Europa

#EinenPanzerFürPutin: So lästern Italiener über den Informationskrieg gegen Russland

Seit Beginn des Ukraine-Konfliktes hetzen Italiens Medien und Politiker wie nie zuvor gegen Russland. Mit dem Effekt erheblichen Widerstands: Tausende Italiener wenden sich täglich mit Briefen "Nicht in unserem Namen" an die Russische Botschaft. Und auch in sozialen Netzwerken herrscht eine Pro-Russland-Satire.
#EinenPanzerFürPutin: So lästern Italiener über den Informationskrieg gegen RusslandQuelle: www.globallookpress.com © Cesare Abbate / Keystone Press Agency

von Daniele Pozzati

"Ein Lachen wird euch begraben", so lautet in Italien ein revolutionäres Sprichwort. Und die Satire gegen die antirussische Hetze von Politikern und Mainstream-Medien läuft heute ununterbrochen in den italienischen sozialen Netzwerken.

Das jüngste Beispiel betrifft die Worte, mit denen der italienische Ministerpräsident Mario Draghi am 6. April die vorgeschlagenen Sanktionen gegen russisches Gas rechtfertigte:

"Was bevorzugen wir? Heizung an – bald auch die Klimaanlage – oder den Frieden?"

Gleich darauf kam das Internet-Meme Condizionatore e Pace ("Klimaanlage und Frieden"), welches auf den weltbekannten Titel von Tolstois Meisterwerk anspielte.

Hinter dieser Satire steht einerseits Sympathie und Unterstützung für Russland, auch für das, was Russland in den Augen dieser italienischen Bürger vertritt: souveräne Politik, konservative Familienwerte, Widerstand gegen den Great Reset und noch mehr. Dementsprechend nehmen diese Italiener auch den Ukraine-Konflikt wahr – als eine Art Konflikt gegen die Globalisierung. Anderseits ist sie auch Ausdruck des Wunsches, erneut eine gute Beziehung zu Russland zu pflegen, ebenso daher der Empörung gegenüber den Politikern, die diese Beziehungen unnötig stören.

Darauf ist sogar das russische Außenministerium aufmerksam geworden:

#EinenPanzerFürPutin

Politiker und Medien – sowohl in Italien als auch in der EU – fordern bekanntlich, das russische Gas zu boykottieren, um sich auf diese Weise gegen den russischen Militäreinsatz in der Ukraine zu positionieren.

Schlagzeilen wie "Lass den Herd ausgeschaltet – als Zeichen des Protests gegen Putins Krieg" zirkulierten bereits Mitte März in den italienischen Mainstream-Medien.

Dann griff auch die Satire in den sozialen Medien an: auf Twitter gab es den Trend mit dem Hashtag #UnCarroArmatoPerPutin ["EinenPanzerFürPutin"]. Dieser ging viral und erreichte sogar die Aufmerksamkeit der RT-Chefin Margarita Simonjan. Darüber berichtete am 29.3. Italiens zweitgrößte Tageszeitung La Repubblica in einem Videobeitrag:

"Margarita Simonjan (...) teilte den Tweet eines italienischen Users, der die unglaubliche Kampagne #UnCarroArmatoPerPutin ["Ein Panzer für Putin"] unterstützt, und forderte Pro-Putin-Verbraucher auf, Gas zu konsumieren, um Russland zu unterstützen."

Die Kampagne sei ein Fake, so La Repubblica. Was die italienische Tageszeitung dabei jedoch ignorierte, war die satirische Natur der Kampagne #UnCarroArmatoPerPutin. Denn eine deutliche Mehrheit (57%) der Italiener sind sowohl GEGEN die Waffenlieferungen in die Ukraine als auch gegen die Erhöhung der Militärausgaben.

Dass die Kampagne bereits erste Früchte trägt, bewies am 30. März Italiens größte Tageszeitung Il Corriere della Sera mit ihrer Schlagzeile "Warum gibt es in Italien so viele Pro-Russen?".

Eine mögliche Antwort würde lauten: Weil es in Italien nie eine Russophobie gab, und weil der Versuch, sie innerhalb von ein paar Wochen künstlich zu erschaffen, nach hinten losging.

Kriegstreiberei "Nicht in unserem Namen" 

Viele Italiener wenden sich seit Wochen an die Russische Botschaft in Rom, um sich persönlich von der Hetze gegen Russland zu distanzieren. In einem von der Botschaft Russlands am 29. März veröffentlichten Post auf Facebook hieß es:

"Liebe Freunde Russlands in Italien!

Jeden Tag erhält unsere Botschaft Tausende von Nachrichten mit aufrichtigen Worten der Unterstützung und Solidarität. Wir sprechen allen italienischen Bürgern unseren tiefsten Dank aus, die trotz der Lawine von antirussischer Propaganda, Falschnachrichten und offenkundiger Fälschungen, welche von einigen westlichen Medien verbreitet werden, ihre aufrichtige Sorge um das Schicksal unseres Landes und die Zukunft der  Beziehungen zu Russland zum Ausdruck bringen. Wir teilen Ihre Empörung über verschiedene Versuche, Russland "auszulöschen", und Groll zwischen uns zu säen: zwischen Russen und Italienern."

