"Deutsche Flagge" weht bald wieder bei Sarajevo? – Bundeswehr soll wohl nach Bosnien-Herzegowina
Seit rund zwei Jahren steckt Bosnien-Herzegowina in der wahrscheinlich größten politischen Krise seit dem Ende des Bürgerkrieges 1995. Die drei gleichberechtigten ethnischen Gruppen – bosnische Muslime, die sich seit Mitte der 1990er Jahre offiziell Bosniaken nennen, christlich-orthodoxe Serben und katholische Kroaten – machen jeweils eine andere Seite dafür verantwortlich.
Die bosnischen Kroaten pochen beispielsweise seit Monaten auf eine Wahlgesetzänderung, wodurch die Wahl eines Vertreters ihrer Ethnie gesichert werden soll, der demnach tatsächlich für ihre Interessen einstehen soll. Zurzeit fühlen sie sich wohl nicht richtig repräsentiert. Den Bosniaken werfen sie vor, ihre Anliegen zu blockieren. Alle drei Volksgruppen haben gemäß dem Friedensabkommen von Dayton jeweils einen Vertreter im Staatspräsidium.
Die bosniakische Seite wiederum wirft den serbischen Politikern im Land Ultra-Nationalismus und Separatismusbestrebungen vor, die zu einer Abspaltung des serbischen Landesteils führen sollen. Die bosnischen Serben derweil sehen die Existenz ihrer Entität – Republika Srpska – bedroht und werfen den Bosniaken ein Vorantreiben der Zentralisierung Bosnien-Herzegowinas vor, womit jene demnach als Mehrheitsvolk die Dominanz im Land hätten. Führende Politiker der Serben wie Milorad Dodik pochen zudem auf gute Beziehungen zu Russland und lehnen bislang offiziell einen Beitritt zur NATO ab.
Die Bosniaken ihrerseits sehen dadurch die Existenz des Gesamtstaates bedroht und verweisen stets auf "den böswilligen Einfluss" Moskaus, durch den eine Durchführung "notwendiger Reformen" verhindert werde, die letztlich zu einem EU- und NATO-Betritt führen sollen. Die Spannungen im Land hatten sich zuletzt – seit dem Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine – deutlich verschärft. Während die serbische Seite es ablehnte, sich den Sanktionen Brüssels gegen Moskau anzuschließen, befürchtete die bosniakische Seite vor allem eine vermehrte russische Einflussnahme.
Auch aus mehreren westlichen Ländern kam mit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine die Mahnung, dass man nun andere Regionen in Europa nicht vernachlässigen sollte. Erst jüngst weilte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht in Sarajavo und betonte vor Reportern:
"Wir müssen dafür sorgen, dass diese Region stabil bleibt. Nur das ist die Gewährleistung dafür, dass eine Annäherung an NATO und EU möglich ist."
Bei ihrem Besuch in der Hauptstadt Bosnien-Herzegowinas erwähnte sie auch, dass man in Berlin derzeit prüfe, ob angesichts einer verschlechterten Sicherheitslage erneut auch deutsche Soldaten in das Westbalkanland entsandt werden sollten, wohl im Rahmen der EU-Mission EUFOR Althea. Jene war im Jahr 2004 ins Leben gerufen worden, um die Sicherheit in Bosnien-Herzegowina und die Umsetzung des Friedensvertrags von Dayton zu überwachen. Seit November 2012 war Deutschland nicht mehr an der Mission beteiligt. Deutsche Soldaten waren zuvor im Land bei den von der NATO geführten Militärmissionen IFOR und SFOR dabei.
Der Gesamtstaat besteht aus der Serbenrepublik – Republika Srpska/RS – und der bosnisch-kroatischen Föderation (FBiH). Über die Einhaltung des Friedensvertrags wacht ein Beauftragter der internationalen Gemeinschaft, derzeit der Deutsche Christian Schmidt. Er hat viel Macht: kann Gesetze erlassen, Amtsträger absetzen oder neue Behörden schaffen. Schmidt hatte erst im Jahr 2021 sein Amt angetreten, doch die bosnischen Serben wollen das Amt des Hohen Repräsentanten, wie es offiziell heißt, abschaffen.
Nun kündigte der CSU-Politiker vor wenigen Tagen an, dass die deutschen Soldaten tatsächlich zurück nach Bosnien-Herzegowina zurückkehren werden. Laut Berichten lokaler Medien habe Schmidt bei einer Pressekonferenz auf die Frage eines Journalisten erklärt:
"Nächste Woche wird im Bundestag ein Antrag gestellt, der es ermöglichen wird, dass in Butmir die deutsche Flagge weht."
Butmir ist ein multinationales Camp bei Sarajevo, das als EUFOR-Hauptquartier dient. Die letzten deutschen Soldaten hatten ihren Einsatz in Bosnien-Herzegowina im Herbst 2012 beendet – nach 17 Jahren. Dies war der erste große und bislang längste Auslandseinsatz der Bundeswehr.
Erst vor wenigen Wochen hatte EUFOR seine Militärpräsenz in dem Balkanland mit weiteren 500 Soldaten aus Österreich, Slowakei, Rumänien und Bulgarien verstärkt. Dies wurde damit begründet, dass man kurz nach dem Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine befürchte, dass Moskau versuchen könnte, auch anderswo in Europa Vorfälle zu provozieren. Derzeit verfügt EUFOR über rund 1.100 Soldaten in Bosnien-Herzegowina.
Auch Schmidt betonte bei einer Pressekonferenz laut Medienberichten, dass die internationale Gemeinschaft zur Gewährleistung der Sicherheit der Menschen in Bosnien-Herzegowina beitragen müsse. Jene sei laut dem CSU-Politiker "durch die Militäroperation Russlands in der Ukraine gefährdet" und man wisse nicht, wie sich die Lage in der Zukunft weiterentwickle.
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