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EU-Spitzendiplomat Borrell: Der Westen hat in den Beziehungen zu Russland Fehler gemacht

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat Fehler des Westens im Umgang mit Russland eingeräumt. Dazu zählte er unter anderem die Zusicherungen an die Ukraine, sie in die NATO aufzunehmen.
EU-Spitzendiplomat Borrell: Der Westen hat in den Beziehungen zu Russland Fehler gemacht© Dursun Aydemir/Anadolu Agency via Getty Images

Der Hohe Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell hat eingeräumt, dass der Westen in seinen Beziehungen zu Russland Fehler gemacht hat.

In einem Gespräch mit dem französischen Fernsehsender TF1 sagte Borrell am Donnerstag, er sei "bereit zuzugeben, dass wir eine Reihe von Fehlern gemacht und die Chance verpasst haben, uns Russland anzunähern". Der ranghöchste EU-Diplomat räumte weiter ein, dass es Dinge gebe, "die wir hätten besser machen können", sowie "Dinge, die wir angeboten und dann nicht realisiert haben, wie … Versprechen, dass die Ukraine und Georgien Teil der NATO werden würden". Er sei der Ansicht, dass es ein Fehler sei, "Versprechungen zu machen, die man nicht einhalten kann".

Er wies auch darauf hin, dass "die Russen nach dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums schwer gelitten haben", was in seinen Augen "eine Art von Groll hervorgerufen hat, den Putin ausnutzt".

Der größte Teil des Interviews war jedoch der scharfen Kritik an Russlands Militäraktion gegen die Ukraine gewidmet, die Moskau am 24. Februar begonnen hatte.

Borrell bezeichnete die Offensive des Kremls als einen "völlig ungerechtfertigten und grundlosen Krieg, der immer brutaler wird und für die zivilisierte Welt völlig inakzeptabel ist". Er warnte, dass "wir eine neue Seite in der Geschichte Europas, eine neue Seite in der globalen Geopolitik betreten haben". Der EU-Außenbeauftragte fügte hinzu, er erwarte, dass sich die Beziehungen zu Russland "nach dem, was gerade geschehen ist, radikal verändern werden".

Der Diplomat warf den russischen Streitkräften vor, bei ihren Angriffen auf ukrainische Städte die Anwesenheit von Zivilisten zu ignorieren, und fügte hinzu, dass die Bombardierung Mariupols zweifellos ein Kriegsverbrechen sei. Da Russland aufgrund des seiner Meinung nach "sehr starken" ukrainischen Widerstands bisher "nicht in der Lage war, die Städte einzunehmen", habe Moskau sie stattdessen wahllos bombardiert, genau wie "in Syrien oder Tschetschenien".

Auf die Frage, ob er glaube, dass Wladimir Putin jemals vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angeklagt werde, sagte Borrell, dass ein solches Szenario zwar weitgehend hypothetisch sei. Er glaube jedoch, dass es genügend Anschuldigungen gebe, um den russischen Präsidenten vor Gericht zu stellen.

Borrell enthüllte, dass seine Behörde zum ersten Mal in der Geschichte der EU ein unionsweites Programm zur Erleichterung von Waffenlieferungen an die Ukraine beaufsichtigt. Er gab bekannt, ein "Team von 200 Offizieren aus allen europäischen Armeen" unter dem Kommando eines französischen Admirals und eines italienischen Generals stelle sicher, dass der Bedarf der Ukraine durch das Angebot der EU gedeckt werde. Die einzelnen Mitgliedsstaaten stellten Waffen und Ausrüstung zur Verfügung, vor allem Munition, Treibstoff und Panzerabwehrraketen, erklärte er, und Brüssel zahle die Rechnung.

Er weigerte sich jedoch, Einzelheiten zu den Liefermethoden und Grenzübergängen zu nennen, die für die Lieferungen genutzt wurden.

Das russische Verteidigungsministerium wies Anschuldigungen, seine Streitkräfte würden zivile Infrastrukturen in der Ukraine angreifen, stets zurück. Es beschuldigt die ukrainische Armee und ihre Milizen, in Wohngebieten Stellung zu beziehen und Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu benutzen. Die jüngsten Medienberichte über einen angeblichen russischen Luftangriff auf ein Entbindungskrankenhaus in der Stadt Mariupol wies Moskau als "Fake News" zurück.

Nach Gesprächen mit seinem ukrainischen Amtskollegen in Antalya warnte der russische Außenminister Sergei Lawrow am Donnerstag den Westen, dass die Waffen, die dieser massenhaft in die Ukraine liefert, insbesondere tragbare Flugabwehrraketen, in die Hände von Terroristen gelangen und eine Gefahr für zivile Flugzeuge darstellen könnten.

Russische Truppen waren Ende Februar im Rahmen einer militärischen Sonderoperation zur Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine sowie zum Schutz der Volksrepubliken Donezk und Lugansk und der nationalen Sicherheitsinteressen Russlands in das russische Nachbarland entsandt worden. Kiew warf Moskau eine unprovozierte Offensive vor.

Die EU, die USA und andere Länder reagierten mit beispiellosen Sanktionen, die sich gegen die russische Wirtschaft und mehrere ausgewählte hochrangige Beamte richten. Die militärische Sonderoperation Russlands wurde von der Vollversammlung der Vereinten Nationen mehrheitlich verurteilt.

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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.