Europa

CDU-Chef Merz bedauert Deutschlands "Nein" zu NATO-Lieferung tödlicher Waffen an die Ukraine

Der designierte CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sagte, dass Russlands angeblicher Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze eine "robuste" Antwort an Wladimir Putin erfordere. Er plädierte dafür, der Ukraine Waffen zur Selbstverteidigung zu liefern.
CDU-Chef Merz bedauert Deutschlands "Nein" zu NATO-Lieferung tödlicher Waffen an die UkraineQuelle: AFP © Tobias Schwarz

Angesichts des vom Westen behaupteten russischen Truppenaufmarschs an der Grenze zwischen den beiden Ländern verlangte der CDU-Bundestagsabgeordnete in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung eine "klare, robuste Antwort" an Präsident Wladimir Putin – "bis hin zu der Frage, ob man auch der Ukraine hilft, sich mit Defensivwaffen einer solchen Bedrohung zu widersetzen." Solche Bitten der Ukraine seien legitim.

Ukrainische Regierungsvertreter hatten Deutschland unter anderem um ältere Fregatten, Flugabwehrkanonen und Komponenten von Antischiffsraketen gebeten. Tödliche Waffen fordert die Ukraine vor allem über NATO-Kanäle, ein deutsches Veto hat dies aber bislang verhindert.

So war bei der NATO ein Beschluss nicht durchgekommen, der Ukraine neben Störsendern zur Drohnenabwehr – sogenannten "Jammern" – auch tödliche Waffen wie Scharfschützengewehre zu liefern. Nach Informationen der FAZ war dies letztlich am Einspruch Deutschlands und eines weiteren Landes gescheitert. Merz sagte dazu, wenn diese Information zutreffe, dann sei das "eine ziemliche Hypothek".

Deutschland hat der Ukraine bisher nicht-tödliche Militärausrüstung zur Verfügung gestellt, unter anderem für Feldhospitäler. Außerdem werden verwundete ukrainischen Militärangehörige in einem Bundeswehr-Krankenhaus in Berlin behandelt. Diese Leistung nahmen bis Juli 2021 149 Soldaten in Anspruch.

Die Bitte um eine Fregatte zum Schutz der Schwarzmeerküste vor einer russischen Landung war im Frühjahr in Berlin abgewiesen worden. Das Bundesverteidigungsministerium unter Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte damals zwar Zustimmung signalisiert, aber das Auswärtige Amt unter Heiko Maas (SPD) lehnte ab.

Von den jetzigen Regierungsparteien zeigten sich vor allem die Grünen offen für die Frage der Waffenlieferung in das osteuropäische Land. Der damalige Ko-Parteichef und heutige Vizekanzler Robert Habeck forderte im Mai auf einer Reise in das ostukrainische Kriegsgebiet, der Ukraine Defensivwaffen zu liefern und nannte unter anderem Sanitätsfahrzeuge, auf denen dann eben auch "ein Maschinengewehr" zur Verteidigung montiert werden könne. Dieses Handeln begründete er mit dem "Kampf Europas" für liberale Demokratie. 

Seit mehreren Wochen behaupten westliche Medien, dass Russland Truppen an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen habe. Einige Medien berichteten sogar von einer bevorstehenden russischen Invasion. Auch Friedrich Merz redete in seinem Interview von einem "massiven Truppenaufmarsch der russischen Armee an ukrainischer Ostgrenze".  

Allerdings: Aus ukrainischer Sicht stellt sich die Lage nicht so dramatisch dar. Alexei Danilow, der Chef des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates (NSDC), sagte am Mittwoch, es seien 122.000 russische Soldaten in einer Entfernung von 200 km zur ukrainischen Grenze verlegt worden, und 134.000 in einer Entfernung von 400 km. Das relativiert die Rede von einer Stationierung "an" der Grenze, die suggeriert, dass dies gar nicht weit davon entfernt stattfindet. Im November zeigte das US-Magazin Politico als Beweis für den "Truppenaufmarsch" Satellitenbilder vom Rajon Jelnja, ca. 300 km nördlich der ukrainischen Grenze. 

Russland seinerseits hat der Ukraine wiederholt vorgeworfen, im Osten des Landes Truppen zusammenzuziehen. Laut der Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, entsende die ukrainische Armee schweres Gerät und Soldaten in den Osten des Landes. 125.000 Soldaten, "die Hälfte der ukrainischen Truppen", befänden sich in dem Gebiet nahe der russischen Grenze.

Letzte Woche hat Russland eine diplomatische Offensive mit dem Ziel einer verbindlichen Vereinbarung mit der NATO und den USA im Sicherheitsbereich gestartet. Ein klares "Nein" Russlands gelte vor allem für eine NATO-Osterweiterung und eine militärische Nutzung des ukrainischen Gebiets für antirussische Zwecke. Während seiner jährlichen Großen Pressekonferenz wurde Putin dann auch von einer britischen Korrespondentin gefragt, ob er garantieren könne, dass Russland die Ukraine nicht angreifen werde.

Er wies darauf hin, dass Russland nicht umhinkönne, auf das Geschehen in der Ukraine zu reagieren, wenn die Ukraine die selbstausgerufenen Donbass-Republiken angreife. In Bezug auf die Verhandlungen mit dem Westen, sagte Putin, dass Russland seine roten Linien markiert habe. Nun sei der Ball im Feld des Westens. 

Am Dienstag warnte der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu vor der Anwesenheit US-amerikanischen Söldner und dem Eintreffen chemischer Substanzen nahe der Trennlinie zu den Rebellenformationen der  Volksrepubliken Donezk und Lugansk und einer möglichen Provokation mit diesen militärischen Mitteln. Die US-Seite dementierte. 

Mehr zum Thema - Moskau: Private US-Militärdienstleister planen Provokation mit chemischen Stoffen in Ostukraine

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