auf TTP-5 und gab an, dass das Büro von Wladimir Selenskij den Einschlag von zwei Raketen bestätigt habe.
"Mit einer systemischen Einwirkung auf das Energiesystem ist die Russische Föderation durchaus in der Lage, einen Energiekollaps in der Ukraine herbeizuführen", glaubt Kotenok.
Nach Angaben des Telegram-Kanals TOGARMA befindet sich der größte Teil der Energieinfrastruktur der Ukraine im Südosten des Landes. Nach Mitternacht war die Stromversorgung in den meisten östlichen Regionen der Ukraine jedoch wieder stabilisiert.
Zuletzt hatte umgekehrt der Beschuss kritischer Infrastrukturen in der Donezker Volksrepublik durch ukrainische Armee in den letzten drei Wochen zugenommen. Vor allem der Energiesektor war und ist davon betroffen.
Allein in der vorigen Woche wurden 983 Umspannwerke durch ukrainische Granaten getroffen. Infolgedessen blieben 63.000 Nutzer ohne Strom. Am häufigsten geschieht dies in den Städten Gorlowka, Donezk und Jassinowataja. Infolgedessen kam es auch zu gefährlichen Stromunterbrechungen im Donezker Kohlenrevier, wodurch unter anderem Hunderte von Bergleuten unter Tage eingeschlossen wurden.
Auch der Beschuss des Kernkraftwerks Saporoschje und der Stadt Energodar wird unablässig fortgesetzt. Seit dem 1. September wurde dieses Gebiet 26-malig dem Artilleriebeschuss durch ukrainische Streitkräfte ausgesetzt und getroffen, wobei die Geschosse auch Gebäude auf dem Gelände des Kernkraftwerks trafen. Gleichzeitig führten gezielte Brände in einem Umspannwerk am 6. September und in einer Elektroleitung am 8. September zweimal zu Stromausfällen in Energodar.
Vor diesem Hintergrund beschuldigte das Oberhaupt der Donezker Volksrepublik Denis Puschilin am Sonntag die ukrainischen Streitkräfte, die kritische Energieinfrastruktur der Volksrepublik gezielt ins Visier zu nehmen. Dazu erklärte auch der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums Generalleutnant Igor Konaschenkow, dass das Kiewer Regime täglich bewusst und gezielt zivile Infrastrukturen und Stromversorgungseinrichtungen in der DVR angreift.
"Diese Angriffe sind höchstwahrscheinlich auf die Umgruppierung russischer Truppen in der Sloboda-Ukraine (Gebiet Charkow) zurückzuführen", sagte der Politologe und Wirtschaftswissenschaftler Iwan Lysan im Gespräch mit der Zeitung Wsgljad. Er ist einer von vielen ukrainischen Intellektuellen und politischen Aktivisten, die nach dem Staatsstreich 2014 in Kiew das Land verlassen haben.
"Zweitens würde ich nicht ausschließen, dass wir den ukrainischen Streitkräften auf diese Weise zu verstehen gegeben haben, dass sie den Beschuss des Stromnetzes im Donbass und des AKW Saporoschje einstellen müssen. Das Problem ist, dass Wladimir Selenskij nur Handlungen mit roher Gewalt versteht", so der Analyst.
"Ein solcher Angriff kann die Verlegung der ukrainischen Truppen nicht stören, er kann sie nur ein wenig aufhalten – sie werden einfach von Elektrolokomotiven auf die Diesellokomotive umsteigen und ihren Weg fortsetzen. Ein systematischer Angriff könnte jedoch tiefgreifende Auswirkungen haben – die Ukraine würde beginnen, in das 19. Jahrhundert zu versinken. Dies wird zu einer systemischen Unterbrechung des Verkehrs führen, die Bahn muss komplett von Elektro- auf Diesellokomotiven umgestellt werden, die Propagandamaschine wird zum Stillstand kommen und die Kontrollierbarkeit der Truppen wird maximal erschwert", argumentiert Lysan.
