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Ukrainisches Gesetz in Kraft: Zivilisten dürfen ungestraft auf "russische Besatzer" schießen

Der Einsatz von Waffen in den Händen der Zivilbevölkerung ist nun in der Ukraine auch gesetzlich erlaubt. Geschossen werden darf zur "Abwehr und Abschreckung bewaffneter Angriffe". Zuvor hat die Regierung bereits Tausende Handfeuerwaffen an jedermann austeilen lassen.
Ukrainisches Gesetz in Kraft: Zivilisten dürfen ungestraft auf "russische Besatzer" schießenQuelle: Sputnik © Sergei Awerin

Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij hat das Gesetz "über die Beteiligung der Zivilbevölkerung an der Verteidigung der Ukraine" unterzeichnet, das es allen Einwohnern der Ukraine erlaubt, während des Kriegsrechts Waffen gegen russische und andere Besatzer unter gleichen Voraussetzungen wie reguläre Militärangehörige zu benutzen. Demnach können "während der Dauer des Kriegszustandes ukrainische Staatsbürger sowie Ausländer und Staatenlose, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet der Ukraine aufhalten (…), an der Abwehr und Abschreckung bewaffneter Angriffe teilnehmen". Das Dokument wurde auf der Webseite des ukrainischen Parlaments veröffentlicht.

"Während des Kriegszustandes können sich Bürger der Ukraine mit ihren eigenen Wettkampfwaffen, Sportwaffen (Pistolen, Revolver, Gewehre, Gewehre mit glattem Lauf), Jagdwaffen mit gezogenem, glattem Lauf oder kombinierten Jagdwaffen und der dazugehörigen Munition an der Abwehr und Zurückschlagung der bewaffneten Aggression der Russischen Föderation beteiligen", heißt es im Gesetz.

Es wird darauf hingewiesen, dass der Gebrauch von Schusswaffen, die im Einklang mit diesem Gesetz erworben wurden, durch Zivilisten in ähnlicher Weise erfolgen soll wie durch Militärangehörige. Gleichzeitig müssen Zivilpersonen Schusswaffen und unbenutzte Munition, die sie erhalten haben, spätestens zehn Tage nach Beendigung der Kämpfe oder Aufhebung des Kriegsrechts in der Ukraine an die nationale Polizei der Ukraine übergeben. Zivilisten sind von der Strafbarkeit für den Einsatz von Waffen befreit, soweit er "im Einklang mit Art. 4 dieses Gesetzes" stattfindet.  

Den Kriegszustand hat der ukrainische Präsident am Tag des Beginns der russischen Militäroperation zur "Entmilitarisierung und Entnazifizierung" und zum Schutz der Volksrepubliken Donezk und Lugansk am 24. Februar ausgerufen. Gleich am nächsten Tag teilte der ukrainische Verteidigungsminister Alexei Resnikow mit, dass 18.000 Handfeuerwaffen an Bürger ausgegeben worden sind. Im Internet tauchten zahlreiche Videos auf, die davon zeugten, dass Waffen ohne Anmeldung und Personenkontrolle auf den Straßen ukrainischer Städte an Jedermann ausgegeben wurden. Schätzungen zufolge wurden allein in Kiew bis Ende Februar mindestens 25.000 Handfeuerwaffen ausgegeben. Insgesamt besitzen die Ukrainer derzeit rund eine Million Handfeuerwaffen. 

Die unkontrollierte Waffenausgabe und ungezügelte Jagd auf angebliche Spione hat in der ukrainischen Hauptstadt mittlerweile zu chaotischen Zuständen auf den Straßen geführt. Meldungen zufolge wurden flüchtende Familien in ihren Autos erschossen, offenbar im angeblichen Verdacht, russische Saboteure zu sein.

Ein Israeli wurde beim Versuch seiner Ausreise mit dem Auto ins sichere Ausland von einem Bewaffneten erschossen – aus angeblichem Verdacht, ein tschetschenischer Saboteur zu sein. Es kommt auch zu zahlreichen Plünderungen und bewaffneten Überfällen auf Geschäfte. Immer wieder werden Schießereien gemeldet und diese aus den umliegenden Wohnhäusern gefilmt. So ist in einem Video vom 27. Februar zu sehen, wie eine Patrouille in Kiew einen Autofahrer während der Ausgangssperre beschießt und verletzt. 

Die Waffenausgabe an Zivilisten wurde von Russland bereits mehrfach kritisiert. Der ständige Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen, Wassili Nebensja, sagte auf einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates, dass die Zahl der zivilen Opfer aufgrund der Verteilung von Waffen an die Bürger zunehme.

"Die Folgen dieses unverantwortlichen Handelns von Selenskij, der den Befehl gegeben hat, sind bereits offensichtlich: Die Zahl der zivilen Opfer durch Radikale steigt täglich, vor allem in Kiew. Wir haben schon lange davor gewarnt." 

Kritik kommt auch zur nun gesetzlich verankerten Schießerlaubnis, die viele als "Lizenz zum Töten" interpretieren. Das mache Tausende von Zivilisten zu Kombattanten dieses Krieges und bringe sie in Lebensgefahr, schreibt die russische Zeitung Argumente und Fakten (AiF), während Russland sich bei der Militäroperation gegen ukrainische Streitkräfte und radikale Nationalisten zum Ziel gesetzt habe, zivile Opfer zu vermeiden. Das öffne den Weg zur blutigen Selbstjustiz:  

"Selenskij hat mit seinem Dekret faktisch Hinrichtungen im Schnellverfahren und die Tötung von Menschen gebilligt. Die tote Person kann nicht mehr beweisen, dass sie kein russischer Saboteur war. Folglich hat die Person mit dem Maschinengewehr Recht. Und wenn sich solche Personen zu einer Bande zusammenschließen, sind sie die Macht in einem bestimmten Gebiet."

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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.