Ungeachtet Russlands Angebote: NATO bringt weitere Truppenverstärkung an der Ostflanke ins Gespräch
Der Oberste Befehlshaber der NATO, US-General Tod Wolters (der Supreme Allied Commander für Europa, kurz: SACEUR), schlug den Partnerländern vor, die NATO-Präsenz in Südosteuropa über die Mission "Enhanced Forward Presence" (EFP) zu erweitern. Das berichtete der Spiegel am Samstag mit Verweis auf eigene Informationsquellen. Grund sei die Besorgnis der Allianz über eine angebliche russische Truppenkonzentration unweit der ukrainischen Grenze.
Seinen Vortrag soll er den Oberbefehlshabern der Partnernationen in einer geheimen Videoschalte unterbreitet haben. Demnach soll die NATO wie im Baltikum und Polen auch in Bulgarien und Rumänien eigene EFP-Kontingente von gut 1.500 Personen aufbauen. Im Ernstfall fungierten diese als eine Art Vorkommando oder Brückenkopf für weitere Verstärkung der Allianz.
Wolters zufolge stellt die Erweiterung der Mission auf die südliche Ostflanke der NATO keine Provokation Russlands dar. Vielmehr diene die verstärkte Truppenpräsenz als Rückversicherung für die Partnernationen dort. Zudem werde sich die NATO weiter an die sogenannte NATO-Russland-Akte halten, die eine dauerhafte Stationierung von großen Truppenteilen an der Ostflanke verbietet. Aus diesem Grund sind die Truppen im Baltikum nicht fest stationiert, sondern rotieren ständig.
Vor den Top-Militärs der Allianz breitete der US-General ein ganzes Maßnahmenpaket aus. So sei es wichtig, dass alle NATO-Staaten ihre Überwachungsfähigkeiten durch Satelliten und andere Sensorik auf die Krisenregion in der Ukraine lenken und die Erkenntnisse umgehend in der Allianz teilen. Zudem mahnte Wolters an, dass die Mobilisierungsfristen für die NATO Response Force (NRF), die schnelle Eingreiftruppe der Allianz, angepasst werden.
Offiziell wollte die NATO die internen Diskussionen über die Erweiterung der Mission an der Ostflanke nicht bestätigen, schreibt der Spiegel. Von Diplomaten aber hieß es, das Thema werde wohl beim nächsten Treffen der Verteidigungsminister auf den Tisch kommen. Die Sprecherin von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, Oana Longescu, antwortete auf entsprechende Spiegel-Fragen ausweichend.
In dem Bericht ist auch von einem "ernüchternden" NATO-Lagebericht die Rede. Demnach sei Russland nach dem Zusammenziehen von fast 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine in der Lage, eine Invasion zu starten und das Land nach einem Einmarsch auch zu halten. Nachdem die US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines den Botschaftern der Partnerstaaten bereits Mitte November einen ähnlichen Befund vorgetragen hatte, wurde Wolters beauftragt, mögliche Reaktionen der NATO durchzuspielen und Vorschläge auszuarbeiten.
Der Vortrag des NATO-Oberbefehlshabers liegt offenbar mehrere Tage zurück. "Seit dem Vortrag des Vier-Sterne-Generals wird die Truppenaufstockung an der Ostflanke kontrovers diskutiert. Während die Osteuropäer die symbolische Aufrüstung begrüßen würden, gaben sich andere Nationen, darunter auch Deutschland, zurückhaltend", so der Spiegel.
Ganz anders war die Situation vor vier Jahren gewesen, als die Regierung in Berlin sehr schnell bereit erklärt hatte, einen Großteil der Truppen für die NATO-Mission in Litauen zu stellen. Aktuell sind dort 576 Militärangehörige der Bundeswehr im Einsatz. Käme es zu einer neuen NATO-Mission in Bulgarien und Rumänien, würde Deutschland sicherlich wieder gefragt.
Russlands Forderungskatalog: Abkehr von der Betrachtung als Gegner
Seit Russland den NATO-Vertretern seinen weitreichenden Forderungskatalog am 15. Dezember unterbreitetet hatte und diesen zwei Tage später veröffentlichte, wirkt der Vorschlag über die Expansionspläne der NATO etwas aus der Zeit gefallen. Russland fordert in dem Dokument nun auch, dass die NATO ihre militärische Infrastruktur auf die Positionen von 1997 zurückzieht und mit Russland gegenseitige Sicherheitsgarantien ausarbeitet.
So schlägt Russland vor, gegenseitig auf die Stationierung von Streitkräften und Waffen – auch im Rahmen internationaler Organisationen, Militärbündnisse oder Koalitionen – in Gebieten zu verzichten, in denen eine solche Stationierung von der anderen Seite als Bedrohung ihrer nationalen Sicherheit empfunden würde.
Moskau schlug dem Bündnis außerdem eine Vereinbarung vor, die eine Rückkehr zum NATO-Russland-Rat, die Wiederherstellung von Kommunikationskanälen und die Abkehr von der gegenseitigen Betrachtung als Gegner vorsieht.
Der stellvertretende russische Außenminister Sergei Rjabkow erklärte in einem Kommentar am Freitag, dass die Vorschläge kein Menü seien, von dem jede Seite nur einen Punkt auswählen dürfe, sondern dass sie in Gänze als "Paket" diskutiert werden müssten. Rjabkow zufolge können die russischen Forderungen jedoch nicht als unannehmbar betrachtet werden. Er sagte:
"Ich denke, die Situation in Europa und Eurasien in jüngster Zeit unterscheidet sich so radikal von allem, was vorher war, dass keine Schablonen, keine Standards aus der damaligen, alten Erfahrung hier anwendbar sind."
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