Der Experte erklärte auch, dass der Schlag an sich für die Ukraine sehr spürbare Folgen hatte. "Es geht nicht um die Frage, ob er schwere Schäden an Wärmekraftwerken und Heizwerken verursacht hat. Die Tatsache, dass mehrere Gebiete gleichzeitig ohne Strom waren, zeigt, wie wenig sicher das ukrainische Energiesystem eigentlich ist", stellte er klar.
Der Beschuss der lebenswichtigen Energieinfrastruktur ist auch ein Zeichen dafür, dass die russische militärische Sonderoperation in eine neue Phase eingetreten ist. Dieser Meinung ist Larisa Schesler, die Vorsitzende der Union der politischen Emigranten und politischen Gefangenen. Grund dafür sei die Verwicklung der NATO in den Krieg. Nun hänge der weitere Verlauf der Operation immer mehr vom Zustand der ukrainischen Infrastruktur ab.
"Heute liefert der Westen eine große Menge an militärischer Ausrüstung, Munition und Ortungssystemen in die Ukraine. Darüber hinaus stellen westliche Länder der Ukraine ihre Militärberater und Nachrichtendienste zur Verfügung. Unter diesen Bedingungen ist es einfach absurd, dass die ukrainische Armee ungestraft alle Vorteile der Infrastruktur nutzen kann", sagte sie.
Die Zerstörung von Kraftwerken, wenn sie zur Erreichung militärischer Ziele beitragen, sei ihr zufolge kein Kriegsverbrechen. Das gesamte Energiesystem der Ukraine, das in den Krieg der NATO gegen Russland eingebunden ist, sei daher ein legitimes Ziel für den Beschuss. "Da der Westen Kiew in keiner Weise einschränkt, sondern es im Gegenteil auf jede erdenkliche Weise anheizt, wird sich Russland nun auch mit diesem Problem befassen", meint Schesler.
Der russische Angriff auf das ukrainische System der Energieversorgung hat auch eine zusätzliche Dimension. Die Ukraine hatte von der UdSSR ein gut ausgebautes Energiesystem geerbt, das aufgrund der massiven Deindustrialisierung, Auswanderung und Gebietsverluste derzeit Elektroenergie im Überfluss produzieren kann. Nun ist die Ukraine in ein Tauschgeschäft mit der EU eingetreten – Energie gegen Waffen und Geld. Selenskij hat wiederholt die Bereitschaft der Ukraine zum Ausdruck gebracht, Energielieferant für die EU zu werden und zu diesem Zweck die Generation der Kernkraftwerke, der großen Wärmekraftwerke und der Wärmekraftwerke zu nutzen. Dies war unter anderem der Grund für die wiederholten Versuche der ukrainischen Streitkräfte, auch das Kernkraftwerk Saporoschje um jeden Preis zurückzuerobern.
Russland will offenbar die Ukraine bei diesem Tauschgeschäft stören.
Darüber hinaus wird die Abschaltung mehrerer großer Wärmekraftwerke (insbesondere Charkow und Krementschug) zu einem Ungleichgewicht im ukrainischen Energiesystem führen und Störungen im Betrieb der von der ukrainischen Atombehörde "Energoatom" kontrollierten Kernkraftwerke zur Folge haben. In der Praxis bedeutet dies, dass Selenskijs Büro irgendwie noch in der Lage sein kann, den internen Bedarf der Bevölkerung zu decken, aber die Ukraine wird nicht mehr in der Lage sein, Strom in EU-Länder zu exportieren.
Der Chef der russischen Krim-Administration Sergej Aksjonow begrüßte die Angriffe auf die ukrainischen Wärmekraftwerke. Er sah darin den Übergang zu einer neuen, härteten Phase der militärischen Spezialoperation. "Gott sei Dank hat das Verteidigungsministerium gestern mit Angriffen auf die Infrastruktur in der Region Charkow usw. begonnen. Wir hoffen, dass all dies endlich einen entschiedeneren Charakter annimmt", sagte Aksjonow.
Erstellt unter Verwendung von Material der Nachrichtenseite Wsgljad
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