Und Anfang April teilte die Russische Botschaft folgenden Tweet:

"Heute Morgen fanden wir am Eingang der Botschaft einen Blumenstrauß und einen Zettel mit Solidaritätsbekundungen von italienischen Bürgern. Wir danken Ihnen von Herzen für dieses Zeugnis der Freundschaft."

"Ein Militärgouvernement im Auftrag der NATO"

Unmittelbar nach dem Ausbruch des Konflikts hatte die italienische Regierung den Ausnahmezustand bis Dezember 2022 ausgerufen. Solch eine Maßnahme wurde nicht einmal von Nachbarländern wie Polen, Ungarn oder Rumänien getroffen. Allein dies zeigt bereits, wie hartnäckig sich die italienische Regierung in den Krisenmodus versetzt hat.

Am 5. April hat Italien 30 russische Diplomaten "wegen Spionage in Putins Diensten" ausgewiesen.

Der freiberufliche italienische Journalist Giorgio Bianchi hat in einer russischen Talk-Show, zu der er aufgrund seiner journalistischen Arbeit im Donbass eingeladen wurde, die Haltung Roms gegenüber Russland wie folgt beschrieben:

"In Italien haben wir ein Militärgouvernement im Auftrag der NATO."

Ein paar Beispiele veranschaulichen, wie die italienischen Mainstream-Medien gegen Russland hetzen: in einem bei der Tageszeitung La Stampa am 22. März veröffentlichten Meinungsartikel lautet die Überschrift "Wenn Putins Tod der einzige Ausweg ist".

Darauf reagierte der Botschafter der Russischen Föderation in Italien Sergei Rasow empört. Er lud am 25. März einige italienische Journalisten vor dem Gerichtsgebäude in Rom ein, um bekannt zu geben, dass er die Tageszeitung La Stampa wegen "Anstiftung zum Verbrechen" angezeigt hatte.

Der Ministerpräsident Mario Draghi warf Russland in diesem Zusammenhang vor, "illiberal zu sein". Die Tageszeitungen Corriere della Sera und La Repubblica verteidigten Massimo Giannini, den Chefredakteur von La Stampa.

Am 16. März berichtete La Stampa auf der Titelseite über angebliche russische Bombenangriffe. Und womit wurden diese von La Stampa illustriert? Mit einem bereits bekannten, früheren Foto, welches die ukrainische Bombardierung von Donezk zeigt! Die Schlagzeile in großen Lettern heißt: La Carneficina ["Das Blutbad"). Somit sollen die Leser glauben, das Massaker sei das Ergebnis eines russischen Bombenangriffs gewesen.

Früher noch, bereits in einer am 3. März 2022 ausgestrahlten Sendung, hatte der Außenminister Italiens Luigi Di Maio den Präsidenten Russlands Wladimir Putin als animale ("Tier") bezeichnet.

Mittlerweile ist Ministerpräsident Mario Draghi aufgrund seiner kriegerischen Haltung gegenüber Russland sowie wegen seiner Idee einer Impfpflicht für Ü50-Jährige in Italien "beliebter" denn je:

In dem Video rufen die Leute unter anderen: Mandacituofiglio in guerra, assassino! ("Schick Deinen Sohn in den Krieg, Du Mörder!"). Bei seinem Besuch in Turin am 5. April wurde Draghi ebenso von wütenden Menschen empfangen:

Der Fall Dostojewski

Das vielleicht repräsentativste Symbol dieser beispiellosen Russophobie in Italien war, ganz am Anfang, die Zensur des Autors von "Schuld und Sühne".

Anfang März hatte die Universität von Mailand-Bicocca angekündigt, einen Kurs über Dostojewski abzusagen, "um Spannungen zu vermeiden".

Die Entscheidung stieß auf heftigste Kritik. Ende März erschien in einer Hauptschule in Neapel ein Wandgemälde, welches ebendiesem russischen Schriftsteller gewidmet wurde.

Ein bemerkenswertes Lob kam diesmal direkt von dem Präsidenten der Russischen Föderation:

 "Ich denke, viele wissen das und haben gesehen, wie jüngst in Neapel ein Straßenkünstler das Porträt des – im Westen inzwischen ausgelöschten – russischen Schriftstellers Fjodor Dostojewski an die Wand eines Gebäudes gemalt hat.

Dies gibt uns die Hoffnung, dass durch die gegenseitige Sympathie der Menschen, durch eine Kultur, die uns alle verbindet und vereint, die Wahrheit ihren Weg finden wird."

Jorit, der das Wandbild geschaffen hatte, reagierte auf Putins Worte:

"Wie kann es sein, dass ich als einfacher Bürger mit einem Wandgemälde mehr für den Frieden tun konnte als unsere Regierung? Wenn Putin so wenig als Entpannungssignal wahrnimmt, was würde er bei einem ernsthaften Friedensvorschlag tun?"

In seinem jüngsten Post teilte Jorit am 12. April die – von maßgeblichen  Politikern nicht vertretene und von den Medien nicht verbreitete – Meinung von Millionen der Italiener über den Ukraine-Konflikt:

"Dieser Krieg begann nicht mit der russischen Militäroperation, sondern vor 8 Jahren und hatte bereits 14.000 Tote verursacht. Hatten die Donbass-Kinder nicht die gleiche Würde? Waren die Toten des Massakers von Odessa, die lebendig verbrannt wurden, nicht auch Menschen?"

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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.